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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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verbeten hatte. Der Kaffee sei ihm erstaunlich gut geraten, hatte Anděl den jungen Beamten gelobt, nachdem er einen Schluck getrunken hatte.
    Larissa hatte sich nach ihrem Gespräch mit Lída Karafiátová gleich auf den Weg zu den beiden gemacht und ihnen, kaum dass sie in der Tür stand, verkündet, sie wisse, wer die Mumie sei. Ein Mann habe sie angerufen und es ihr gesagt. Die beiden hatten sie angestarrt wie eine Erscheinung der dritten Art. Anděl hatte sie gebeten, Platz zu nehmen, und Cajtík losgeschickt, Kaffee zu machen.
    »Nein, nein«, wiederholte Nebeský, noch immer kichernd, »das muss ein Scherz sein. Unsere Mumie kann nicht Dana Volná sein, jedenfalls nicht die Schauspielerin. Glauben Sie mir.«
    Der Kommissar hielt sich bisher mit Kommentaren zurück. Er saß nachdenklich auf seinem unbequemen Stuhl und nippte an dem heißen Kaffee.
    »Und warum nicht?«, fragte Larissa herausfordernd.
    »Ganz einfach«, sagte Anděl, »weil sie tot ist.«
    »Na also«, beharrte Larissa, »dann kann sie auch die Mumie sein.«
    »Kann sie eben nicht. Sie ist zwar tatsächlich Ende der Siebzigerjahre gestorben, aber auf einer Reise, in Jugoslawien. Es stand damals in allen Zeitungen. Ich kann mich noch gut daran erinnern. Meine Schwester war ein großer Fan von der Volná, sie war am Boden zerstört. Hat uns die ganzen Sommerferien verdorben.« Er lächelte Larissa mitfühlend an. »Da hat Ihnen jemand einen dummen Streich gespielt, fürchte ich«, setzte er hinzu.
    Larissa fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. Ihre schöne Theorie, in einem Moment zu Staub zerfallen. Das Wunschdenken war mit ihr durchgegangen. Es wäre auch zu schön gewesen, im Alleingang die Identität der mysteriösen Mumie zu lüften. Wenn sie es recht bedachte, war ihre Theorie mehr als wackelig gewesen. Nichts weiter als ein Hirngespinst.
    »Ach so«, brachte sie lahm heraus. Sie trank einen Schluck Kaffee. Er war tatsächlich gut. »Aber wieso sollte jemand das tun?«, fragte sie schließlich.
    »Warum?« Nebeský zuckte die Achseln. »Na, Irre gibt es wie Sand am Meer. Wollte sich wahrscheinlich wichtig machen«, sagte er. »Nehmen Sie das nicht persönlich, das passiert uns dauernd, dass irgendwelche Idioten sich wichtig machen wollen und – mit Verlaub – Scheiße erzählen. Vergessen Sie es einfach.«
    »Nebeský hat recht, Frau Khek«, sagte Anděl freundlich. »Der Mann wollte Sie verschaukeln.«
    »Wo ist sie begraben?«, fragte Larissa.
    »Wer? Die Volná?« Nebeský kratzte sich am kurz geschorenen Hinterkopf. »Keine Ahnung. Vielleicht in Jugoslawien, vielleicht hier auf den Olschanner Friedhöfen. Das sind die größten Friedhöfe. Warum?«
    »Ach, nur so. Ja, dann entschuldigen Sie, dass ich Sie von der Arbeit abgehalten habe«, sagte Larissa niedergeschlagen und stand auf. »Danke für den Kaffee, er ist wirklich gut.«
     
    Larissa Khek stand unschlüssig auf einem der Hauptwege, die die Olschanner Friedhöfe, im Nordosten der Stadt gelegen, in kleinere Parzellen teilten. Unmöglich, hier ein bestimmtes Grab zu finden, wenn man nicht wenigstens ungefähr wusste, wo es sich befand. Die Friedhöfe waren fast so groß wie ein ganzer Stadtteil. Sie fühlte sich an ihren ergebnislosen Versuch erinnert, das Grab von Samuel Hahnemann auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise zu finden. Einen ganzen Tag hatte sie vor ein paar Jahren dort verbracht, doch das Grab, das sie gesucht hatte, hatte sie erst später auf einer Karte des Friedhofs gefunden – und dabei festgestellt, dass sie mehrmals in unmittelbarer Nähe daran vorbeigelaufen war.
    Nun also die Olschanner Friedhöfe. Anderer Ort, gleiches Problem. Aber was wollte sie hier überhaupt? Das Grab einer ihr unbekannten Frau besuchen, von der sie einen wilden Moment lang angenommen hatte, sie sei die Mumie aus der Metro? Sentimentaler Quatsch. Gott, war das eben im Büro des Kommissars peinlich gewesen. Hätte sie doch nur für einen Augenblick nachgedacht! Aber sie war in ihrer Euphorie mit diesem Halbwissen zu Anděl gerannt und hatte sich bis auf die Knochen blamiert. Da war der journalistische Ehrgeiz mit ihr durchgegangen. Wäre auch zu schön gewesen.
    Was erwartest du eigentlich, fragte sie sich, dass du die Identität der Mumie im Alleingang enthüllst? Oder willst du Anděl mit weiteren genialen Recherchen beeindrucken?
    »Sie kennen Dana Volná nicht?«, hatte Meda Cyanová, der sie auf ihrem Weg aus dem Polizeipräsidium über den Weg gelaufen war, sie ungläubig

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