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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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war noch immer fassungslos über die Ähnlichkeit von Alena Freeman mit ihrer Mutter. Aber das musste ein unglaublicher Zufall sein.
    Magda dachte an ihre Tochter, die diese Fotos nach Kanada geschickt hatte. Cassia war diese Ähnlichkeit aufgefallen. Wie war Cassia nur an diese Fotos gekommen? Ihre Tochter war sehr aufmerksam und eine gute Beobachterin, aber sie hatte Alena nie kennengelernt, jedenfalls wusste Magda nichts davon. Aber Cassia musste Alena irgendwo gesehen haben. Wo konnte Cassia Alena über den Weg gelaufen sein? Natürlich, die Fotos! Cassia hatte immer ihren kleinen Fotoapparat dabei und fotografierte für ihr Leben gerne Gesichter. Sie hatte eine große Sammlung davon und benutzte sie als Vorlagen für wunderschöne Zeichnungen. Magda erinnerte sich jetzt. Kurz bevor sie mit den Kindern nach Frankreich gefahren war, hatte Cassia ihr erzählt, sie habe in einem Café in der Stadt eine Frau gesehen, die ihrer Großmutter unglaublich ähnlich gesehen habe. Sie könnten Schwestern sein, hatte sie gesagt. Magda hatte nur gelacht und gesagt, Cassia müsse ihr dieses Foto mal zeigen. Sie hatte Alena schließlich damals noch nicht gekannt. Aber Cassia hatte recht. Das Mädchen hatte wirklich einen guten Blick für Gesichter, ganz wie ihre Großmutter.
    Morgen, dachte Magda, morgen würden sie mehr wissen.
     
    Larissa stand vor dem vierstöckigen Mietshaus in den Weinbergen und sah an der abbröckelnden Fassade empor. Nicht eben das schönste Haus, aber mit etwas Mörtel und Farbe wäre es ein echtes Schmuckstück. Sie trat an die hohe Tür und suchte nach einem Namen auf den Klingelschildern. Erster Stock. Sie drückte den Klingelknopf. Die Tür öffnete sich, und ein alter Mann trat heraus. Er sah sie grimmig an.
    »Wollen Sie hier rein?«, fragte er unwirsch.
    »Ja bitte«, erwiderte Larissa freundlich und lächelte ihn an.
    »Aber keine Werbung!«
    »Nein, keine Sorge, ich möchte nur jemanden besuchen.«
    »Gut, gut«, murmelte er und ging an ihr vorbei auf die Straße hinaus.
    Larissa betrat das Haus und lief durch den hohen Hausflur zur Treppe. Nur ein Stockwerk, da konnte sie sich den Aufzug sparen. Im ersten Stock gab es zwei Wohnungen. An der linken stand auf einem Messingschild »M. Hora«.
    Erstaunlich eigentlich, wie einfach es am Ende gewesen war, Milan Hora zu finden, nachdem Lída Karafiátová ihr seinen Namen genannt hatte. Sie wusste, dass ein Hora gelegentlich Fotos für die Post machte, nur gesehen oder gesprochen hatte sie ihn nie. Fast wäre sie ihm nun aber auf ihrem Weg in die Fotoredaktion begegnet. Sie war gerade an der Rezeption der Post vorbeigegangen, als sie von dort eine Stimme gehört hatte, die sie zusammenzucken ließ. Sie war zurückgelaufen, doch der Mann war schon weg gewesen. Sie hatte die Rezeptionistin gefragt, mit wem sie gerade gesprochen habe. Ach, hatte die geantwortet, nur mit einem Fotografen, der gelegentlich für uns arbeitet. Hora heiße er.
    Die Telefonnummer hatte sie unter einem Vorwand von einem der anderen Fotografen der Post bekommen. Sie hatte Hora angerufen. Als er sich am Telefon meldete, war sie sich sofort sicher: Das war ihr anonymer Anrufer! Dieselbe raue, verrauchte Stimme, derselbe Sprachfehler. Sie hatte ihm gesagt, sie wisse, wer er sei, und sie wolle mit ihm sprechen.
    Er hatte es abgestritten, aber sie hatte nicht lockergelassen. Na schön, hatte er schließlich gesagt, die Polizei beobachtet das Haus auch schon, also kommen Sie vorbei. Er hatte ihr die Adresse genannt, und Larissa hatte sich sofort auf den Weg gemacht.
    Sie klingelte. In der Wohnung rührte sich nichts. Sie klingelte noch einmal. Länger diesmal. Noch immer kam kein Mucks aus der Wohnung. Er hatte gesagt, er sei zu Hause. Vielleicht ist er auf der Toilette, dachte sie und wartete einen Moment. Nichts. Auch keine Klospülung. Sie klingelte wieder. Diesmal Sturm.
    »Herr Hora«, rief sie. Den Daumen hielt sie eine Weile auf den Klingelknopf gepresst.
    Die Tür auf der anderen Seite des Flurs wurde einen Spaltbreit geöffnet. Eine alte Frau mit unordentlich hochgesteckten Haaren spähte heraus.
    »Das geht hier ja zu wie auf der Post«, krächzte sie. »Was wollen Sie denn alle von dem armen Mann?«
    »Entschuldigen Sie den Lärm«, erwiderte Larissa schuldbewusst. »Ich habe eine Verabredung mit Herrn Hora und …« Sie zuckte die Achseln. »Ist er weggegangen?«
    »Nein, nein«, winkte die Frau ab, »er ist da. Sie sind heute schon die Vierte, die zu ihm will. Wie auf

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