Naturgeschichte(n)
Blaugrün-Bakterien aber arbeiteten und arbeiteten. Die Erde » verrostete«, weil sich die Metalle, wie das Eisen und das Kalzium, mit dem Sauerstoff verbanden. Nach gut einer Milliarde Jahre gab es in der Lufthülle der Erde erheblich mehr Sauerstoff als heute. Dieser Zustand dauerte an bis in das Zeitalter der Kohlebildung, weil inzwischen die winzigen Blaugrün-Bakterien zu Helfern in den Pflanzenzellen geworden waren, zu den sogenannten Blattgrün-Körnchen (Chloroplasten). Das Treiben der Blaugrün-Bakterien war und ist nämlich nichts anderes als die Fotosynthese.
Mit diesem chemischen Vorgang, den das Licht der Sonne antreibt, werden aus dem gegenwärtig so verteufelten Kohlendioxid CO 2 und Wasser durch das Blattgrün (Chlorophyll) Zucker und Sauerstoff gebildet. Aus diesen beiden Stoffen gewinnen nun Tiere und zahlreiche andere Lebewesen ihre Energie. Vielleicht eine ganze Milliarde Jahre lang war der Sauerstoff also Müll. Erst dann bildeten sich Lebewesen, die ihn zu nutzen verstanden, ohne dass sie sich dadurch innerlich verbrannten. Wir alle gehören zu diesen Abfallverwertern der Blaugrün-Bakterien. Uns gibt der Sauerstoff das Feuer des Lebens.
Der größte existierende Abfallhaufen ist übrigens zugleich ein Gebilde, in dem das Leben im Meer geradezu phantastisch gedeiht, nämlich das Great Barrier Reef, das Große Barriere-Riff, vor der Nordostküste Australiens. Anders als die Chinesische Mauer oder andere Bauwerke des Menschen ist es auch von der Raumstation aus zu sehen, hoch über der Erde im Weltraum. Korallentiere und andere Meerestiere haben es mit ihren Kalkabscheidungen gebaut. Sie gedeihen auf ihrem eigenen Müll.
Und auch Humus ist Müll. Die Exkremente der Regenwürmer nehmen darin einen wesentlichen Teil ein. Aus unserer Sicht, die wir vom Ertrag der Böden leben, ist das natürlich kein Müll, sondern gute Erde. Ansichtssache eben.
So ganz aus der Art des Lebens schlägt der Mensch also nicht. Verbesserungsfähig ist unser Umgang mit dem selbst erzeugten Müll dennoch allemal. Soweit sich dieser durch Lebewesen abbauen und wiederverwerten lässt, stellt er kein grundsätzliches Problem wie der Atommüll dar. Für diesen gäbe es eine ganz andere Möglichkeit der Entsorgung als die bisher angedachten oder praktizierten. Nicht gelagert sollte er werden für alle Zeiten, sondern eingeschmolzen ins flüssige Magma. Es gibt rund um den Pazifik ausgedehnte Stellen in Tiefseegräben, in denen Erdkruste » verschlungen« und wieder eingeschmolzen wird. Unter den Kontinentalblöcken verschwindet die Masse. Selbst wenn sie in Millionen von Jahren in der Zukunft wieder in Form von Lava bei einem Vulkanausbruch an anderer Stelle emporkommen sollte, wäre die Radioaktivität abgeklungen und zur natürlichen Hintergrundstrahlung geworden.
Bei radioaktivem Müll geht es um die sichere Langzeitentsorgung. Eine » Endlagerung« in unterirdischen Salzstöcken oder tiefen Bergwerksstollen bleibt ein Zwischenlager. Kohle und Erdöl lehren uns, was Langzeitmüll ist und wie die Kräfte der Natur damit umgingen.
Das Blesshuhn
und der Höckerschwan
Warum stimmt nicht,
dass der Stärkere gewinnt?
Was bedeutet nun die Entwicklung der Ökologie? Können wir uns auf die Stabilität des Naturhaushalts verlassen? Und stimmt es, dass der Stärkere gewinnt und Charles Darwin mit diesem von Herbert Spencer übernommenen Konzept das Geschehen in der lebendigen Natur richtig einschätzte?
Tja, Darwin … Mit ihm und der Evolution wird die größte Schwachstelle der Ökologie bloßgelegt, die nicht einmal Ernst Haeckel erkannte, obwohl er der beste Streiter für Darwin auf dem europäischen Festland war. Evolution ist Veränderung. In einer stabilen, unveränderlichen Welt könnte sie nicht stattfinden. Evolution fand statt und sie läuft weiter. Weil nichts dauerhaft stabil bleibt.
Haeckels Haus der Natur müsste offen nach allen Seiten gedacht werden. Ein Haus ohne begrenzende Wände, ohne fest gefügte Stockwerke, ohne schützendes Dach und ohne Hausmeister. Offen eben wie die Natur in ihrem Werden und Vergehen, in ihrer Dynamik und Unvorhersagbarkeit. Die Natur gleicht einer Bühne, auf der sich das Spiel des Lebens, die Evolution, im Fluss der Zeit entwickelt. Es gibt darin keinen richtigen Zustand, keine Soll-Werte und kein Ziel, wie es weitergehen soll. Das ergibt sich aus der Wechselwirkung der Beteiligten in immer neuen Kräfteverhältnissen, aus dem Werden von neuen Arten und dem Aussterben der
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