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Nashira

Nashira

Titel: Nashira Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Troisi
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gerade so weit, dass er einen raschen Blick auf die Zeichnung werfen konnte. Er nickte.
    »Dann sag mir, wo du es gesehen hast?«, bedrängte ihn Talitha weiter.
    Ceryan rang seufzend die Hände und schaute mit flehentlichem
Blick zu ihr auf. Sie lächelte ihm freundlich zu. »Los, nur Mut, sag es mir, dann kannst du wieder schlafen gehen.«
    »Ich hab ja keinen direkten Zugang zum Kernbezirk«, begann Ceryan zögernd. »Der ist für jeden Sklaven verschlossen. Ich komme nur bis zum Vorzimmer, um dort zu putzen, Staub zu wischen und so weiter. Und bei der Arbeit steht praktisch immer eine Kombattantin neben mir und sieht mir auf die Finger.«
    »Und was befindet sich dort in diesem Vorraum?«
    »Bücher, Bücher und Pergamente, bis zur Decke gestapelt. Mich hat man für diese Arbeit ausgesucht, weil man weiß, dass ich es niemals wagen würde, der Kristallkammer zu nahe zu kommen. Dafür habe ich in meinem Leben schon zu viele Stockhiebe eingesteckt ... Doch einmal habe ich zufällig etwas gesehen. Ich war etwas früher als gewöhnlich gekommen, und die Kombattantin hatte die Tür einen Spalt offen gelassen.«
    »Was für eine Tür? Und was hast du gesehen?«
    Der Alte versuchte, sich zu erinnern. »Nun, hinter einem Regal in dem Vorraum habe ich diese Tür gesehen, die mir vorher nie aufgefallen war. Sie stand, wie gesagt, etwas offen, und der Raum dahinter war von einer Fackel erhellt. Ich sah diese Kombattantin und hinter ihr zwei Personen, die aber keine Priesterinnen waren. Jedenfalls waren sie nicht so angezogen. Sie trugen lange Gewänder, und eine dieser Personen hatte ein dickes Buch auf dem Arm. Darauf konnte ich ein Symbol erkennen, das dem, das Ihr mir gerade gezeigt habt, ganz ähnlich war.«
    »Was hast du sonst noch gesehen?«
    »Nichts. Ich habe auch keine Ahnung, warum dieser Raum so wichtig sein soll, jedenfalls ist die Kombattantin
dann zurückgekommen und hat die Tür hinter sich verschlossen. Ich hab in eine andere Richtung geschaut und natürlich so getan, als wenn ich überhaupt nichts mitbekommen hätte.«
    »Könntest du mir aufmalen, wie man zu diesem Raum gelangt?«
    Ceryan errötete und schüttelte heftig den Kopf. »Nein, nein, damit will ich nichts zu tun haben. Das ist alles geheim. Es sind schon Sklaven wegen sehr viel geringerer Vergehen getötet worden.«
    »Davon erfährt doch niemand. Ich gebe dir mein Wort darauf«, versprach das Mädchen.
    »Nein, edle Dame, das kann ich nicht tun.«
    »Du bekommst Essen für zwei Tage von mir. Um deinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.«
    Der Alte blickte mit seinen von Falten umgegebenen, traurigen Augen zu Saiph, so als suche bei diesem eine Bestätigung von Talithas Worten. Der nickte und reichte ihm wortlos einen Kohlestift und einen Stück Pergament.
    Mit zitternden Händen nahm Ceryan beides entgegen. »Also gut«, seufzte er und begann zu zeichnen, »ich hab ja ohnehin nichts mehr zu verlieren, jetzt wo Silea tot ist. Das war meine Frau. Die haben sie mir mit dem Strafstock getötet, nur weil ihr ein Tonkrug runtergefallen ist.«
    »Das tut mir sehr leid«, sagte Talitha.
    »Tja, so leben wir Femtiten eben. Und so sterben wir. Aber vielleicht seid Ihr ja anders, eine bessere Herrin.« Er schien zu zögern, wischte einen Strich mit dem Handrücken fort und zeichnete die Linie neu. »Durch die große Tür kommt Ihr nicht hinein. Die ist abgesperrt und wird von einer Kombattantin bewacht. Man würde Euch bemerken.«

    »Du sprichst von einer großen Tür. Also gibt es auch noch eine kleinere«, warf Saiph ein.
    Ceryan nickte. »Eine Tür nicht, aber in den Fußboden ist ein Gitter eingelassen. Ich weiß nicht, ob es klappt. Aber an Eurer Stelle würde ich es so versuchen.«
    »Weißt du zufällig, wer an den nächsten Abenden die wachhabende Kombattantin vor dem Kernbezirk ist?«, fragte sie.
    »Ja, die Vierte Schwester«, antwortete der alte Sklave. »Vielleicht kennt Ihr sie, sie ist die kleinste Kombattantin, aber auch die stärkste.«
    Talitha nickte. »Danke. Du hast dir dein Essen wohlverdient.«
    Mit einem traurigen Lächeln, den kärglichen Lohn fest in der Hand, machte sich Ceryan auf den Weg zurück.
    »Das wird alles andere als leicht, in den Kernbezirk zu gelangen, wenn diese Kombattantin Wache steht«, meinte Talitha besorgt, als sie mit Saiph allein war.
    Der blickte eine Weile aufmerksam auf die Karte und sagte dann: »Ich glaube, ich habe verstanden, wo dieser Raum ist. Und vielleicht weiß ich einen Weg, wie wir

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