Nathaniel und Victoria, Band 2: Unter höllischem Schutz (German Edition)
unbarmherziges Flüstern. Er fixierte mich mit einem drohenden Blick … und dann war er verschwunden.
ENGEL ODER DÄMON?
»Ramiel!«
Der Engel kniete an meiner Seite, noch bevor ich seinen Namen fertig ausgesprochen hatte. Seine Haut schimmerte und knisterte vor Anspannung und sein makelloses Gesicht war voller Sorge.
Vorsichtig half er mir auf die Beine. Die Funken, die von seinem Körper sprühten und der Glanz seiner weißen Schwingen erhellten die Ruine.
»Hat Lazarus dich angegriffen?« Ramiels Stimme war heiser vor Anspannung. »Hat er dir wehgetan?«
Er packte mich an den Schultern. »Hast du ihm deine Seele …?«
Ich schüttelte den Kopf.
Ein Ruck der Erleichterung ging durch Ramiels Körper. »Oh, Victoria! Hast du deine Meinung geändert? Was ist passiert?«
»Lazarus und ich waren uns einig«, flüsterte ich und lehnte mich zitternd an die Mauer der ehemaligen Kapelle. »Wir wollten den Handel abschließen.«
Ramiel erstarrte.
»Nathaniel ist dazwischengegangen«, flüsterte ich kaum hörbar und blickte in Ramiels erschrockene Augen. »Er hat den Handel verhindert.«
Der Engel starrte mich reglos an, dann breitete sich ein fassungsloser Ausdruck auf seinem Gesicht aus. »Das ist unmöglich!«, murmelte er.
»Ich habe ihn gesehen, Ramiel! Er hat Lazarus beinahe in Stücke gerissen«, hauchte ich atemlos.
Er runzelte ungläubig die Stirn. »Was?«
»Er ist riesig, Ramiel, ich meine wirklich riesig . Seine Schultern sind doppelt so breit wie früher und er besteht nur noch aus Muskeln! Seine Flügel sind schwarz mit goldenen Funken und sein Körper ist übersät von Kampfnarben … aber seine Augen sind dieselben, sie sind goldbraun wie früher, nicht rot wie Lazarus' Augen.«
Ramiel hörte mir mit Fassungslosigkeit und Entsetzen in den Augen zu.
»Wen oder was auch immer du gesehen hast …«, murmelte er schließlich, doch ich ließ ihn nicht aussprechen.
»Er hat mit mir gesprochen! Er war es, Ramiel, ich weiß wie das klingt, aber ich schwöre, er war es!«
»Was hat er gesagt?«
»Er war fuchsteufelswild wegen des Handels.« Meine Stimme klang plötzlich kleinlaut. »Ich glaube, er war noch zorniger auf mich als auf Lazarus. Er hat mich zu Boden gedrückt und …«
»Er hat was?«, fragte Ramiel in scharfem Ton. »Hat er dich verletzt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, er … er hat mich gar nicht berührt.« Plötzlich wurde es mir erst bewusst. Er hatte mich nicht verletzt.
Er hatte mich erschreckt, mich eingeschüchtert und mir Angst gemacht, doch er hatte mir kein Haar gekrümmt. Lazarus hatte seine dunkle Macht ständig eingesetzt, um mir Schmerzen zuzufügen. Nach allem, was ich gesehen hatte, war Nathaniel jetzt mindestens ebenso mächtig wie Lazarus … doch er hatte seine Kräfte nicht gegen mich verwendet. Er hatte mir nicht wehgetan.
»Er hat mir Angst gemacht«, flüsterte ich. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals vor Nathaniel Angst haben könnte.«
»Victoria, das war nicht Nathaniel.«
»Was redest du da? Natürlich war er es!«
»Er ist nicht mehr der, der er früher war.« Ramiels Ton wurde sehr ernst. »Wer weiß, was da der Hölle entstiegen ist.«
Wut stieg in mir auf. »Ich sage dir, was der Hölle entstiegen ist!«, zischte ich. » Mein Schutzengel! Es ist mir egal, was du sagst, ich weiß, was ich gesehen habe!«
»Victoria …«
Ich funkelte ihn trotzig an. »Er war es, Ra!«
Ramiels Blick durchkämmte die Büsche und Sträucher in der Umgebung. »Das meine ich nicht.« Seine Stimme klang plötzlich alarmiert. »Jemand hat deinen Handel mit Lazarus durchkreuzt. Egal, wer es war …«
Ich setzte an, etwas zu erwidern, doch er brachte mich mit einer Geste zum Schweigen.
»Lazarus wird das nicht auf sich sitzen lassen. Du musst hier weg. Sofort!«
Ich blinzelte Ramiel einen Moment lang an. »Du meinst, Lazarus schickt wieder Inferni?«
»Wer weiß, was er diesmal schickt«, murmelte Ramiel.
Ich befand mich allein im Wald, mitten in der Nacht, und es gab Felswände und Schluchten und …
»Gehen wir«, sagte ich schnell und kletterte aus der Ruine. »Ich bin nicht scharf darauf, noch so einen Klippensprung hinzulegen.«
Mit Ramiels Hilfe hetzte ich den Weg zurück zum Auto.
»Wir fahren zu Adalbert!«, sagte er. »Geweihter Boden ist genau das, was wir jetzt brauchen.«
Ich steuerte den Wagen über verlassene Straßen zum Friedhof. Herr Kaster öffnete uns schwungvoll seine Haustür, wobei ein wenig Wein aus dem Glas schwappte, das
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