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Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition)

Titel: Nashville oder Das Wolfsspiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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noch mehr Leute sind.«
    »Hallo, Gunnar«, sagte Nashville.
    »Ich glaube, wir kennen uns. Vom Stochern«, sagte Friedel. »Du bist der, der es kann.«
    Alle lachten, und Svenja dachte: Ein Glück, sie verstehen sich, alles ist gut. Nur Nils sah Gunnar seltsam an, und Gunnar sah Nils überhaupt nicht an. Bitte, sie würden sich schon nicht zerfleischen. Oder doch, als Wölfe. In dieser Nacht war Zerfleischen erlaubt.
    Es gab nicht genug Stühle. Vor allem gab es nicht genug Platz. Sie zogen nach oben in den Saal um und setzten sich auf den Fußboden, die Teelichter vor sich. Die klobigen Umrisse der alten Sessel in den Ecken dröhnten durch die Nacht wie Paukenschläge. Der innere Kreis der Flammen malte menschliche Schatten an die Wände, die beinahe unmenschlich wirkten. Svenja fühlte, wie Nashville sich an ihr Knie drückte. Jetzt, plötzlich, schien er Angst zu haben, hier, auf dem Boden, hier, wo er auf nichts klettern konnte.
    Sie drehte ihre Karte um. Schon wieder. Sie war schon wieder das Mädchen.
    Links von ihr saß Gunnar. Der Abstand zwischen ihnen war aufgeladen mit Kerzenlicht und leise knisternder Dunkelheit.
    »In dieser ersten Nacht ist etwas anders«, sagte Katleen, die die Rolle der Spielleiterin übernommen hatte. »Alle schlafen, auch die Wölfe … und zuallererst erwacht jetzt nur der Mensch, auf dessen Karte
AMOR
steht. Er öffnet die Augen … und jetzt sucht er sich zwei Leute aus, auf die er seine Pfeile abschießt. Gut. Amor schläft wieder ein. Ich werde jetzt den beiden Liebenden eine Hand auf die Schulter legen, damit sie aufwachen und sich erkennen können. Wenn einer der beiden stirbt, stirbt der andere mit. Also – schützt euch schön gegenseitig.«
    Svenja sprang fast auf vor Schreck, als Katleens Hand sie an der Schulter berührte. Die Hand blieb ein wenig länger liegen als notwendig, streichelte ihren Hals und schlüpfte für Sekunden unter das weite Männerhemd. Dann zog Katleen sie fort und trat zurück. Svenja öffnete die Augen. Zuerst fand sie den anderen nicht, der die Augen offen hatte. Dann sah sie neben sich. Es war Nashville.
    Er nickte, sehr ernst, und sie nickte auch.
    Und sie fragte sich, wer Amor gewesen war.
    Dann schloss Svenja die Augen wieder, und Katleen ließ die Werwölfe erwachen und sich ein Opfer suchen.
     
    Nashville hielt ihre Hand. Um sie herum wurden Kerzen ausgepustet.
    Wenn jemand Svenja als Werwolf beseitigen wollte, sprach Nashville für sie, und wenn jemand Nashville beseitigen wollte, sagte Svenja, sie glaube auf keinen Fall, dass er einer sei.
    Gunnar überlebte hartnäckig.
    »Gunnar? Bist du ein Wolf?«, flüsterte Svenja.
    »Was glaubst du denn?«, sagte Gunnar und lächelte.
    Er schlug die Beine unter, stieß dabei gegen Svenjas Knie und zuckte zurück, als wäre schon das eine zu gewagte Berührung. Sie lachte beinahe.
    Julietta ist doch gar nicht da. Wovor hast du Angst?
    Am Ende brannten nur noch drei Flämmchen im dunklen Saal: die Lebenslichter vor Nashville, Svenja und Gunnar, und das war seltsam. Gunnar, dachte Svenja, war also tatsächlich …
    »Leider«, sagte Katleen, »wacht nach dieser Nacht wieder jemand nicht auf.« Sie beugte sich vor, um Gunnars Teelicht auszublasen, aber er verstand und kam ihr zuvor. Svenja sah zu, wie er zwei Finger anleckte und damit den Docht ausdrückte.
    »Tja«, sagte er und zuckte mit den Schultern.
    »Aber«, sagte Svenja, »ich verstehe nicht … Wenn nur noch die Liebenden übrig sind … das kann ich ja jetzt verraten, oder? Was bedeutet das denn? Wer hat gewonnen?«
    »Es wird wieder Nacht«, sagte Katleen.
    In diesem Moment krachte es, und alle sprangen auf die Füße.
    »Scheiße«, sagte Kater Carlo. »War eine von die Balken. Linkes Dachkammer. Die Sturm.«
    »Ist ja niemand dort«, sagte Friedel, aber seine Stimme klang etwas zittrig.
    »Ich gehe nachsehen«, sagte Thierry.
    »Bitte?« Svenja blickte zwischen den dreien hin und her. »Was ist los mit den Balken?«
    »Hast du ihr das etwa nicht erzählt?«, fragte Thierry.
    »Es ist nichts Schlimmes«, sagte Friedel schnell. »Das Haus ist einfach nur alt. Es ist … ein bisschen einsturzgefährdet. Angeblich. Wir sind gleich wieder da.«
    Aber natürlich blieb niemand sitzen, sie kamen alle mit.
    Die linke Dachkammer war ein winziger Raum neben dem großen Zimmer, in dem Nashville und Svenja schliefen. In der Decke klaffte ein Loch. Der Sturm hatte einen dicken Ast mit Gewalt aufs Dach geschleudert, und das hatte dem Dach nicht

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