Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
Vom Netzwerk:
Arzt nickte Anděl und Nebeský zu und folgte ihnen. Magda packte ihre Handtasche und ging ebenfalls zur Tür.
    »Wissen Sie, was passiert ist?«, rief Anděl ihr hinterher.
    »Nein. Später, David, im Krankenhaus. Ich muss da mit.«
    Sie hörten ihre Absätze die Treppe hinunterklappern. Kurz darauf heulte wieder die Sirene auf und entfernte sich schnell Richtung Weinberge.
    Im Hühnchen in der Uhr bezahlte ein alter Mann einen Espresso und verließ das Lokal.
     
    Magda kam aus dem OP-Bereich heraus. Sie ging langsam und mit schweren Schritten auf Anděl und Nebeský zu, die im Flur auf zwei Besucherstühlen saßen.
    »Wie geht es ihm?«, fragte Anděl, als sie sich neben ihn gesetzt hatte. Ihr Sommerkleid hatte sie gegen die grüne Kluft der Chirurgen vertauscht, die Sandalen gegen ein paar weiße Gesundheitsschlappen. Sie zog sich mit einer müden Geste die Haube von den hochgesteckten Haaren.
    »Stabil. Ich denke, er wird es schaffen.« Sie schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Wand. »Sie haben die Kugel herausgeholt. Er hat ganz ordentlich Blut verloren, aber sie haben ihm Transfusionen gegeben. Er liegt jetzt auf der Intensivstation.«
    »Nebeský, du bleibst vor seiner Tür und lässt außer seinem Arzt und den Schwestern niemanden hinein«, wandte sich Anděl an seinen Partner. Der nickte, stand auf und ging zu Krasnoharskýs Krankenzimmer.
    »Und die Kleine?«, fragte er.
    »Sie haben sie auf ein Zimmer gebracht. Sie ist wach«, sagte Magda. »Es geht ihr so weit gut, bis auf leichte Kopfschmerzen, aber die werden auch bald weg sein. Sie wollen sie noch zur Beobachtung über Nacht dabehalten. Morgen wird sie wohl nach Hause können.«
    »Nicht, wenn ich das verhindern kann«, sagte Anděl grimmig und wandte sich an Antonín Cajthaml, der gerade um die Ecke kam. »Cajtík, du stellst dich vor Larissas Zimmer und lässt niemanden zu ihr rein, außer dem Arzt und den Schwestern.«
    Cajthaml salutierte grinsend. »Zu Befehl, Chef.«
    »Es tut mir schrecklich leid, David«, sagte Magda mit geschlossenen Augen, als die beiden anderen gegangen waren. Ihr Kopf lehnte noch immer an der Wand. »Ich hätte sie nicht ins Institut mitnehmen sollen. Seien Sie Meda nicht böse bitte – ich habe sie überredet. Larissa interessierte sich für die Gesichtsrekonstruktion und fragte, ob ich sie nicht mitnehmen könnte. Ich dachte nicht, dass sie …«
    »Schon okay. Sie hat dafür schon eins auf den Deckel gekriegt. Larissa meine ich. Und Meda – die wird eine Standpauke verschmerzen. Sie ist ein großes Mädchen.« Er fühlte sich so müde, wie Magda aussah.
    »Und wo ist meine?«, fragte sie und sah ihn mit einem Lächeln an.
    »Vergessen Sie es. Sie konnten ja nicht wissen, dass unsere kleine Starreporterin abhauen würde.« Er sah Magda besorgt an. »Magda, warum sind Sie zu Krasnohorský gegangen?«
    »Ich habe nicht auf ihn geschossen, wenn Sie das meinen«, sagte sie.
    »Das habe ich auch nicht angenommen. Ohne Ihre Hilfe hätte er ja nicht überlebt. Das würde also keinen Sinn ergeben, nicht wahr?«
    Magda nickte. »Ich wollte nachdenken. Meine Großmutter ist ins Institut gekommen. Sie hat mir von Dana erzählt, von meiner …« Magda stockte. Das Wort wollte ihr nicht über die Lippen.
    »Von Ihrer Mutter«, sagte Anděl sanft.
    Magdas Kopf flog herum. »Woher wissen Sie das?«, fragte sie.
    »Ich habe mit meiner Mutter gesprochen. Sie lebt in Franzensbad. Sie kannte Ihre Mutter aus dem Studium. Sie hat mir alles erzählt.«
    Magda sah ihn verständnislos an. Anděl berichtete ihr, was er von seiner Mutter erfahren hatte.
    »Ja«, sagte Magda schließlich, »das hat mir meine Großmutter auch erzählt.« Sie hielt inne. Sie konnte noch immer nicht fassen, dass Tante Dana in Wirklichkeit ihre Mutter gewesen war. »Meine Großmutter wollte reinen Tisch machen, sagte sie. Sie wolle nicht mit dieser Lüge auf ihrem Gewissen sterben. Und jetzt …« Sie schlug die Hände vor das Gesicht und seufzte tief. »Ich weiß nicht, was ich fühlen oder auch nur denken soll, David. Meine Mutter ist nicht meine Mutter. Und Alena – Dana – ich habe sie nicht erkannt. Ich habe mit ihr gesprochen, aber ich habe sie nicht erkannt. Und sie? Hat sie mich erkannt? Hat sie gewusst, wer ich bin? Ich zerbreche mir dauernd den Kopf darüber, warum sie nichts gesagt hat. Warum hat sie nicht gesagt, wer sie ist, verdammt noch mal?« Sie sah Anděl an, und ihre Augen füllten sich mit Tränen, die ihr die Wangen hinunterliefen.

Weitere Kostenlose Bücher