Nasenduscher: Roman (German Edition)
ja gut. Was gibt’s überhaupt? Oder müssen wir uns unseren Fasan dort hinten im Kastanienhain noch selbst schießen?«
»Nein, die Eilhoffs sind Vegetarier. Und du hast versprochen, dass du das essen wirst.«
»Hatschi!« Ich schüttle mich. »Ach, Mist, stimmt ja. Ich drück mir alles rein, was aus der Küche kommt oder … vom Rasen gepflückt wird.«
»Und nichts Anzügliches sagen. Die Eilhoffs sind da wirklich total konservativ. Dass ich dich mitnehmen darf, obwohl wir nicht verheiratet sind, ist schon ein großes Zugeständnis von Herrn Eilhoff.«
»Amen.«
»Robert!«
»Sorry.«
Jana zieht mich den Rest der bekiesten Einfahrt entlang, in der nun rings um uns herum die eingelassenen Bodenlichter des Gehweglabyrinths aufflackern. Ich gebe zu, dass mich dieser Illuminationseffekt beeindruckt. Auch wenn die plötzliche Helligkeit eher an eine FBI -Verhöratmosphäre erinnert.
»Sag mal, müssen die diese Beleuchtung jedes Mal bei der Luftüberwachung anmelden? Nicht, dass sich plötzlich ein Airbus im Landeanflug nähert.«
»Schon der Hammer, oder?« Endlich lacht auch Jana wieder. »Es wird in der Bank gemunkelt, dass Gustav Eilhoff im letzten Jahr einen Bonus von 1,2 Millionen Euro bekommen hat.«
»Na und? Wir haben im letzten Jahr durch die Bonuspunkte in unserem REWE -Markt auch eine Salatschleuder und ein dreiteiliges Pfannenset erhalten. Vergiss das nicht.«
Noch bevor Jana über meinen Witz zu Ende lachen kann, öffnet Frau Eilhoff, deren Outfit eine nahezu perfekte Hommage an Audrey Hepburn ist, die Eingangstür. Das Wort Eingangswald würde es wohl besser treffen, denn hier wurde mit größter Hingabe zum Detail ein kleiner Eichenhain ins Türportal genagelt. Und da wundere ich mich, dass ich schlecht atmen kann? Das liegt nicht an irgendwelchen Pollen, sondern an dem Schwund der mitteleuropäischen Mischwälder, die in solch aufgemotzten Türportalen enden. Photosynthetisch gesehen helfen diese Schnitzereien meiner Lunge jedenfalls nicht mehr.
»Frau Klopp …« Die Hausherrin steuert sogleich auf Jana zu und schüttelt ihr die Hand. Dabei fällt mir auf, dass auch reiche Menschen Besitzer von schlechten Zähnen sein können. Ein Schneidezahn tanzt in virtuoser Weise aus dem weißen Ballett und zieht somit zwangsläufig ständig den Blick auf sich. »Sie sehen fantastisch aus. Und dieser adrette junge Mann ist also Ihr Freund.«
»Ja, Frau Eilhoff. Darf ich Ihnen meinen Lebensgefährten Robert Süßemilch vorstellen?«
Das ist mein Stichwort. Ich trete vor und bringe mein Sätzlein an. Wie einst zu Hause an Weihnachten spule ich den von Jana vorgeschriebenen und von mir fleißig gelernten Text gekonnt ab.
»Frau Eilhoff, es ist mir eine große Freude, heute Ihr Gast sein zu dürfen. Jana hat mir schon viel von Ihnen erzählt, und ich bin hocherfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen.«
Fast lasse ich meinem Sätzlein noch einen Knicks folgen, verkneife mir diesen dann aber doch und deute dafür einen Handkuss an. Dabei fällt mein Blick auf ihre Füße. Hm, nicht mehr ganz so taufrisch, aber ob der Hobel das richtige Geschenk ist?
»Oh, und charmant ist er auch noch. Aber was haben Sie denn mit Ihrer Nase gemacht? Die sieht ja …«
»Eine Hautirritation«, erwidere ich schnell, »nichts Schlimmes.«
»Aha. Na, wenn Sie es sagen. Ich hätte eher auf Heuschnupfen getippt.«
Nein, Robert, du schaust jetzt weder Jana an, noch rückst du Frau Eilhoff mit einem gezielten Schlag die Zahnreihe gerade. Stattdessen werden erneut Hände geschüttelt, Mundwinkel bis zum Krampf nach oben gezogen, und das ominöse Geschenk wechselt den Besitzer.
Wir betreten eine Art Vorhalle, und Herr Eilhoff eilt uns im noch perfekteren Clark-Gable-Look entgegen. Ich komme mir mit meinem 99-Euro-Anzugsschnäppchen von C&A irgendwie underdressed vor.
»Meine liebe Jana, es ist schön, Sie mal außerhalb der Bank begrüßen zu dürfen. Und wenn ich mir ein Kompliment erlauben darf: Sie sehen reizend aus.«
Sie, Jana? Das kann ich ja auf den Tod nicht leiden. Entweder Duzen oder Siezen. Aber nicht so eine gequirlte Höflichkeitsetikettenscheiße. Wir sind hier doch nicht bei Kerner in der Talkshow. Aber so geht’s wohl zu in der feinen Gesellschaft.
»Danke, Herr Eilhoff. Und nochmals vielen Dank für die Einladung.«
»Nein, nein, ich danke Ihnen. Und Sie sind Robert Süßemilch, nicht wahr?«
»Jawohl, der bin ich. Guten Abend, Herr Eilhoff.«
Aus Unsicherheit, ob ich auch Sie-Gustav oder Du-Eilhoff
Weitere Kostenlose Bücher