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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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gekonnt eingewickelt und sie in den Sarg gelegt. Vielleicht wurde noch einmal Salz darübergeschüttet, aber das ist nur eine Vermutung. Spuren ätherischer Öle habe ich nicht gefunden. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass die fertig balsamierte und verpackte Leiche wieder in Salz eingelegt wurde. Aber das Wasser hat alles fortgespült.«
    »Könnte der Mörder sie nicht einfach eingewickelt und in Salz eingelegt haben, und das war’s? Ich meine, wie können Sie sicher sein, dass er zurückgekommen ist?«, fragte Anděl.
    »Nun, hätte er sie erst eingewickelt und dann in Salz eingelegt, wären die Binden locker gewesen. Das Salz entzieht dem Körper die Flüssigkeit, er schrumpft. Und die Binden lagen fest am Körper an. Sie wurde also erst nach der Austrocknung eingewickelt. Ob er sie dann allerdings wieder in Salz gepackt hat, weiß ich, wie gesagt, nicht. Allerdings kann ich Ihnen auch nicht sagen, wie eine Leiche aussehen würde, die dreißig Jahre in Salz lag. Da bin ich überfragt.« Sie neigte den Kopf amüsiert zur Seite. »Das hat man selbst auf der berühmten Body Farm in den USA noch nicht ausprobiert, soviel ich weiß.«
    »Kommt ja auch glücklicherweise nicht so oft vor«, sagte Otčenášek und fuhr dann ernst fort: »Das heißt, der Mörder ist zurückgekommen, um die Mumie möglichst echt aussehen zu lassen. Verstehe ich Sie da richtig?«
    »So sieht es aus«, bestätigte Magda.
    »Und wieso genau kann es keine echte Mumie sein?«
    »Zum einen war es kein kleiner Schnitt unter dem rechten Rippenbogen, sondern ein langer vom Halsansatz bis zum Schambein. Dann fehlen alle Organe, auch das Herz, aber das Gehirn wurde nicht entfernt. Die Nase stand ja als Ablauf nicht mehr zur Verfügung, nicht wahr? Ganz abgesehen von den Kopfverletzungen, die eine Entfernung nicht unbedingt einfacher gemacht hätten. Und zum anderen war sie, wie Xenia sagte, falsch gewickelt: Zwar lagen die Binden in einer Art Fischgrätmuster, aber statt vom Kopf zu den Füßen hatte unser Balsamierer an den Füßen begonnen und zum Kopf gewickelt. Außerdem handelte es sich bei dem Stoff nicht um Leinen, sondern um Baumwolle. Genauer gesagt, um medizinische Mullbinden. So etwas hatten die alten Ägypter nicht zur Verfügung.«
    »Wenn der Mörder aber so viel Wert darauf gelegt hat, die Mumie echt aussehen zu lassen, warum hat er dann nicht auch den Schnitt unter den Rippen gesetzt?«, fragte Anděl.
    »Da kann ich nur Vermutungen anstellen«, sagte Magda. »Ich nehme an, er hatte wenig Zeit. Die Entfernung der Organe durch einen kleinen Schnitt nimmt viel Zeit in Anspruch, bei einem langen Schnitt ist das wesentlich einfacher. Oder er wusste nur, dass die alten Ägypter den Leichen die Organe entfernt, sie in Salz eingelegt und dann eingewickelt haben, aber nicht, wie und welche Organe sie entfernten.« Nach einem Moment fügte sie hinzu: »Aber ich nehme an, er hatte einfach nicht genug Zeit für solche Spielereien.« Sie zuckte die Achseln.
    Anděl war geneigt, ihr zuzustimmen. Ein Mörder, der so viel über die Balsamierungstechniken wusste, wusste vermutlich auch, wie man die Organe entfernt hatte. Ja, der Mörder hatte wohl unter Zeitdruck gestanden. Angesichts des Fundorts nur zu verständlich. »Wo sind die Organe eigentlich abgeblieben?«, fragte er.
    Magda zuckte erneut die Achseln. »Gute Frage. Der Mörder hat sie vermutlich anderweitig entsorgt. Mülltonne, Toilette, Wald – da gibt es eine Menge Möglichkeiten.«
    »Können Sie uns schon sagen, wann – ungefähr – die Frau getötet wurde?«, fragte Otčenášek.
    »Meine Tests haben ergeben, dass die Frau in der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre gestorben sein muss.«
    »Wie können Sie das so genau sagen?«, wollte Otčenášek wissen.
    Magda erklärte die Untersuchungen, die sie und Jirka durchgeführt hatten. »Und außerdem hatte sie, wie ich bereits vermutet habe, mit chemischen Mitteln gefärbtes Haar. Das gab es im alten Ägypten nun definitiv nicht. Und auch vor hundert Jahren noch nicht. Nicht zu vergessen, die lackierten Fingernägel«, schloss sie.
    »Ja, das klingt nachvollziehbar. Mit anderen Worten, der Mörder hatte Ahnung von altägyptischen Balsamierungstechniken und hat sie seinen Möglichkeiten angepasst. Sie sagen, sie hatte gefärbtes Haar und lackierte Fingernägel?«
    »Exakt.«
    »Hmmm. Das wäre in der Tat eine sehr seltsame antike Mumie. – Hat der Mörder irgendwelche Spuren hinterlassen?«, fragte Otčenášek nach einer kleinen

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