Nathan der Weise
Wieso?
NATHAN .
Mir wär der Tempelherr schon recht. Ihm gönnt
Ich Recha mehr als einem in der Welt.
Allein … Nun, habe nur Geduld.
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DAJA . Geduld?
Geduld, ist Eure alte Leier nun
Wohl nicht?
NATHAN . Nur wenig Tage noch Geduld! …
Sieh doch! – Wer kömmt denn dort? Ein Klosterbruder?
Geh, frag ihn was er will.
DAJA . Was wird er wollen?
(Sie geht auf ihn zu und fragt.)
NATHAN . So gib! – und eh er bittet. – (Wüsst ich nur
Dem Tempelherrn erst beizukommen, ohne
Die Ursach meiner Neugier ihm zu sagen!
Denn wenn ich sie ihm sag, und der Verdacht
Ist ohne Grund: so hab ich ganz umsonst
2910
Den Vater auf das Spiel gesetzt.) – Was ist’s?
DAJA . Er will Euch sprechen.
NATHAN . Nun, so lass ihn kommen;
Und geh indes.
Siebenter Auftritt
NATHAN
und der
KLOSTERBRUDER .
NATHAN . (Ich bliebe Rechas Vater
Doch gar zu gern! – Zwar kann ich’s denn nicht bleiben,
Auch wenn ich aufhör, es zu heißen? – Ihr,
Ihr selbst werd ich’s doch immer auch noch heißen,
Wenn sie erkennt, wie gern ich’s wäre.) – Geh! –
Was ist zu Euern Diensten, frommer Bruder?
KLOSTERBRUDER .
Nicht eben viel. – Ich freue mich, Herr Nathan,
Euch annoch wohl zu sehn.
NATHAN . So kennt Ihr mich?
KLOSTERBRUDER .
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Je nu; wer kennt Euch nicht? Ihr habt so manchem
Ja Euern Namen in die Hand gedrückt.
Er steht in meiner auch, seit vielen Jahren.
NATHAN
(nach seinem Beutel langend)
.
Kommt, Bruder, kommt; ich frisch ihn auf.
KLOSTERBRUDER . Habt Dank!
Ich würd es Ärmern stehlen; nehme nichts. –
Wenn Ihr mir nur erlauben wollt, ein wenig
Euch
meinen
Namen aufzufrischen. Denn
Ich kann mich rühmen, auch in
Eure
Hand
Etwas gelegt zu haben, was nicht zu
Verachten war.
NATHAN . Verzeiht! – Ich schäme mich –
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Sagt, was? – und nehmt zur Buße siebenfach
Den Wert desselben von mir an.
KLOSTERBRUDER . Hört doch
Vor allen Dingen, wie ich selber nur
Erst heut an dies mein Euch vertrautes Pfand
Erinnert worden.
NATHAN . Mir vertrautes Pfand?
KLOSTERBRUDER . Vor kurzem saß ich noch als Eremit
Auf Quarantana, unweit Jericho.
Da kam arabisch Raubgesindel, brach
Mein Gotteshäuschen ab und meine Zelle,
Und schleppte mich mit fort. Zum Glück entkam
2940
Ich noch, und floh hierher zum Patriarchen,
Um mir ein ander Plätzchen auszubitten,
Allwo ich meinem Gott in Einsamkeit
Bis an mein selig Ende dienen könne.
NATHAN . Ich steh auf Kohlen, guter Bruder. Macht
Es kurz. Das Pfand! das mir vertraute Pfand!
KLOSTERBRUDER .
Sogleich, Herr Nathan. – Nun, der Patriarch
Versprach mir eine Siedelei auf Tabor,
Sobald als eine leer; und hieß inzwischen
Im Kloster mich als Laienbruder bleiben.
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Da bin ich itzt, Herr Nathan; und verlange
Des Tags wohl hundertmal auf Tabor. Denn
Der Patriarch braucht mich zu allerlei,
Wovor ich großen Ekel habe. Zum
Exempel:
NATHAN . Macht, ich bitt Euch!
KLOSTERBRUDER . Nun, es kömmt! –
Da hat ihm jemand heut ins Ohr gesetzt:
Es lebe hier herum ein Jude, der
Ein Christenkind als seine Tochter sich
Erzöge.
NATHAN . Wie?
(Betroffen.)
KLOSTERBRUDER . Hört mich nur aus! – Indem
Er mir nun aufträgt, diesem Juden stracks,
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Wo möglich, auf die Spur zu kommen, und
Gewaltig sich ob eines solchen Frevels
Erzürnt, der ihm die wahre Sünde wider
Den heil’gen Geist bedünkt; – das ist, die Sünde,
Die aller Sünden größte Sünd’ uns gilt,
Nur dass wir, Gott sei Dank, so recht nicht wissen,
Worin sie eigentlich besteht: – da wacht
Mit einmal mein Gewissen auf; und mir
Fällt bei, ich könnte selber wohl vorzeiten
Zu dieser unverzeihlich großen Sünde
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Gelegenheit gegeben haben. – Sagt:
Hat Euch ein Reitknecht
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