Nasses Grab
gesunken war, die sie vor weiteren Schmerzen und weiterer Todesangst bewahrt hatte.
»Der Knochen ist also unser einziger Hinweis auf den Mörder. Nicht schlecht eigentlich«, sagte Anděl nachdenklich.
»Ja. Wir werden es mit einer DNA-Analyse versuchen. Mehr kann ich Ihnen im Moment nicht über den Mörder sagen.«
Anděl nickte. »Tja, leider führt eine DNA-Analyse nicht direkt zu einem Phantombild.«
»Das nicht«, sagte Magda, »aber vielleicht ist die Mumie selbst ein Hinweis auf den Beruf des Mörders.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte der Staatsanwalt überrascht. Auch Anděl sah sie skeptisch an. Fast hätte sie losgelacht, aber sie beherrschte sich.
»Nun – das ist natürlich alles hochgradig spekulativ, was ich jetzt sage, aber der Mörder wusste offenbar eine ganze Menge über altägyptische Balsamierungstechniken.
Und möglicherweise bediente er sich in dem unterirdischen Krankenhaus. Er könnte Archäologe oder Arzt gewesen sein.«
Dana Volná. Ein hübscher Name, dachte Larissa. Sie war von dem anonymen Anruf so aufgewühlt gewesen, dass sie in den Palastgarten zurückgegangen war, um nachzudenken. Sie saß auf der Bank, die sie erst vor Kurzem verlassen hatte, und starrte auf ihr Handy. Sie hatte sofort David Anděl anrufen wollen, es dann aber gelassen. Irgendwo hatte sie diesen Namen schon gehört. Sie konnte sich nur nicht erinnern, wo. Es musste erst kürzlich gewesen sein. Verdammt, wieso war ihr Namensgedächtnis auch so lausig?
Dana Volná. Ein Name, der fröhlich klang, nach Freiheit und Leichtigkeit – Dana Frei, wenn man es übersetzte. Ein Name wie Holly Golightly oder Sabrina Fairchild, einer dieser vielsagenden Namen, wie sie die Leute in Filmen haben. Film? Natürlich, sie hatte den Namen im Vorspann eines Märchenfilms gesehen, den sie sich neulich abends angesehen hatte. Die Hauptdarstellerin hatte Dana Volná geheißen. Konnte das möglich sein? Konnte das dieselbe Dana Volná sein? Der Mann, der sie angerufen hatte, hatte gesagt Dana Volná, die Schauspielerin . Larissa nahm ihr Handy und wählte eine Nummer.
»Karafiátová«, meldete sich eine angenehm tiefe weibliche Stimme.
»Guten Tag, Frau Karafiátová, hier ist Larissa Khek von der Prague Post .«
»Ah, Herzchen, wie schön, dass Sie anrufen. Wie geht es Ihnen? Ich habe Sie auf dieser schrecklichen Vernissage neulich vermisst! Aber Sie haben nichts verpasst. Es war einfach grau-en-haft. Ich hatte nächtelang Albträume!«
»Frau Karafiátová, ich habe eine Frage. Kennen Sie eine Dana Volná?«
»Dana Volná? Aber natürlich, Herzchen, wer kennt sie nicht?! Neulich haben sie im Fernsehen wieder einen Film mit ihr gezeigt. Was wollen Sie mit Dana? Doch nicht etwa ein Interview?« Lída Karafiátová kicherte. Im Hintergrund hörte Larissa jemanden Lídas Namen rufen. »Ja, ja, ja, ich komme ja schon!«, antwortete Lída der anderen Person ungeduldig und wandte sich wieder Larissa zu. »Hören Sie, meine Liebe, ich bin ein bisschen im Stress, aber wenn Sie wollen, treffen wir uns nachher im Evropa auf einen Drink, ja? Und dann erzähle ich Ihnen alles, was Sie über die arme Seele wissen wollen. Um vier? Im Evropa am Wenzelsplatz, ja?«
Lída hatte aufgelegt. Na schön, dachte Larissa. Treffen wir uns also auf einen Drink im Evropa. Da bin ich mal gespannt. Larissa steckte ihr Handy in ihre Handtasche und atmete tief durch. Dana Volná war also tatsächlich eine bekannte Schauspielerin. Aber wie konnte sie dann die Mumie aus der Metro sein, wenn Lída fragte, ob sie ein Interview mit ihr machen wolle? Das passte nicht zusammen. Vielleicht gab es ja zwei Frauen dieses Namens, die beide Schauspielerinnen waren? Mutter und Tochter vielleicht? Wie wahrscheinlich war so etwas? Spekulationen ohne Ende.
Allerdings konnte der Mann, der sie angerufen hatte, sich auch einen Spaß erlaubt haben. Aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass dem nicht so war. Wieso sollte jemand so etwas tun? Absurd. Sie hängte sich die Handtasche über die Schulter und verließ abermals den malerischen Garten.
»Dana Volná? Sie machen Witze!« Otakar Nebeský lachte. »Der Mann hat Sie bestimmt auf den Arm genommen, Schätzchen!«
Larissa saß in David Anděls Büro. Es war kurz nach zwei Uhr nachmittags, und Anděl und sein Partner saßen ihr an dem alten Besprechungstisch gegenüber. Antonín Cajthaml hatte Kaffee für alle gebracht, diesmal mit einem kleinen Anstandsrand, nachdem Otakar sich rechtzeitig weitere Kunststücke
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