Natur
mangelnde Übersichtlichkeit, die Unsicherheitsgefühle auslöst, wird in der Weise reagiert, dass solche Orte gemieden werden, sofern sie sich vermeiden lassen. Dass das Vermeidungsverhalten eine Reaktion auf einen Missstand ist, wird häufig nicht gesehen, so dass aus den Beobachtungen, dass man keine Menschen antrifft, falsche Schlüsse gezogen werden. Dies sei an einem Beispiel erläutert:
Abbildung 2-3: Ausblick (eigenes Foto)
Man beobachtet, dass sich in einem Stadtpark kaum noch Besucher blicken lassen, was durch Zählungen objektiv bestätigt wird. Im Stadtparlament wird daraufhin diskutiert, ob in diesen Park, der kaum genutzt wird, noch investiert werden soll oder ob man die Fläche nicht besser für andere Zwecke nutzen sollte. Die Entscheidung, den Park aufzugeben und das Gelände zu bebauen mit der Begründung, dass der Park nur auf geringes Interesse stößt, wäre jedoch vorschnell, denn es könnte sein, dass die Zahl der Besucher nur deshalb so gering ist, weil sie sich in dem Park nicht sicher fühlen würden. Man sollte deshalb vor einer Entscheidung die Anwohner befragen. Dabei könnte sich heraus stellen, dass Unsicherheitsgefühle das Hemmnis sind. Daraufhin könnte dann der Entschluss gefasst werden, den Park zu erhalten, ihn jedoch so umzugestalten, dass er übersichtlicher und einsehbarer wird und man sich darin nicht gefangen fühlt. Dies könnte dadurch erreicht werden, dass der allzu dichte Baumbestand etwas gelichtet wird und dass zusätzlich weitere Ein- und Ausgänge angelegt werden, so dass der Park von jedem Ort aus rasch verlassen werden kann.
Informationsverarbeitung und Lernprozesse
Um die Naturliebe des Menschen zu erklären, nehmen Kaplan & Kaplan (1989) sowohl angeborene Mechanismen als auch Lernprozesse an. Menschen fühlen sich instinktiv von solchen Umwelten angezogen, die diegünstigsten (Über-) Lebenschancen bieten. Mit der Fähigkeit, sich Informationen zu verschaffen, diese aufzunehmen, zu sammeln, miteinander zu verknüpfen, im Gedächtnis zu speichern und darauf zurück zu greifen, sobald man sie braucht, verbessern sich die Lebenschancen des Menschen weit über das genetisch Vorprogrammierte hinaus. Bevorzugte Landschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie es erleichtern, wichtige Informationen zu erkennen und aufzunehmen, zu verarbeiten und zu verstehen, oder auch dadurch, dass sie dazu motivieren, die Umgebung näher zu erkunden (Singh et al., 2008). Umwelten werden so aus zwei Gründen geschätzt:
• weil sie verstanden werden
• weil sie interessant sind, so dass man mehr darüber erfahren möchte.
Umweltmerkmale, die das Verstehen und Erkunden erleichtern, sind:
• Kohärenz
• Lesbarkeit
• Komplexität
• Mystery 21 .
Kohärente und lesbare Umwelten bewirken, dass eine Umwelt unmittelbar verstanden wird. Komplexe und mysteriöse Umwelten erschließen sich nicht auf Anhieb; hier ist Erkundung erforderlich, um sie zu begreifen. Umwelten gefallen, wenn sie ein sinnvolles Ganzes bilden, wenn sie lesbar sind, wenn sie Vielfalt besitzen und wenn sie etwas Geheimnisvolles an sich haben, was dazu anregt, sich näher mit dieser geheimnisvollen Welt zu beschäftigen.
Kohärenz und Lesbarkeit
Kohärente Landschaften besitzen Ganzheitlichkeit, das heißt die einzelnen Bestandteile fügen sich in einen Zusammenhang ein (Herzog & Leverich, 2003). Typisch für fehlende Kohärenz sind beliebig zusammen gewürfelte unverbundene Einzelspots 22 . Ausgewogene und symmetrische Umgebungen sind demgegenüber kohärent (Singh et al., 2008).
Lesbarkeit kennzeichnet eine Umwelt, die eine Struktur besitzt, die sich leicht mental abbilden und merken lässt. In einer lesbaren Umwelt macht es keine Mühe, sich räumlich zu orientieren (Herzog & Leverich, 2003). Die Lesbarkeit von Umgebungen wird erhöht, wenn diese gut überblickbar sind und wenn sie Landmarks enthalten.
Ausblicke und Landmarks tragen, wie Herzog & Kropscott (2004) festgestellt haben, unabhängig voneinander zur Lesbarkeit bei. Je einfacher es fällt, sich z. B. in einer waldigen Gegend zu orientieren, um so positiver wird der Wald bewertet. Mangelt es an Übersichtlichkeit und lässt sich diese nicht herstellen, bieten sich umso mehr Landmarks als Mittel der Orientierung an.
Komplexität
Welche Umwelten und Landschaften im Einzelnen bevorzugt werden, hängt außerdem auch noch von ihrer Komplexität ab. Formal definiert ist Komplexität die Anzahl heterogener Teilelemente einer Landschaft oder
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