Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
also …« Ramiel ließ den Satz unvollendet. Adalbert schien einverstanden zu sein.
»Dieses Sofa sieht vielleicht nicht so aus, aber es ist sehr bequem«, brummte er in meine Richtung. »Ist zwar keine Dauerlösung, aber …«
»Danke«, sagte ich schnell. »Ich will Ihnen wirklich nicht zur Last fallen.«
Er winkte ab. »Du ziehst seit Monaten Engel, Inferni, Erzengel, Dämonen und sogar Luzifer persönlich an … da fallen ein paar Nächte auf meinem Sofa wirklich nicht ins Gewicht.«
Ich grinste verlegen.
»Ruf deinen Vater an und sag ihm Bescheid.«
»Ich werde ihm sagen, dass ich bei Chrissy übernachte«, murmelte ich und kramte nach meinem Telefon.
Adalbert lehnte sich zurück und leerte sein Glas. »Ich hoffe, du schnarchst nicht. Ich habe nämlich einen leichten Schlaf, musst du wissen.«
Nachdem Adalbert am nächsten Morgen sein berühmtes Eier-Schinken-Frühstück für mich zubereitet hatte, machte ich mich auf den Heimweg. Das Sofa war tatsächlich sehr bequem gewesen, trotzdem hatte ich die ganze Nacht über Nathaniel nachgedacht und kein Auge zugetan.
»Du solltest den geweihten Boden nicht verlassen«, murmelte Ramiel, während wir zu meinem Wagen gingen.
»Was schlägst du vor? Soll ich etwa bei Adalbert einziehen?«
»Wäre keine schlechte Idee.« Ramiel suchte mit schmalen Augen die Umgebung ab. Dann schob er mich unsanft in mein Auto.
»Du bist ja fast so schlimm wie Nathaniel«, murrte ich und startete den Wagen.
Während ich nach Hause fuhr, fragte ich mich, wie lange es wohl dauern würde, bis die Höllenwesen mich wieder angriffen.
Bereits auf dem Weg durch den Park zu meinem Haus spürte ich, wie mich Unruhe und Angst überkamen. Einen Augenblick später sah ich sie. Ich machte einen Satz zur Seite, doch sie krochen aus den Büschen hervor und versperrten mir den Weg. Verwesend, humpelnd, flüsternd … ich fühlte ihr Grauen in mir aufsteigen, mein Herz begann zu rasen. Bevor sie mir den letzten Ausweg versperrten, rannte ich drauflos.
Ich wusste, sie würden mich nicht weit kommen lassen. Es waren so viele, wie noch nie … Lazarus war zornig, so viel war sicher.
Ramiels Licht flammte an meiner Seite auf. »Konzentrier dich!«, fauchte er. »Lass dich nicht überwältigen!«
Vor mir schlurften noch mehr Inferni aus den Büschen hervor. Ich prallte zurück und drehte mich in Panik nach allen Seiten. Sie kamen von überall her auf mich zu und schlossen mich ein.
Ich versuchte, meine Gedanken auf Ramiel zu fixieren. Doch die Inferni waren geradezu übermächtig und die zähe Masse der negativen Gefühle ertränkte mich. Ramiel fegte einen nach dem anderen von mir fort, stieß sie zu Boden, doch die anderen stiegen einfach über sie drüber und streckten gierig ihre Arme nach mir aus. Sie saugten meine Energie aus, ließen meinen Körper erstarren und lähmten meinen Verstand. Mein Herz hämmerte so heftig, dass mein ganzer Brustkorb und mein linker Arm schmerzten. Mein Blick schoss gehetzt von einem Inferni zum anderen, während sie sich mir mit ihren grässlichen Fratzen näherten und mich unter Hoffnungslosigkeit und Angst begruben.
Nathaniel! Bitte!
Es war wie ein Reflex. Die verzweifelte Furcht, die nur Inferni auslösen konnten, ließ mich instinktiv nach ihm rufen.
Mein Ruf blieb nicht ungehört.
Im nächsten Augenblick wurden die Biester, die bereits ihre verrotteten Finger in meine Kleidung krallten, von einer dunklen Explosion fortgefegt. Die anderen kreischten und sahen sich nach dem Angreifer um, doch es war bereits zu spät für sie. Noch im selben Augenblick peitschten schwarze Flammen um meinen Körper und ich schrie erschrocken auf. Schützend riss ich meine Arme vor mein Gesicht, doch das Feuer kribbelte nur kühl auf meiner Haut. Die Inferni um mich herum gingen kreischend in den Flammen auf.
Dann war der Park vollkommen still.
Langsam drehte ich mich um. Eine Gestalt stand unter den Bäumen. Gross und dunkel schimmernd, mit machtvollen schwarzen Schwingen und goldenen Augen. Bewegungslos blickte er mich an.
Er sah beängstigend aus. Flieh! – das war mein erster Instinkt bei seinem Anblick. Mein ganzer Körper bebte.
Doch der andere Impuls war stärker. Mit zitternden Beinen machte ich einen Schritt auf ihn zu.
»Victoria, nicht!«, warnte Ramiel mit scharfer Stimme, doch ich setzte wieder einen Fuß vor den anderen.
Er ließ mich näher kommen, ließ mich auf die Wiese unter die Bäume treten, bis ich nur noch wenige Meter von ihm entfernt war.
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