Nasses Grab
vielleicht wollte er sich tatsächlich für den Gefallen revanchieren, den Honza ihm damals erwiesen hatte.
»Sie haben mit Honza gesprochen?«
»Gesprochen? Ich? – Nein, wie kommen Sie darauf?«, fragte ˇerný erstaunt.
»Nun, Honza Krasnohorský ist zwei Monate nach jenem Abend abgehauen. Nach Kanada. Und Sie scheinen zu wissen, dass er sich in der Stadt aufhält. Und wenn Sie, wie Sie eben sagten, Hora das Geld gegeben haben, damit er nicht mehr über Ihren Freund spricht, gehe ich davon aus, dass Sie mit ihm gesprochen haben und wissen, wo er sich aufhält. Wo ist er?«
»Ich habe nicht mit Honza gesprochen – nicht seit meinem Anruf damals.«
»Warum hätte Honza Dana töten sollen?«, wechselte Anděl das Thema.
»Ich weiß es nicht.«
»Wussten Sie, dass Krasnohorský verheiratet war?«
ˇerný sah erstaunt auf. »Honza? Verheiratet? Nein, das habe ich nicht gewusst. Mit wem?«
»Er hatte am 25. Juli 1977 Lenka Svobodová geheiratet – nicht wahr, Herr Oberst?«
Der alte Mann nickte. »Ja, das hatte er. Was hat das damit zu tun?«, fragte er.
»Das hast du gewusst?«, rief sein Sohn aus. »Warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Es spielte keine Rolle«, sagte er achselzuckend.
»Nicht, wenn Dana die Leiche gewesen wäre, da haben Sie recht, Herr Oberst«, sagte Anděl und sah den Oberst an.
»Was?«, rief ˇerný aus, »Wie meinen Sie das? Was heißt, wenn Dana die Leiche gewesen wäre? Ich verstehe kein Wort.«
Der Oberst trank einen Schluck von dem ungenießbaren Kaffee. Nur ein leichtes Zittern seiner Hand verriet, dass ihn Anděls Bemerkung nicht kaltgelassen hatte.
Anděl ließ die Augen nicht vom Oberst, als er fortfuhr: »Die Frau in Danas Wohnung war nicht Dana. Es war Lenka Svobodová – oder vielmehr Krasnohorská.«
»Svobodová«, sagte der Oberst, »sie hat ihren Namen behalten. Die beiden wollten die Sache mit der Hochzeit für sich behalten.«
»Warum?«, fragte Anděl.
Der Oberst zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung.«
»Sie haben Krasnohorský geholfen, das Gerücht von Danas Tod auf der Reise nach Jugoslawien in Umlauf zu bringen«, sagte Anděl, »warum?«
»Ich war ihm einen Gefallen schuldig.«
»Was hatte er für Sie getan?«
»Das spielt keine Rolle, es hat nichts mit dieser Sache zu tun.«
»Das würde ich gerne selbst entscheiden, Herr Oberst«, sagte Anděl. »Also, was hat er für Sie getan?«
»Er hat mir einen ausländischen Spion geliefert – und den Hora.«
»Honza hat für dich gearbeitet?«, fuhr ˇerný auf. »Das glaube ich einfach nicht! Honza hätte nie …«
»Ach, mach dich nicht lächerlich, Junge«, winkte der Oberst ab. »Warum, glaubst du, ist Honza in der Weltgeschichte herumgereist?«
»Er hat als Arzt gelegentlich die Botschaften betreut …«
»Natürlich. Aber hast du dich nie gefragt, warum ein junger, lediger, kinderloser Arzt das machen kann? Du hast doch selbst in diesem Land gelebt! Ja, er hat für mich gearbeitet. Er war gut. Und als er Hilfe brauchte, habe ich ihm geholfen.«
»Honza war Kommunist?«, fragte ˇerný fassungslos.
Der Oberst lachte. »Großer Gott, Söhnchen, bist du naiv! Nein, Honza war kein Kommunist. Opportunist trifft es weit besser. Er wurde gut bezahlt. Er reiste gerne. Und er lieferte für diese Zuwendungen gute Arbeit. Sehr gute Arbeit. War einer meiner besten Leute.« Der Oberst lächelte. Ein kaltes, unangenehmes Lächeln.
Honza Krasnohorský war also ein Spitzel gewesen, dachte Anděl. Aber war er auch ein Mörder?
»Sie haben aber noch mehr für Honza getan, nicht wahr, Herr Oberst?«, fragte er.
Der Oberst nickte.
»Sie haben ihm geholfen, nach Kanada zu fliehen.«
Wieder ein Nicken.
»Warum?«
»Ein Geschäft. Er sollte dort für mich arbeiten.«
»Wissen Sie, wo Krasnohorský sich derzeit aufhält?«
Der Oberst schwieg.
»Herr Oberst?«
»Nein.«
Anděl glaubte ihm nicht, aber er ließ es dabei bewenden.
»Sie sagten, die Frau in Danas Wohnung sei Lenka gewesen«, mischte sich ˇerný ein. »Ich verstehe nicht …«
»Die Frau, mit der Sie sich gestritten haben, war Lenka, korrekt. So sieht es jedenfalls aus. Noch ist es eine Vermutung, wenngleich eine plausible – unter den gegebenen Umständen. Jedenfalls wissen wir, dass es nicht Dana Volná war. Das zumindest ist sicher. Und das bringt uns zu meiner Frage von vorhin: Warum hätte Honza Krasnohorský seine eigene Frau umbringen sollen, die er erst zwei Wochen zuvor geheiratet hatte?«
Die beiden anderen Männer
Weitere Kostenlose Bücher