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Natascha

Natascha

Titel: Natascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Natascha höflich. Sie hatte die Stimme eines Vögelchens. Klar und hell. Wenn sie lacht, muß es klingen, als ob Wassertröpfchen über silberne Steine springen, dachte Fedja entzückt. Er zog seinen Pelz aus. Die Uniform stand ihm gut. Er war schlank und hatte über den schmalen Hüften breite Schultern. Seine Beine waren gerade gewachsen, nicht so krumm wie die Beine der Steppenreiter, die ohne Pferd wie wasserlose Fische waren und selbst im Schlaf mit den Schenkeln zuckten, als ritten sie.
    Fedja Astachow, der Unterleutnant, nahm das Handtuch, das ihm Luka reichte, und wischte sich die Haare und das Gesicht frei von Schmelzwasser. Obgleich es kurz geschoren war, sah man, daß es blonde Haare waren. Ein Nordrusse, dachte Nikolai. Ein Jüngelchen noch. Ein unbeschriebenes Blättchen, das der Wind vor sich hertreibt. Aber dieser Bär da am Ofen, dieses Urvieh … wo kommt es bloß her?
    »Habt ihr was zu fressen?« fragte Luka. Er nahm Olga den Topf ab und roch an dem Brei. Dann steckte er den Finger hinein, rührte mit ihm herum und leckte den Teig, der kleben blieb, ab. Olga biß sich auf die Unterlippe. Luka wiegte den Kopf hin und her.
    »Bei Darja schmeckt er anders!« sagte er. »Und Darja kann kochen –«
    »Dann geh zu ihr zurück!« Olga entriß ihm den Topf und drehte ihm den Rücken zu. »Wir sind arme Kolchosen … ja, das sind wir, und wenn du noch so dämlich grinst. Und der Winter wird lang werden dieses Jahr … Sparen heißt's!«
    Luka setzte sich auf die Ofenbank. Seine dicke Nase blähte sich. Schnüffelnd ließ er den Kopf kreisen.
    »Es riecht nach gebratenem Speck, Mütterchen!« sagte er zielsicher. »Ich zerbreche dir alle Knöchelchen, von den Zehen bis zum Schädel, wenn du mir nicht sagst, daß es hier nach Speck riecht.« Er fuhr herum und legt seine Tatze auf die niedersinkende Schulter Olgas. »Na, du alte Hexe … du ausgedörrte Pflaume … du vertrockneter Mistkäfer … wo ist der Speck? Wenn Luka Speck riecht, ist er da!«
    Natascha hatte Fedja den Pelzmantel abgenommen. Sie fuhr herum, als Luka solche Reden zu führen begann, und ließ den Mantel auf den Boden fallen.
    »Ist das die neue Sprache der großen Roten Armee, Genosse Unterleutnant?!« rief sie. Sie strich sich mit beiden Händen wütend die langen, schwarzen Haare aus dem Gesicht. Ihre dunklen, großen Augen glühten. Oh, dachte Fedja Iwanowitsch, o meine Seele. Wie feurige Lava ist sie. Flammenwerfer sind ihre Augen. Sie verbrennen mich. Er sprang einen Schritt vor und steckte beide Daumen in das Lederkoppel. Wie auf dem Exerzierplatz stand er da, klein, schlank, aber wie aus Stahldraht gemacht.
    »Luka!« kommandierte er. »Zurück! Hier gibt es keinen Speck.« Er sagte es, obgleich auch er es roch. Er sah sogar die versteckte Pfanne, weil Olga mit gespreizten Beinen auf der Bank saß.
    »Luka ist nicht so«, sagte er entschuldigend zu Nikolai und Natascha. »Wir nennen ihn ›den Idioten‹. Er ist ein treuer Mensch. Ohne ihn wäre ich im Schneesturm umgekommen.«
    »Ist das wahr?« Natascha sah von Fedja zu Luka. Sie war froh, dies zu tun. Fedja anzusehen war ihr wie ein heißer Wind, der über ihr Gesicht wehte. Bis unter die Haare wehte er und ließ ihre Gedanken schwer und unsicher werden.
    »Der Unterleutnant ist noch jung«, antwortete Luka sanft. »Ich bin in Sibirien aufgewachsen … die Bäume höre ich reden. Und das Gras höre ich reden! Und die Vögel! Verdammt, und wenn ich Speck rieche –«
    »Luka!« rief Fedja scharf.
    »Wer die Bäume und die Gräser und die Vögel reden hört, den kann man nicht belügen.« Natascha bückte sich und schob die Pfanne vor. »Es gibt Speck … und Mehlkuchen dazu. Und wenn Sie es mögen, Genosse Unterleutnant … auch Wein. Aus Hagebutten. Ich habe sie selbst gepflückt …«
    Fedja Astachow strahlte sie an. »Er muß besser schmecken als der rosa Jushnobereshnyi, in dem das Aroma der Teerose von Kasanlik schwebt.«
    Natascha wandte sich ab und schob die Pfanne wieder auf das Feuer. Sie war rot geworden, oder war's der Widerschein des Feuers? Nikolai wußte es nicht richtig, aber ihm gefiel die Rede nicht. Er ging zum Schrank, holte fünf Teller heraus, fünf Messer und Gabeln und winkte hinüber zur anderen Ecke, wo ein Tisch stand.
    »Setzen wir uns, Genossen! Und laßt uns beraten, wie es weitergehen soll! Eine Achse ist gebrochen, sagt ihr? Das ist schlimm! Sehr schlimm!«
    »Mehlkuchen mit Speck«, sagte Luka, als er an Olga vorbeistampfte. »Aber back ihn

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