Nathan der Weise
Ach! Ich glaub’s Euch wohl!
NATHAN . Doch nun kam die Vernunft allmählig wieder.
Sie sprach mit sanfter Stimm’: »Und doch ist Gott!
Doch war auch Gottes Ratschluss das! Wohlan!
Komm! übe, was du längst begriffen hast;
Was sicherlich zu üben schwerer nicht,
Als zu begreifen ist, wenn du nur willst.
Steh auf!« – Ich stand! und rief zu Gott: ich will!
Willst du nur, dass ich will! – Indem stiegt Ihr
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Vom Pferd’, und überreichtet mir das Kind,
In Euern Mantel eingehüllt. – Was Ihr
Mir damals sagtet; was ich Euch: hab ich
Vergessen. So viel weiß ich nur; ich nahm
Das Kind, trug’s auf mein Lager, küsst es, warf
Mich auf die Knie’ und schluchzte: Gott! auf Sieben
Doch nun schon Eines wieder!
KLOSTERBRUDER . Nathan! Nathan!
Ihr seid ein Christ! – Bei Gott, Ihr seid ein Christ!
Ein bessrer Christ war nie!
NATHAN . Wohl uns! Denn was
Mich Euch zum Christen macht, das macht Euch mir
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Zum Juden! – Aber lasst uns länger nicht
Einander nur erweichen. Hier braucht’s Tat!
Und ob mich siebenfache Liebe schon
Bald an dies einz’ge fremde Mädchen band;
Ob der Gedanke mich schon tötet, dass
Ich meine sieben Söhn’ in ihr aufs Neue
Verlieren soll: – wenn sie von meinen Händen
Die Vorsicht wieder fodert, – ich gehorche!
KLOSTERBRUDER .
Nun vollends! – Eben das bedacht ich mich
So viel, Euch anzuraten! Und so hat’s
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Euch Euer guter Geist schon angeraten!
NATHAN . Nur muss der erste Beste mir sie nicht
Entreißen wollen!
KLOSTERBRUDER . Nein, gewiss nicht!
NATHAN . Wer
Auf sie nicht größre Rechte hat, als ich;
Muss frühere zum mind’sten haben –
KLOSTERBRUDER . Freilich!
NATHAN . Die ihm Natur und Blut erteilen.
KLOSTERBRUDER . So
Mein ich es auch!
NATHAN . Drum nennt mir nur geschwind
Den Mann, der ihr als Bruder oder Ohm,
Als Vetter oder sonst als Sipp’ verwandt:
Ihm will ich sie nicht vorenthalten – Sie,
Mich Euch zum Christen macht, das macht Euch mir
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Die jedes Hauses, jedes Glaubens Zierde
Zu sein erschaffen und erzogen ward. –
Ich hoff, Ihr wisst von diesem Euern Herrn
Und dem Geschlechte dessen, mehr als ich.
KLOSTERBRUDER .
Das, guter Nathan, wohl nun schwerlich! – Denn
Ihr habt ja schon gehört, dass ich nur gar
Zu kurze Zeit bei ihm gewesen.
NATHAN . Wisst
Ihr denn nicht wenigstens, was für Geschlechts
Die Mutter war? – War sie nicht eine Stauffin?
KLOSTERBRUDER .
Wohl möglich! – Ja, mich dünkt.
NATHAN . Hieß nicht ihr Bruder
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Conrad von Stauffen? – und war Tempelherr?
KLOSTERBRUDER .
Wenn mich’s nicht triegt. Doch halt! Da fällt mir ein,
Dass ich vom sel’gen Herrn ein Büchelchen
Noch hab. Ich zog’s ihm aus dem Busen, als
Wir ihn bei Askalon verscharrten.
NATHAN . Nun?
KLOSTERBRUDER . Es sind Gebete drin. Wir nennen’s ein
Brevier . – Das, dacht ich, kann ein Christenmensch
Ja wohl noch brauchen. – Ich nun freilich nicht –
Ich kann nicht lesen –
NATHAN . Tut nichts! – Nur zur Sache.
KLOSTERBRUDER .
In diesem Büchelchen stehn vorn und hinten,
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Wie ich mir sagen lassen, mit des Herrn
Selbsteigner Hand, die Angehörigen
Von ihm und ihr geschrieben.
NATHAN . O erwünscht!
Geht! lauft! holt mir das Büchelchen. Geschwind!
Ich bin bereit mit Gold es aufzuwiegen;
Und tausend Dank dazu! Eilt! lauft!
KLOSTERBRUDER . Recht gern!
Es ist Arabisch aber, was der Herr
Hineingeschrieben.
(Ab.)
NATHAN . Einerlei! Nur her! –
Gott! wenn ich doch das Mädchen noch behalten,
Und einen solchen Eidam mir damit
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Erkaufen könnte! – Schwerlich wohl! – Nun,
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