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Nasses Grab

Nasses Grab

Titel: Nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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1977 in ein Flugzeug nach Kuba gestiegen, um auf jener schönen Insel einer geregelten Arbeit als Arzt nachzugehen. Die Maschine machte eine Zwischenlandung in Kanada – in Montreal, um genau zu sein. Die Passagiere mussten aussteigen und durften in einem Aufenthaltsraum auf den Weiterflug warten. Und während dieser Wartezeit ist dieser Krasnohorský durch eine unverschlossene Tür entwischt. So weit die Legende.« Er stand auf.
    »Aber«, fragte Larissa, »wie kommt es, dass dieser Krasnohorský überhaupt nach Kuba gehen durfte?«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Nebeský.
    »Na, Sie sagten doch, alleinstehende junge Leute hätten nie so eine Ausreisegenehmigung bekommen. Wieso also dieser Krasnohorský?«
    »Nun, wenn es der gleiche ist wie Lenkas Ehemann, dann war er ja verheiratet«, erwiderte Nebeský irritiert.
    »Sie weisen da auf etwas hin, Frau Khek«, sagte Anděl, »das wichtig ist. Und ich glaube, ich weiß, worauf Sie hinauswollen.«
    »Und das wäre?«, fragte der Staatsanwalt.
    »Krasnohorský war zwar verheiratet, aber seine Frau war im August 1977 in den Westen ausgereist und nicht zurückgekommen. Sie war abgehauen – nur zwei Monate zuvor. Er konnte sie also nicht als Pfand zurücklassen. Sie war vielmehr ein echtes Handicap für ihn und seine Pläne. Wie kam er also zu seiner Ausreisegenehmigung und Arbeitserlaubnis, als Arzt, dessen Frau ein Republikflüchtling war?«
    »In der Tat. Nun, möglicherweise hing das damit zusammen, dass er in ein kommunistisches Bruderland gehen wollte«, wandte Otčenášek ein. »Aber das ist eigentlich auch unwahrscheinlich – wie im Übrigen diese ganze Geschichte. Wie man es dreht und wendet, wir landen immer wieder beim Geheimdienst oder wahlweise der Staatssicherheit.« Er schwieg eine Weile und fuhr dann fort: »Wie auch immer dieser Krasnohorský zu seiner Ausreise gekommen ist, unsere erste Aufgabe ist Dana Volná und die namenlose Mumie. Eins nach dem anderen. Wir wissen, wo die Volná gelebt hat. Sie hatte ja noch andere Nachbarn außer der Karafiátová«, sagte Otčenášek. »Vielleicht hat jemand etwas gehört oder gesehen. Immerhin muss unser anonymer Anrufer dort gewesen sein, als es passierte. Und er muss sie gut gekannt haben, wenn er sie unter diesen Umständen erkannt hat. Vielleicht hat er im gleichen Haus gewohnt oder gegenüber. Stellen Sie fest, wer in dem Haus und denen in Sichtweite gewohnt hat. Die Karafiátová kann Ihnen sicher dabei helfen, David.«
    » Yes, Sir !«, sagte Anděl mit einem ironischen Lächeln, tippte mit den Fingern der rechten Hand an seine Schläfe und schlug die Hacken zusammen.
     
    Die Vorstellung im Nationaltheater zog sich in die Länge. Larissa warf einen Blick auf ihre Uhr. Noch ein paar Minuten bis zur wohlverdienten Pause. Sie sah wieder auf die Bühne. Ein schreckliches Stück. Eine lange verschollene Version von La Bohème von irgendeinem Engländer, die man besser in der Versenkung gelassen hätte. Und der Regisseur hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als die Geschichte zu allem Überfluss in die Gegenwart zu verlegen. Nicht das Paris des 19. Jahrhunderts hatte man auf die Bühne gebracht, sondern die heutige moderne Großstadt. Die Sänger schmetterten ihre Arien in Anzug und Krawatte in einem Restaurant, die Damen sangen und glänzten in kurzen Cocktailkleidern. Die Geschichte hatte man allerdings nicht entstaubt. Bestimmt würde das naive Mädel nach einer unendlichen Arie an irgendeinem innerstädtischen Rinnstein zusammenbrechen und mit gebrochenem Herzen und tuberkulöser Lunge noch mit dem letzten Atemzug nach ihrem treulosen Liebsten rufen. Was für ein Quatsch! Zum Glück hatte Magda die Karten geschenkt bekommen. Eigentlich, dachte Larissa, sollte man dafür bezahlt werden, dass man sich diesen Schwachsinn antat.
    Andererseits bekam sie selten Gelegenheit, eine Premiere zu besuchen. Ihre Anwesenheit hier verdankte sie Xenia, die auf Magdas Nachfrage, ob sie in die Oper mitwolle, energisch erklärt hatte, sie habe selbst für gute Opern nichts übrig, geschweige denn für ein Stück, das irgendjemand aus der untersten Schublade ausgegraben habe, wo es vermutlich sehr gut aufgehoben gewesen war.
    »Aber, Xenia, das kannst du doch gar nicht wissen!«, hatte Magda widersprochen. »Vielleicht ist das Stück hervorragend. Außerdem soll der Regisseur es modernisiert haben. Könnte spannend werden.«
    Xenia hatte sie angesehen, als überlege sie, ob Magda den Verstand verloren

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