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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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geklingelt.«
    »Irgendjemand wird schon aufmachen«, meinte sie leichthin und hielt ihr Glas hoch. »Zum Wohl, David.«
    Er hob sein Glas ebenfalls, und sie stießen an. Was für eine attraktive Frau, dachte er, als er ihr lächelnd in die Augen sah. Sie erwiderte sein Lächeln. Dann wandte sie den Blick ab und sah wie er zuvor über die Dächer zu den bunten Lichtern in der Ferne.
    Ich sollte zufrieden sein, dachte Anděl, während er sie von der Seite beobachtete. Der Fall war gelöst, der Mörder hatte sich selbst gerichtet. Es würde keine Gerichtsverhandlung geben, er musste nur noch den Papierkram erledigen. Morgen. Jetzt hatte er Feierabend. Ein klarer Himmel, ein warmer Sommerabend, Lichter der Großstadt. Eine schöne Frau an seiner Seite. Was wollte man mehr? In der Ferne rauschte leise der Verkehr über die Stadtautobahn. Das Klingeln der Straßenbahnen stieg vom Friedensplatz zu ihnen herauf. Ein Martinshorn heulte den Berg hinunter. Im Hof unter ihnen klirrten die Gläser der Gäste im Biergarten der Pizzeria Grossetto. Summer in the City .
    Er dachte an die vergangenen Tage. Lenka und der Oberst waren heute Morgen im Familiengrab der ˇernýs auf den Olschanner Friedhöfen beerdigt worden. Venca ˇerný hatte seinen Job an den Nagel gehängt, obwohl niemand das von ihm verlangt hatte – allerdings hatte auch niemand versucht, ihn davon abzubringen. Er war mit seiner Frau nach Malta gefahren. In den Urlaub, wie es hieß. Anděl bezweifelte, dass sie wiederkommen würden. Dana Volná würde mit Magdas Mutter und Großmutter eine letzte, lange Reise nach Kanada antreten. So würde sie schließlich doch bei ihrer Familie sein. Anna Navrátilová hatte darauf bestanden. Er konnte verstehen, dass sie ihre Tochter wenigstens im Tod bei sich haben wollte. Es war wenig genug.
    Nach dem Selbstmord des Obersts war Anděl ins Krankenhaus gefahren. Krasnohorský war inzwischen aus der Narkose aufgewacht und von der Intensivstation verlegt worden. So hatte Anděl endlich mit ihm sprechen können. Es war ein langes, aufschlussreiches Gespräch gewesen. Anděl hatte sich gefühlt wie ein Beichtvater. Krasnohorský war sichtlich erleichtert gewesen, die ganze Sache erzählen und – bis zu einem gewissen Grad – erklären zu können.
    Anděl hatte sich einen Stuhl an das Bett gezogen und den Mann interessiert betrachtet. Trotz seines Zustands sah Krasnohorský gut aus, obwohl sein markantes Gesicht blass war und die blonden Haare zerzaust um seinen Kopf lagen. Kaum zu glauben, dass dieser Honza über fünfzig Jahre alt war. Kein Wunder, dachte Anděl, dass der Mann so einen Erfolg bei Frauen hatte. Krasnohorský hatte die Augen geschlossen. Sein Brustkorb war bandagiert, in einem Arm hing eine Infusion, er hatte Elektroden auf der Brust. Über ihm piepte rhythmisch ein EKG. Auf dem Nachttisch stand eine Vase mit Sommerblumen. Anděl bezweifelte, dass der Mann schlief, aber er hatte Zeit. Schließlich öffnete Krasnohorský die Augen. Große dunkelbraune Augen mit langen, gebogenen Wimpern. Er sah Anděl schmunzelnd an.
    »Na schön, Sie haben gewonnen, Herr Kommissar. Ich bin wach.« Er seufzte. »Ich dachte, ich könnte noch eine Schonfrist herausschlagen. Das war wohl ein Irrtum.«
    »Die Schonfrist war lang genug, Herr Krasnohorský – oder ist Ihnen Beaumont lieber?«
    »Egal. Namen sind Schall und Rauch, wie es so schön heißt. Also, was wollen Sie wissen?«
    »Alles, Herr Krasnohorský. Von Anfang an.«
    »Alles? Das wird eine verdammt lange Geschichte, Herr Kommissar.«
    »Ich habe Zeit.«
    »Wo soll ich anfangen? – Vielleicht damit: Ich habe sie nicht getötet.«
    »Wen?«
    »Niemanden. Ich habe niemanden getötet. Keinen von ihnen.«
    »Das ist nicht gerade der Anfang der Geschichte, Herr Krasnohorský. Aber ich nehme es zur Kenntnis.« Er schwieg einen Moment. »Ich weiß im Grunde, was damals an jenem Abend passiert ist, aber ein paar Steinchen fehlen noch in diesem verworrenen Mosaik. Sie kamen in Dana Volnás Wohnung an jenem Abend. Was haben Sie gesehen?«
    Krasnohorský betrachtete ihn lange, dann sagte er: »Gleich in medias res, wie? Keine sanfte Einleitung, gleich mitten ins Geschehen?« Er strich sich mit der Hand über die Augen. »Na schön. Ich habe mich die ganzen Jahre bemüht, diesen Abend zu vergessen. Und es ist mir eigentlich recht gut gelungen. Aber ich hätte nie nach Prag zurückkehren sollen. Das war ein großer Fehler.«
    »Sie lenken ab, Herr Krasnohorský.«
    Er lachte. »In der

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