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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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Seeschwärmers wurden unkoordinierter, und seine Kiemen schlugen heftig.
    »Da kommt etwas«, sagte Lurdèa dicht an Erenwins Ohr. »Etwas ist erwacht und bringt die See zum Beben.«
    Dröhnende Wellen schlugen über ihnen zusammen, spülten über sie hinweg. Dullo versuchte den Kurs zu halten, aber er wurde immer wieder abgetrieben und kämpfte sich mühsam weiter. Sein Zirpen wurde dünner, allmählich erlahmten seine Kräfte.
    »Wir sind verloren«, stellte Lurdèa seltsam sachlich fest. »Wir haben uns unserer Bestimmung entzogen, und nun erhalten wir die Strafe.«
    Erenwin rang nach Atem. »Rede … nicht … so … einen … Unsinn …«, stieß er keuchend hervor. Der Schmerz in seinem Inneren war unerträglich, und er fing an zu würgen. Die Schwarze Perle musste aus ihm heraus, sonst brachte sie ihn noch um. Doch sie saugte sich hartnäckig in ihm fest und bewegte sich nicht, während er immer weiter würgte.
    »Was ist mit dir?«, rief Lurdèa. »Eri!«
    Er konnte sie kaum hören. Die Stimme brüllte in seinem Kopf, alles krampfte sich in ihm zusammen. »D-der Sturm …«, presste er mühsam hervor. »Nicht unsere … Schuld … jemand anders …«
    »Aber wer? Und warum?«
    »Gefüge … im Schwanken …«
    »Wir müssen zurück, Bruder! Wir müssen Janwe zum Frieden zwingen, und …«
    »Der Sp-sp-sp…« Vollkommen entkräftet sank er vornüber, klammerte sich verkrampft an seinem Fisch fest.
    Sie waren den Gewalten hilflos ausgeliefert. Was auch immer tief am Meeresgrund erwacht war, bewegte sich nun nach oben. Schlug weitere Wellen, beschwor den nächsten Sturm herauf. Aber das war es nicht allein. Erenwin hatte das Gefühl, als würde sich auch über ihnen ein Sturm zusammenbrauen, der Himmel wurde dunkler, das Licht fahler. Zwei Mächte prallten aufeinander.
    Nichts konnte diesem magischen Wüten entgehen. Erenwin sah Fische, Mollusken, Quallen und viele andere Seewesen, die hilflos durch das trübe Wasser gewirbelt wurden, selbst große Haie. Bisher hielt Dullo sich tapfer, doch dann gerieten sie selbst in einen Wirbel, als sie einen Bruch überquerten. Bevor sie recht wussten, wie ihnen geschah, wurden sie von einem aus der Tiefe heraufströmenden Strudel erfasst. Der Seeschwärmer zirpte jämmerlich und unternahm heftige Anstrengungen, dem Sog zu entkommen, doch dies überstieg seine Kräfte. In einem rasenden Kreisel wurden sie umhergeschleudert und überschlugen sich dabei mehrfach. Erenwin und Lurdèa hielten sich krampfhaft fest, während es in halsbrecherischer Geschwindigkeit nach oben ging, und dann … waren sie plötzlich draußen.
    Der Strudel schleuderte sie aus dem Wasser, spie sie voller Wut aus, und sie flogen in hohem Bogen darüber hinweg, sich weiter überschlagend. Die Welt drehte sich um Erenwin, bis er vollkommen die Orientierung verlor hatte und nicht mehr unterscheiden konnte, wo Oben und Unten war. Er sah verzerrte Bilder und Abrisse von Himmel, Wolken und stürmischem Meer; sah weit entfernt Wale emporspringen, und andere Wesen, die er noch nie erblickt hatte. Sie alle flohen aus dem Wasser, das zu ihrem Feind geworden war.
    Aber keiner konnte ihm entkommen. Auch Dullos Kopf neigte sich nach unten, und noch bevor Erenwin sich umstellen und einen Atemzug aus Lungen nehmen musste, tauchten sie schon wieder ein ins Wasser, und es ging unglaublich schnell wieder hinunter in die Tiefe. Sie waren hinter dem Strudel hinabgesunken, das Meer war hier ruhiger, und Dullo breitete die Schwingen aus und begann heftig zu schlagen. In mächtigen Schwüngen sauste er immer tiefer, wo es keine Wellen mehr gab, und dann nahm er Kurs auf Darystis, so schnell er konnte, zirpend und voller Furcht. Er wollte nur noch weiter, sich in den Schutz seiner Gründe flüchten, fort von dem Grauen.
    Erenwin konnte ihn nicht steuern, sich nur weiterhin festklammern und gegen alle Widerstände ankämpfen.
    Sie hatten die Grenze von Darystis bereits passiert, als er bemerkte, dass Lurdèa nicht mehr da war.

    Mit aller Gewalt gelang es Erenwin endlich, den Seeschwärmer zum Halten zu bringen. Das Meer hatte sich beruhigt, als wäre nichts geschehen. Mittlicht war bereits fast vorbei, und der nächste Dunkeldämmer erwartete ihn. Noch immer würgte es den Prinzen, doch das Toben in seinem Inneren klang langsam ab. Keine außergewöhnliche Bewegung war mehr zu spüren. Nichts hielt sich in der Nähe auf. Es gab nur noch ihn und Dullo.
    »Luri«, flüsterte er. »Bei allen Tanghexen, wo bist du?« Er lenkte

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