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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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Hause? Ich … Xenia? Xenia?«
    Die Leitung war tot. Er starrte auf sein Handy. Sie wusste alles. Es gab kein Zurück. Das Einzige, was ihn ruhig gehalten hatte in diesen letzten Tagen, war nun auch verloren. Sein Leben mit Xenia – in Scherben. Kein Weg zurück. Er hatte sie endgültig verloren. Und schuld war dieses Miststück von einer Frau, die seit jenen fernen Studientagen an ihm klebte wie Pech. Er hatte sie geliebt – oder war es mehr eine Art Besessenheit gewesen? Diese alten Gefühle waren heute nur noch eine schwache Erinnerung. Was auch immer es gewesen war, was er für sie empfunden hatte, er hatte sie trotzdem nicht heiraten wollen, damals. Ein letztes Fünkchen Verstand, das sie nicht hatte auslöschen können. Er wusste bis heute nicht, was ihn davon abgehalten hatte; er hatte aber auch, wie er sich eingestand, nie wirklich darüber nachgedacht. Er hatte nur vergessen wollen – sie, jenen Abend und die darauffolgenden Wochen, bevor er endlich fliehen konnte. Das Schreckliche, was er getan hatte – vergessen. Nur vergessen. Und nun traf ihn seine Vergangenheit und seine unendliche Schuld mit ganzer Wucht und ruinierte sein Leben. Sie hatte ihn wieder um den Finger gewickelt – wie damals, wie immer. Verdammt – seine andere Verabredung! Er hatte sie ganz vergessen. Er sah auf seine Armbanduhr. Sie saß sicher schon seit einer halben Stunde auf der Terrasse des Prinz. Egal. Sie konnte warten.
    Was hatte Xenia gesagt – irgendetwas über Magdas Tante? Richtig, er habe Magdas Tante auf dem Gewissen. Magda. Das Theater. Er sah sie vor sich in diesem roten Kleid, um den Hals die Kette mit blutroten Granaten. Ein Gespenst, hatte er gedacht, erschüttert bis ins Mark. Die tote Frau auf dem Boden des Schlafzimmers, die Kette, die neben ihr gelegen hatte und die er unbewusst eingesteckt hatte. Seine Kette. Er hätte sie wegwerfen sollen. Aber er hatte sie aufgehoben. Er hatte Xenia erzählt, die Kette sei das Einzige, was er noch von seiner Mutter habe. Eine fromme Lüge. Er konnte sich nicht davon trennen. Xenia musste Magda die Kette geliehen haben. Magdas Tante. War Dana tatsächlich Magdas Tante? Da er es nun wusste, schien es ihm seltsam, dass ihm Magdas Ähnlichkeit mit seiner verflossenen Liebe nicht von Anfang an aufgefallen war. Aber wenn Xenia von der Mumie als Magdas Tante sprach, dann wusste sie nicht, dass …
    Er lehnte sich an die Wand neben der Haustür und starrte auf das Haus gegenüber. Der Anrufer. Wer könnte eine Reporterin der Post anonym angerufen haben? Eine Gardine bewegte sich in einem der Fenster im Erdgeschoss. Er stutzte. Hatte ihn damals jemand gesehen, als er Dana aus dem Haus trug? Die Nachbarin. Verdammt, wo blieb die Frau?
    Er sah erneut auf seine Uhr. Zehn nach zehn. Sein Blick wanderte wieder zu dem dunklen Haus gegenüber. Das Fenster. In dieser Wohnung links neben der Haustür hatte dieser komische Kauz gelebt, der Fotograf, der so verschossen gewesen war in Dana. Der Fotograf – Hora, dieser Schnüffler. Und nicht nur das. Ein mieser kleiner Erpresser. Er hatte Fotos gemacht damals und gesagt, er würde sie dem Oberst geben. Fotos von Jay und einem amerikanischen Journalisten, der kurz zuvor des Landes verwiesen worden war, weil er angeblich für die CIA arbeitete. Jay hatte die Sache auf seine Art gelöst: Er war in Horas Wohnung eingebrochen und hatte die Fotos und die Negative mitgenommen. Der Typ hatte tatsächlich beides in seiner Wohnung aufbewahrt – was für ein Idiot. An die Stelle der Bilder hatte Jay Samisdat-Literatur gelegt und dem Oberst einen Tipp gegeben. Hora war im Gefängnis gelandet. Nur für ein paar Monate. Es war ja auch nur als Warnung gedacht gewesen, ihm, Jay, nicht wieder in die Quere zu kommen. Hatte dieser Armleuchter Hora ihn an jenem Abend gesehen? Hatte er ihn jetzt verpfiffen? Nach all den Jahren? Schön, der alte Fotograf hatte ihn wegen seiner früheren Geheimdiensttätigkeit erpresst.
    »Wäre doch unangenehm, wenn sich herausstellte, dass der stellvertretende Chefredakteur der Prague Post ein ehemaliger Informant ist, nicht wahr?«, hatte Hora süffisant gefragt. Aber gegen ein gewisses regelmäßiges Entgelt würde er das alles vergessen. Jay hätte ihn in diesem Moment umbringen können, diesen alten Widerling, wie er da so breit und bräsig in seinem Büro in der Post gesessen hatte. Es war nur um die Sache mit dem Geheimdienst gegangen, nie um jenen grässlichen Abend vor so vielen Jahren. Aber als Hora in Jays Büro

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