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Naschmarkt

Naschmarkt

Titel: Naschmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Koschka
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Was hat das zu bedeuten?
    Ich bin mir sicher, dass ich jetzt weiß, wer djfleming ist. Es passt alles zusammen. Die versteckten Anspielungen auf Twitter, die Listen, die rätselhaften Nachrichten und am Ende die Songs. Das
EIGHT
war nie ein Treffpunkt gewesen, sondern der Ort seiner letzten Botschaft. Die mich heute hier ins
Pies & Pages
geführt hat.
    Die Frage ist, ob er mir nach dem missglückten Fernsehauftritt noch eine Chance gibt. Ich bestimme den Ausgang der Geschichte, doch was, wenn meine Entscheidungen falsch waren?
    »Dotti? Nicht träumen!« Rita hakt sich bei mir ein und tätschelt meinen Arm.
    Ich sehe zwischen meinen Freundinnen hin und her.
    »Erfahre ich jetzt endlich, was mich heute erwartet?«
    »Keine Sorge«, meint Stella, »du erfährst es gleich.« Die drei werfen sich bedeutungsvolle Blicke zu.
    In diesem Moment wird die Tür energisch aufgerissen, und kalte, feuchte Luft dringt ins Innere des
Pies & Pages.
Augenblicklich sinkt meine Körpertemperatur um mehrere Grade, als die Person, mit der ich am wenigsten gerechnet hätte, auf mich zukommt, vor mir stehen bleibt und sich affektiert räuspert.
    »Frau Wilcek«, sagt sie statt einer Begrüßung und streckt mir steif die Hand hin. Die sonst stets manikürten Fingernägel sehen lädiert aus, als hätte sie die letzte Woche damit verbracht, sie an jeder denkbaren Stelle anzuknabbern. Trotz der dicken Schicht Make-up sind die Rötungen sowie die geschwollenen Tränensäcke unübersehbar. Auf Wimperntusche und Lidschatten hat sie wohlweislich verzichtet, was ihre hellblauen Augen irgendwie nackt wirken lässt. Nackt … und freundlich. Sie trägt statt der ewigen steifen Kostüme ein einfaches schwarzes Wollkleid und schwere Lederstiefel. Einziger Farbtupfer ist ein hübscher, rot- und weißgetupfter Seidenschal.
    Ich erwidere den Händedruck, der unerwartet warm ausfällt. Ein winziges, scheues Lächeln zeichnet sich auf Sorina Loos’ ungeschminkten Lippen ab.
    »Nehmen Sie noch Mitglieder auf?«
    »Wie bitte?«
    »Im Mauerblümchenclub.«
    »Äh …«
    Hilfesuchend sehe ich Stella an, die jedoch gedankenverloren Ramy dabei beobachtet, wie er zwei Gläser Limonade vor sich herträgt, als wäre er gerade der aktuellen Bacardi-Werbung entsprungen.
    »Ich weiß, wir hatten keinen guten Start.«
    Die Untertreibung des Jahrtausends.
    »Mein Freund …«, sie stockt, »ich meine, mein Exfreund und ich, wir hatten Probleme. Der ganze Scheiß, den man als Geliebte eines verheirateten Mannes so abbekommt … Ich habe ihn vor über zwei Jahren auf einer Party des tschechischen Kulturattachés kennengelernt. Genauso lange verspricht er mir, dass er sie verlassen wird.
Natürlich.
« Sie lacht bitter. »Treffen konnten wir uns nur heimlich, in der Öffentlichkeit durfte ich ihn nicht mal duzen, und an den Wochenenden hing ich meist schon mittags mit Likör und Schokolade vorm Fernseher. Ich glaube, ich habe
Schlaflos in Seattle
dreiundsiebzig Mal gesehen. Ein armseliges Weibchenklischee.«
    Nachdenklich streicht sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Ohne das ganze Make-up und den protzigen Schmuck wirkt sie viel jünger, und mir wird zum ersten Mal bewusst, dass die Loos und ich gleich alt sind. Sie sieht mich wehmütig an.
    »Ich habe vollstes Verständnis, wenn Sie mich für eine blöde Kuh halten.«
    »Arrogante Ziege trifft es eher.«
    Ihre Mundwinkel zucken.
    »Einverstanden. Aber ich würde mich freuen, wenn Sie über meine Bewerbung nachdenken. Ich will mir auch größte Mühe geben, so ein gutes Mauerblümchen zu werden wie Sie.«
    Wir sehen uns einige Sekunden lang wortlos an, dann nicke ich und reiche ihr zum zweiten Mal an diesem Abend die Hand. Strahlend ergreift sie sie.
    »Auf eine erfreuliche Zusammenarbeit.«
    Einen Versuch ist es wert.
    »Frau Loos …«
    »Sorina, bitte.«
    »Sorina, ich habe gelesen, dass sich die Kleidermanns getrennt haben.«
Rosenkrieg und ein Desperate Housewife
lautete die Schlagzeile nach der Fernsehshow.
Scheidungsskandal beim Society-Vorzeigepaar Kleidermann.
Trotz allem empfinde ich ein wenig Mitleid angesichts der medialen Häme.
    Meine Chefin nickt. »Soweit ich weiß, will sie mit der halben Million, die sie kriegen wird, einen Selbstfindungstrip in einen indischen Ashram machen.
Eat, Pray
und nix mit
Love.
«
    »Und wie ist das mit äh, deiner Liebe?« Noch stolpere ich über das ungewohnte Du.
    Sie lächelt traurig. »Ich glaube, du hast recht, Dotti. Liebe gibt es nur im Kopf. Das begreift man

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