Nasses Grab
übel«, fragte sie den Kommissar
»Hm. Ihre Gesichtsfarbe war wirklich schon besser.« Er wandte sich an Meda Cyanová, die hinter ihm stand. »Meda, du bleibst hier, bis Nebeský mit den anderen kommt. Sieh zu, dass unser eifriger junger Kollege nichts anfasst.« Dann drehte er sich wieder zu Larissa um. »Setzen Sie sich einen Moment auf den Boden. Ich muss mir die Sache erst mal ansehen.«
Larissa rutschte an der Wand entlang auf den Boden. Ja, das war schon besser. Sie schloss die Augen, hörte Anděl Richtung Wohnzimmer gehen. Auch Medas Absätze klapperten davon. Eine Türglocke klingelte, eine Tür wurde geöffnet. Gemurmel im Hausflur. Stille. Klappernde Absätze, die wieder zurückkamen.
»Hier, nehmen Sie«, sagte Meda Cyanová fürsorglich. Larissa öffnete die Augen. Meda hielt ihr ein Glas mit einer goldenen Flüssigkeit unter die Nase. »Die Nachbarin bittet um Entschuldigung, es sei nur ihr Backrum, sie habe nichts anderes. Aber er wird schon in Ordnung sein. Riecht jedenfalls gut.«
Larissa lächelte schwach und nahm das Glas. Meda hatte recht, der Rum roch gut. Der Geruch erinnerte sie an Winterabende zu Hause. Tee mit Rum. Der Geruch war immer weit besser gewesen als der Geschmack. Auch hier. Das Zeug schmeckte grässlich. Aber es half. Ihr Magen beruhigte sich langsam. Wahrscheinlich kapituliert er nur endgültig, dachte sie. Erst eine Leiche, dann ein Rum. Aber wenigstens war ihr nicht mehr schlecht.
Anděl blieb im Türrahmen stehen. Ein karges Wohnzimmer. Nur ein Ohrensessel, ein kleiner Tisch daneben. Zwei Tassen, eine leer, eine zur Hälfte mit dunkler Flüssigkeit gefüllt. Vermutlich Kaffee, der Farbe nach zu urteilen. An einer Wand eine Stereoanlage auf einem niedrigen Tisch. Darunter lagen ein paar CDs. Klassik und Jazz, soweit Anděl das aus der Entfernung erkennen konnte. An der Wand zwischen den hohen Fenstern stand ein kleiner Sekretär. Keine Gardinen, keine Vorhänge. An der Wand gegenüber der Stereoanlage befand sich ein Bücherregal mit Bildbänden. Sonst nichts. Bis auf die Leiche.
Ein kleines Loch in der Stirn. Nach der Blutlache unter dem Kopf zu urteilen, sah das Loch am Hinterkopf vermutlich nicht ganz so klein und sauber aus. Verdammt und zugenäht!, dachte Anděl. Sie waren zu spät gekommen. Milan Hora war tot. Dabei hatte Anděl das Haus beobachten lassen. Nach seinem Gespräch mit Markéta Kousalová hatte er Nebeský angerufen, und der hatte ihm gesagt, dass, abgesehen von anderen, ein Mann namens Milan Hora in dem Haus gegenüber von Danas gewohnt hatte. Ein Fotograf, der inzwischen in den Weinbergen gemeldet war. Anděl hatte Antonín Cajthaml hingeschickt, doch auf dessen Klingeln hin hatte niemand geöffnet, also hatte sich der junge Beamte auf die andere Straßenseite gestellt und das Haus beobachtet. Nun, Cajthaml hatte sicher über alle Leute Buch geführt, die es in der letzten Stunde betreten hatten. Sein Kollege war zwar jung, aber außerordentlich gewissenhaft, trotz aller Flausen, die er sonst im Kopf hatte. Und er hatte hoffentlich gute Fotos gemacht. Anděl hatte ihn angewiesen, jeden zu fotografieren, der das Haus betrat oder verließ. Diesen Mörder jedenfalls würden sie erwischen. Er wandte sich an den jungen Polizisten, der mit ausdruckslosem Gesicht neben ihm stand.
»Sie und Ihr Kollege warten hier mit Inspektor Cyanová auf Inspektor Nebeský und den Arzt. Die Spurensicherung ist auf dem Weg. Und rühren Sie nichts an, verstanden?«
»Zu Befehl, Herr Kommissar!« Der junge Beamte salutierte.
»Meda, ich gehe mit der jungen Dame runter in dieses Café nebenan. Sag Nebeský Bescheid, wenn er kommt. Er soll nachkommen. Wenn ihr mich braucht, ruft an.« Anděl drehte sich zu Larissa um und half ihr aufzustehen. »Kommen Sie, wir besorgen Ihnen erst mal was zu trinken. Um die Ecke ist ein nettes kleines Café.«
Alena Freeman ging lächelnd am Nachtportier des RFE vorbei.
»No, Frau Redakteurin, noch immer nicht Feierabend?«, fragte er sie lächelnd. »Sie arbeiten zu viel!«
»Sie haben recht, Herr Moravský. Aber es hilft nichts, ich muss noch ein paar Sachen erledigen.«
Oben in ihrem Büro setzte sie sich an ihren Schreibtisch und nahm ein Kartendeck aus der Schublade. Sie hatte nur noch eine Sache zu erledigen, einen Telefonanruf. Sie nahm den Hörer ab und wählte. Anschließend lächelte sie zufrieden, steckte das Kartendeck in ihre Handtasche und blickte sich noch einmal auf ihrem Schreibtisch um. Das konnte sie alles liegen
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