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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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die da identifiziert haben! Ich war nicht dabei. Und nun schickt Cassia diese Fotos.« Sie blickte herausfordernd in die skeptischen Gesichter ihrer Tochter und ihrer Enkelin. »Das hier ist Dana, so wahr ich hier sitze – und ich will wissen, wo sie ist!« Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Gläser klirrten.
    Magda betrachtete die Fotos. Ja, kein Zweifel, die Ähnlichkeit war überwältigend. Wieso hatte sie selbst das nicht bemerkt? Wahrscheinlich die Haarfarbe. Erst Cassias Spielerei am Computer hatte die Ähnlichkeit herausgebracht. Magda hatte das Gefühl, als blicke sie in einen Spiegel. Kein Wunder. Wenn das tatsächlich ihre Tante war, dann sahen sie sich ähnlich. Immerhin war sie selbst ein jüngeres Abbild ihrer Mutter – und Dana war ihre Zwillingsschwester gewesen. Aber ihre Tante war tot. Und nicht nur das, sie war die Mumie aus der Metro. Sie konnte nicht Alena Freeman sein. Ihre Mutter musste recht haben, das war ein Fall von Doppelgängertum.
    » Babi , das kann nicht Dana sein«, wandte sich Magda an ihre Großmutter. Wie sollte sie ihr nur erklären, dass Dana trotz allem tot war?
    »Ich bin doch nicht blind, Herzchen! Sieh sie dir an – ich würde doch wohl meine eigene Tochter erkennen. Also, wo ist sie? Ich will sie sehen!«
    »Ich muss euch etwas erzählen.« Magda seufzte. Irgendwie hatte sie gehofft, ihre Familie aus dieser Sache heraushalten zu können. Dana war tot – so oder so. Warum also alte Wunden aufreißen? Nun führte kein Weg an der Wahrheit vorbei.
    »Und das wäre?«, fragte ihre Großmutter ungeduldig.
    »Hast du deshalb neulich angerufen und nach Dana gefragt? Du weißt davon und hast uns nichts gesagt?«, fragte ihre Mutter erschüttert.
    »Nein, ich wusste nichts von diesen Fotos. Es ist etwas anderes. Ich hatte gehofft, euch das ersparen zu können, es ändert ja nichts. Dana ist tot – sie ist nur nicht bei diesem Unfall gestorben. Das ist alles. Aber tot ist sie.«
    Die beiden Frauen sahen sie verwirrt an.
    »Das Hochwasser hat eine Leiche aus der Metro an die Oberfläche gespült«, fuhr Magda fort, »und wie es aussieht, ist diese Leiche Dana. Sie ist nicht in Jugoslawien gestorben, Babi, da hast du recht. Sie ist offenbar ermordet worden. Vermutlich in ihrer Wohnung, vor ihrer Abreise. Im Sommer 77. Man hat sie in der Metro versteckt. Und das Hochwasser hat sie herausgespült.« Jetzt war es raus.
    Ihre Großmutter sah sie entsetzt an. Magda rief nach Zorka und bestellte Whisky. Sie brauchten jetzt alle etwas Stärkeres als ein Glas Wein.
    »Wie bitte?«, die Stimme von Magdas Mutter überschlug sich fast. »Dana ist eine Leiche aus der Metro? Das glaube ich einfach nicht! Erst fragst du aus heiterem Himmel nach Dana, dann diese Fotos, die einen an Gespenster glauben lassen, und nun eine Leiche aus der Metro? Seid ihr denn alle verrückt geworden?« Sie nahm das Glas, das Zorka eben vor sie hingestellt hatte, und leerte es auf einen Zug. »Ich möchte bitte noch einen.«
    Magda nahm das Glas ihrer Großmutter und hielt es der alten Frau hin. »Hier, Babi, trink einen Schluck, ich möchte nicht, dass du umkippst.« Sie rief nach Zorka und bestellte ihrer Mutter noch einen Whisky.
    Anna trank einen Schluck und verzog das Gesicht. »Erzähl bitte alles von Anfang an, mein Herz. Ich verstehe kein Wort.«
    Magda erzählte. Von der Mumie, dem anonymen Anrufer, der mit Erde gefüllten Urne. Als sie fertig war, war es still. Milena Axamit hielt sich an ihrem Whiskyglas fest und schien mit ihren Gedanken weit weg zu sein. Die Großmutter starrte zum Fenster hinaus auf den leeren Platz.
    »Ich komme also zu spät«, sagte Anna schließlich. »Ich wollte sie so gerne noch einmal sehen – mein kleines Mädchen.« Tränen liefen ihr über das faltige Gesicht. Sie strich mit einer zärtlichen Geste über die Bilder, die noch immer vor ihnen auf dem Tisch lagen. »Aber diese Fotos!«, rief sie und wischte sich mit einer energischen Bewegung die Tränen fort. »Diese Fotos! Das ist Dana, verdammt noch mal!«
    »Du sagtest, die Leiche habe ein eingeschlagenes Gesicht gehabt«, sagte Milena Axamit. »Wie habt ihr sie identifiziert? Die Zähne? DNA?«
    »Die Zähne geben nicht viel her, die Kiefer sind zerschlagen. Außerdem ist es nicht so einfach, nach so langer Zeit irgendwo noch Unterlagen über ihre Zähne zu finden. Keine Ahnung, bei welchem Zahnarzt sie war. Aber die DNA-Ergebnisse müssten morgen vorliegen«, erwiderte Magda so sachlich wie möglich. Sie

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