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Natur

Natur

Titel: Natur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Flade
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Naturumwelten erholsam sind, denn es gibt auch eine belastende und lebensfeindliche Natur (vgl. Kapitel 2.3 ).
    Dass grüne Natur zu einer schnelleren Stressbewältigung beiträgt, ist ein empirisch hinreichend gesichertes Ergebnis. Dies soll anhand einiger Untersuchungsergebnisse veranschaulicht werden.
    Regeneration und Abbau von Stress
    Stress entsteht beim Erkennen, dass eine Situation überfordernd und bedrohlich ist, und bei der Einschätzung, dass man nicht oder kaum in der Lage ist, darauf effektiv zu reagieren. Stress bezeichnet also nicht nur einenZustand, sondern auch den Prozess, bei dem ein Individuum kognitiv, physiologisch und durch sein Verhalten auf eine Situation reagiert, die sein Wohlbefinden bedroht (Ulrich et al., 1991).
    Erholung ist der Prozess, bei dem die physiologischen Funktionen, die kognitive Aufnahmefähigkeit, das Wohlbefinden und die soziale Kompetenz wieder erlangt werden (Hartig, 2007). Natur wirkt sich hierbei positiv auf das Wohlbefinden aus, trägt zu einem rascheren Stressabbau und dem Wiederkehren der Kräfte nach Ermüdung und Erschöpfung bei und beschleunigt Heilungsprozesse.
    Eine beliebte Versuchsanordnung, um Stresswirkungen und Erholungsprozesse zu erforschen, ist das Vorher-Nachher-Design. Die typische Versuchsanordnung sieht so aus, dass Gruppen verglichen werden, die sich nur dadurch unterscheiden, dass ihnen eine unterschiedliche Behandlung (Treatment) zu teil wird, nachdem allen z. B. ein Stress erzeugender Film gezeigt wurde. Nach dem Zufallsprinzip werden Gruppen gebildet, die einem unterschiedlichen Treatment ausgesetzt werden. Der einen Gruppe werden z. B. Bilder mit Naturlandschaften, einer Vergleichsgruppe Bilder mit städtischen Szenen ohne Natur gezeigt. Lässt sich ein Unterschied zwischen den Gruppen in der Schnelligkeit des Stressabbaus und der Wiederherstellung von Fitness feststellen, gilt das als Hinweis, dass das Betrachten von Naturlandschaften einen Einfluss darauf hat, wie schnell nach einer Stressphase wieder der Normalzustand erreicht wird. Der Untersuchungsplan von Ulrich und Mitarbeitern (1991) war nach diesem Muster angelegt.
    Ebenso ist auch Ziesenitz (2010) vorgegangen. Hier wurde den Versuchspersonen eine sowohl kognitiv als auch emotional belastende Aufgabe vorgelegt, die eine hohe Konzentration erforderte. Die emotionale Belastung wurde durch Zeitdruck und die Anwesenheit der Versuchsleiterin erzeugt. Das Treatment bestand aus einem Spaziergang in einem wirklichen Stadtpark oder einem simulierten Spaziergang auf einem Laufband im Forschungslabor, wobei entweder ein Videofilm mit Stadtparkszenen oder ein computergenerierter Stadtpark zu sehen waren. Die Kontrollgruppe ging auf dem Laufband spazieren, ohne einen Film oder Computerbilder zu sehen. Die computergenerierte Simulation ist im Vergleich zur Videoversion weniger fotorealistisch, das heißt noch künstlicher. Der Effekt der Bewegung wurde in den Natursimulationen durch das Laufen auf dem Laufband kontrolliert. Die Beanspruchung bzw. Erholung wurde auf kognitiver, emotionaler und physiologischer Ebene gemessen. Insgesamt zeigten die Ergebnisse, dass die Wanderungen auf dem Laufband mit derWahrnehmung simulierter Natur eine ähnliche Erholungswirkung haben wie der Spaziergang in der wirklichen Natur. Das Ergebnis ist überraschend, aber es bedeutet auch, dass die im Labor gewonnenen Ergebnisse mit Versuchspersonen und Naturbildern gültige Ergebnisse liefern. Und es bedeutet noch mehr: Auch die Andeutung von Natur bzw. eine «Geste der Natürlichkeit» (Böhme, 1992) entfaltet bereits eine Wirkung.
    In der Untersuchung von Nisbet et al. (2009) erwies sich der Erholeffekt von wirklicher Natur indessen noch um einiges stärker als derjenige von simulierter Natur. Wenn man also in Laboruntersuchungen, in denen die Natur in Form von Bildern präsentiert wird, einen Effekt feststellt, dann gilt dies erst recht für reale Naturumwelten.
    In der wirklichen Welt reicht sogar schon ein Blick aus dem Fenster auf Bäume und Grün, um den Prozess der Regeneration zu beschleunigen. Man muss also noch nicht einmal ringsum von Natur umgeben sein. Ulrich (1984) hat das herausgefunden, indem er die Krankenberichte von Patienten, die eine Operation hinter sich hatten, ausgewertet hat. Er verglich dabei zwei Gruppen, die so gebildet wurden, dass jeweils zwei Patienten einander zugeordnet wurden, deren Krankengeschichte ähnlich war. Insgesamt 23 Paare waren einbezogen. Jeweils einer von den beiden

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