Natur
Umwelt. Je zahlreicher und je unterschiedlicher die einzelnen Elemente sind, umso höher ist der Komplexitätsgrad. Eine Umgebung, die viele unterschiedliche Einzelelemente enthält, ist komplex (Singh et al., 2008).
Eine mittlere Komplexität ist optimal, denn sie überfordert und überwältigt nicht. Ungünstig ist in den meisten Situationen sowohl eine übermäßige Buntheit bzw. Verschiedenheit der Elemente als auch ein Mangel an Vielfalt. Ein Stoppelacker allein ist nicht komplex. Auch wenn man die einzelnen Halme zählen würde und dabei auf eine beachtliche Anzahl von Elementen käme, so fehlt doch die Komplexität, denn die Halme unterscheiden sich nicht voneinander. Die Komplexität erhöht sich jedochspürbar, wenn sich über dem Acker ein Himmel wölbt. Sie nimmt noch weiter zu, wenn am Rand des Stoppelfelds noch weitere andersartige Elemente zu sehen sind (vgl. Abbildung 2-4 ) und der Himmel aus einem blauen Hintergrund mit weißen Wolken darauf besteht.
Abbildung 2-4: Stoppelacker mit Rand und Himmel (eigenes Foto)
Nach dem Modell und den Ergebnissen der Kaplans und deren Mitarbeitern werden Umwelten bevorzugt, die weder zu einfach noch zu komplex sind. Die Natur bietet diese Ausgewogenheit zwischen einem Zuviel und einem Zuwenig, was bei städtischen Umwelten oftmals nicht der Fall ist. Naturlandschaften überfordern nicht wegen einer zu großen Informationsfülle, der gegenüber man sich hilflos fühlt, sie sind aber auch nicht reizarm und monoton, insbesondere wenn man die Ränder einbezieht oder ins Detail geht.
Wie eine Umwelt bewertet und inwieweit sie gegenüber anderen bevorzugt wird, hängt immer von den wahrgenommenen und nicht von den objektiven Umweltmerkmalen ab. Entscheidend ist so auch die wahrgenommene und nicht die in Bits gemessene objektive Komplexität. Was für die eine Person komplex ist, muss es nicht auch für eine andere sein (vgl. Herzog, 1989; Kaplan & Kaplan, 1989). Wenn deshalb von mittleren Komplexitätsgraden als dem ästhetischen Optimum die Rede ist, bezieht sich das auf eine Modalperson.
Ein Beispiel ist die positive Bewertung von Skulpturenparks, die sich mit dem Merkmal der Komplexität erklären lässt: Durch das Hinzufügen heterogener Elemente, nämlich der Skulpturen, wird die Komplexität des Parks angehoben. Es dürfen allerdings nicht zu viele Kunstwerke sein, um ein Übermaß an Komplexität zu vermeiden.
Skulpturen in einer Landschaft wirken zusätzlich noch als Landmarks, was sich positiv auf deren Lesbarkeit auswirkt. Dies schlägt besonders dann zu Buche, wenn die Umgebung unübersichtlich ist und Landmarks dieses Defizit ausgleichen können.
Abbildung 2-5: Skulptur «Kissing Birds» von Menashe Kadishman im Skulpturenpark in Neumünster (mit freundlicher Genehmigung der Gerisch-Stiftung)
Mystery
Das Umweltmerkmal Mystery hat einen erheblichen Einfluss auf die Bewertung einer Landschaft. Zur Veranschaulichung von Mystery wird gern ein Bild mit einem Weg gezeigt, der ins Ungewisse führt; er verschwindet hinter einer Bergkuppe oder wird durch Häuser oder Bäume verdeckt. Wichtig ist, dass sein Verlauf vom Standort des Betrachters nicht zu überblicken ist. Wer sich für den weiteren Verlauf interessiert, muss sich auf den Weg machen. Er muss die Sichthindernisse umgehen oder zu einem Ort gelangen, von dem aus er einen Ausblick hat. Mystery ist die Verheißung, dass es noch mehr zu erfahren gibt, man muss der Sache nur nachgehen (Hunziker, 2006). Eine Mystery besitzende Umgebung macht den Eindruck, reich an Möglichkeiten zu sein und verspricht weitere Information, wenn man sich damit vertiefend befasst (Singh et al., 2008).
Das geheimnisvolle Ungewisse weckt Neugierde. Man möchte wissen, was sich in der Ferne abspielt oder wie es hinter den Bergen aussieht. Naturumwelten sind meistens reich an Mystery, denn Sträucher, Bäume, Hügel und Berge sind nicht nur einzelne Elemente einer Landschaft, sondern auch mehr oder weniger Sichthindernisse, die Ungewissheit und Rätselhaftigkeit erzeugen. Einen Hauch von Mystery liefern Bäume, die kaum verdecken, wie z. B. Birken (vgl. Abbildung 2-7 ).
Mystery entsteht auch durch sich auflösende Konturen in der Ferne. Man kann am Horizont nicht mehr erkennen, wo das Land aufhört und das Meer beginnt (vgl. Abbildung 1-8 .)
Eine andere Situation besteht in einem dunklen dichten Wald, der alles verdeckt, oder durch Nebel. Wenn der Dunst oder Nebel so dicht wird,dass man die Hand vor Augen nicht mehr erkennen
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