Nashira
diesem Augenblick übertönte ein Ruf das Klirren der Klingen. »Das ist Saiph! Halt, das ist Saiph!«
Die Schwerter, die Talitha bedrohten, erstarrten in der Bewegung. Sie blickte in die Richtung, aus der der Schrei gekommen
war. Saiph lag am Boden, und ein Femtit kniete über ihm. Es sah aus, als seien sie mitten im Kampf auf Leben und Tod erstarrt.
»Das ist Saiph«, wiederholte der, der ihn erkannte hatte, noch einmal und half ihm aufzustehen.
Saiphs Name ging von Mund zu Mund, die Femtiten umringten ihn, schlugen ihm kameradschaftlich auf die Schultern und versuchten, ihm zu helfen, sich ein wenig zu fangen. Denn Saiph wusste nicht, wie ihm geschah, verwirrt blickte er von einem Gesicht zum anderen. Dann entdeckte er Talitha, die immer noch von Angreifern umschlossen war.
»Lasst sie in Ruhe«, rief er.
Alle schauten ihn verwundert an
»Ist das die Talaritin, die du entführt hast?«
»Ja, nein ... ach, das ist eine lange Geschichte«, antwortete er, »jedenfalls gehört sie zu mir, tut ihr nichts!«
Ein älterer Femtit, in dessen abgezehrtem Gesicht ein ungepflegter Bart spross, trat vor. Er schien ihr Anführer zu sein.
»Kannst du für das Mädchen bürgen?«, fragte er barsch.
»Ja, ja, das kann ich«, versicherte Saiph rasch.
Der Femtit, der noch das Schwert auf sie gerichtet hatte, ließ die Waffe sinken, und sie tat es ihm gleich.
»Was führt euch her?«
»Wir suchen jemanden«, antwortete Saiph. »Uns wurde erzählte, er werde hier gefangen gehalten. Wir wollten ... ihn befreien.«
»Allein? Bei all den Wachen?«
»Wir dachten, vielleicht haben wir Glück ... Diesen Mann zu finden ist überlebenswichtig...«
»Er soll aus der Wüste kommen«, schaltete Talitha sich ein, »und er ist weder Talarit noch Femtit ...«
»Niemand hat dir das Wort erteilt!«, unterbrach sie der Anführer.
Talitha sah Saiph an, und der gab ihr ein Zeichen, sich lieber zu fügen. »Kennt ihr so jemanden vielleicht?«, fragte er dann.
»Natürlich. Den kennen wir sehr gut«, antwortete der Anführer mit einem Lächeln. »Er hat uns befreit.«
Eine Stunde später saßen sie zusammen vor einem Feuer im offenen Kamin eines großes Raumes, der einmal eine Unterkunft der Gardisten gewesen war. Der Anführer hatte sich als Gerdal vorgestellt und erzählt, dass er zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt worden war, weil er einen Talariten angegriffen hatte. Üblicherweise wurden Femtiten, die sich eines solchen Verbrechens schuldig gemacht hatten, sofort hingerichtet, doch Gerdals Schuld wurde als dermaßen schwer eingestuft, dass der Tod noch zu gnädig erschien. Er sollte den Rest seines Lebens eingesperrt in einer stockdunklen, winzigen Zelle verbringen, ein Schicksal, das er mit den anderen inhaftierten Femtiten teilte, die wegen ganz ähnlicher Taten verurteilt worden waren.
»Aber die Anklage gegen mich war falsch«, erklärte der ältere Femtit verächtlich, »nur hat mir niemand geglaubt.«
»Erzählt uns mehr über den Ketzer«, drängte Talitha ihn.
»Der traf eines Nachts hier ein«, begann Gerdal bereitwillig, »mit einer Art wollenen Kutte bekleidet und einer Kapuze über dem Kopf. Es war offensichtlich, dass niemand sein Gesicht sehen sollte. Einige von uns dachten sogar, das seist du«, sagte er zu Saiph, »der berühmteste, meist gesuchte Femtit aller vier Reiche.«
»Erzähl weiter«, fordert Saiph ihn rasch auf. Er konnte sich nicht daran gewöhnen, wie ein Held behandelt zu werden. Es machte ihn verlegen, obwohl er genau wusste, dass dieser Ruf, der ihm vorausging, Talitha und ihm das Leben gerettet hatte.
»Sie haben ihn in einem fort gefoltert. Ganemea, dieser verdammte Henker, hat sich mit ihm beschäftigt.«
Saiph zuckte zusammen, als er den Namen hörte.
»Kennst du den?«, fragte Talitha.
»Jeder Femtit kennt ihn«, antwortete er. »Er ist ein ehemaliger Priester und der einzige Mann auf der Welt, der einen Femtiten wirklich foltern und quälen kann. Der schafft es, mehr als hundert Hiebe mit dem Strafstock zu verabreichen, ohne dass ihm das Opfer unter den Händen wegstirbt.«
»Schaffte! « Gerdal spuckte zu Boden. »Sein Kopf steckt auf einer Pike am Westflügel des Turmes. Der Ketzer hat ihn erledigt, als er es satthatte, sich misshandeln zu lassen.« Er hielt einen Moment inne. »Während der Folterungen gab er keinen Laut von sich, so sehr sich Ganemea auch bemühte, ihn zum Schreien zu bringen. Abends, wenn es dunkel wurde, schleifte man ihn aus seiner Zelle und brachte
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