Nathaniels Seele
Unterleibes an. Ihn so intensiv zu spüren und doch nicht dem Drängen nach hemmungsloser Paarung nachzugeben, war ein allzu köstliches Leid. Nur noch ein wenig. Nur noch ein paar Momente, bevor sie loslassen würde.
„Das ist zu viel.“ Mit einem wütenden Knurren fuhr Nathaniel hoch und warf Josephine auf den Rücken. „Ich will dich ganz.“
Er drückte ihre Schultern in die Felle, nur einen Moment, um sie seine Kraft spüren zu lassen. Dann ließ er sie frei, doch nur, um einen Atemzug später ihre Schenkel zu packen und auseinanderzudrücken.
„Meine Ausdauer wurde über die Jahrzehnte geschult“, sagte er mit wölfischem Lächeln und schob ihre Beine noch weiter auseinander. Sein Blick, gierig wie der eines ausgehungerten Raubtiers, ruhte auf ihrem entblößten Schoß. „Ich will die ganze Nacht in dir sein. Ich will dich nehmen, bis der Morgen graut. Niemand wird uns hier stören. Niemand wird deine Qualen hören, die du am Marterpfahl ertragen musst.“
Josephine kicherte. Sie wollte ihn zu sich hinabziehen, doch Nathaniel kam ihr zuvor. Mit beiden Händen umfasste er ihre Pobacken und hob ihren Unterleib seiner zustoßenden Männlichkeit entgegen. Ein Schrei kam über ihre Lippen. Ohnmächtig vor Lust krallte sie ihre Nägel in seinen Rücken, als er sie mit solch brachialer Unbeherrschtheit nahm, dass es wehtat. Und doch war es genau das, wonach ihr Körper schrie. Wonach sein Körper schrie. Nach Unbeherrschtheit, nach wilder, ungezähmter Vereinigung. Sehnsüchtig bog sie sich ihm entgegen, drängte ihren Unterleib bei jedem Stoß gegen den seinen und küsste ihn so wild, dass das Aroma von Blut auf ihrer Zunge lag. War es das Adrenalin ihrer vergangenen Angst, das ihren Körper so empfindsam machte? War es die Tatsache, dass sie vor der Lüftung eines Geheimnisses stand, das ihr Denken und Fühlen für immer verändern würde?
Josephine war es gleich. Ihre Nägel gruben sich in Nathaniels Hüften, während er wieder und wieder in sie eindrang, mit gnadenlosen Stößen, als wäre sie ein Feind, den es zu besiegen galt. Der Orgasmus überflutete sie mit aller Macht und trug sie fort in eine sanft auslaufende Brandung. Mit einem angespannten Zittern seines Unterleibs und einem letzten, ungezügelten Stoß gab sich auch Nathaniel dem Höhepunkt hin. Seine verschwitzte Stirn sank auf Josephines Brust, Atemstöße streiften die Haut ihres Bauchs.
Sie liebten sich noch mehrere Male. Mal sanft, mal unbeherrscht. Hin und wieder lagen sie still, küssten einander, streichelten sich und sogen den Atem des anderen auf. Mal lag Josephine mit ausgebreiteten Armen und weit gespreizten Beinen in den Fellen, während Nathaniel seine Zunge in ihrem Schoß spielen ließ und ihr Körper sich ihm zuckend entgegenbog.
Ihr Spiel, in dem sie ihre Körper in Altäre der Lust verwandelten, schien sich endlos hinzuziehen, und doch kam der Morgen schneller als jemals zuvor.
Als die Dämmerung durch die Lücke im Eingang schien, bedeckte Josephine seine Lippen mit Küssen. Ein letztes Mal vereinten sie sich, Träge und lasziv, gegenseitig ihren vom Duft der Lust geschwängerten Atem einsaugend. Der Rhythmus ihrer Körper sprach von einer vollkommenen Einheit, doch noch immer war Josephine erfüllt von einer unbeschreiblichen Sehnsucht.
„Danke“, flüsterte Nathaniel und strich über ihr Haar. „Danke, dass du zu mir gekommen bist. Auch wenn ein Teil in mir sich wünscht, du hättest es nicht getan.“
Sie nahm sein Gesicht in beide Hände und bedeutete ihm mit Küssen, was sie fühlte. Als sie schließlich nebeneinander ruhten, nahm er sie in den Arm und wiegte sie behutsam. Lange lag Josephine da, den Kopf auf seine Brust gebettet, beobachtete das Flackern des von außen hereindringenden Feuerscheins und das erwachende Licht des Morgens. Nichts dort draußen berührte sie mehr. Alles, was ihr bisheriges Leben ausgemacht hatte, lag in weiter Ferne. Es gab nur noch ihre Nähe zueinander, den Duft seines Schweißes, das Gefühl seines Körpers. Feuchtes Haar, das auf ihrer Haut klebte, und weiche, bronzene Haut unter ihren Fingern.
Es war Abend geworden, als Josephine erwachte. Unter einer schwarz-rot gemusterten Decke, liegend auf einem Sofa. Ihr Körper schmerzte, so wundervoll, wie er nur nach der vollkommensten Nacht ihres Lebens schmerzen konnte. Müde rieb sie den Schleier von ihren Augen und erblickte Nathaniel.
Er saß ihr gegenüber auf dem grünen Sessel und lächelte. Zufrieden – nein, glücklich.
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