Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
Vom Netzwerk:
tröstend zu lächeln.
    Erenwin fühlte in sich nur noch Dunkelheit und Leere, der Fluch zeigte bereits Wirkung. Ragdur hatte ihm alles entrissen, selbst das letzte verbliebene Schimmern seiner Haut zwischen all den schwarzen Flecken war ausgelöscht.
    An der Grenze sah er Geror mit Dullo, seinem treuen Seeschwärmer. Ich passe auf ihn auf , signalisierte der Oberste Jäger mit Gesten. Er wird bis zu deiner Rückkehr auf dich warten.
    Das brachte Erenwin erneut an den Rand seiner Beherrschung. Wie sollte er ertragen können, dass noch jemand an ihn glaubte? Er konnte Lurdèa den Weg nach Hause nur noch ermöglichen, sie aber nicht begleiten, nie wieder. Ragdurs Fluch galt über ihre Befreiung hinaus, nur er könnte ihn jemals zurücknehmen. Aber das würde er nie tun. Er vergab niemals.
    Erenwin schickte ein letztes trauriges, endgültiges Lebewohl zu Geror und Dullo und wandte sich dann der Grenze zu. Sobald er sie überquert hatte gab es kein Zurück mehr, dann galt er als tabu und würde bei neuerlicher Übertretung getötet werden. Doch es gab nichts, was ihn noch halten könnte, was er noch zu sagen oder erledigen hätte.
    Überrascht sah er dann die Hellseherin seiner Mutter und Lurion auf sich zukommen!
    Die Wache wollte sich zuerst in den Weg stellen, doch ein Wink des Erbprinzen genügte, und sie wichen betreten beiseite.
    Lurions Mienenspiel zeigte den Zwiespalt, in dem er steckte. Er hatte nie etwas für den jüngeren Bruder übrig gehabt, also warum war er hier?
    »Aus zwei Gründen«, antwortete er auf Erenwins unausgesprochene Frage. »Erstens, wegen Lurdèa. Sie hat dieses Schicksal nicht verdient, und ich hoffe, du findest sie und bringst sie uns zurück. Sie ist eine Nauraka, eine hochedle Fürstin, sie gehört hierher an den Hof, unter ihresgleichen.«
    Erenwin schluckte.
    Lurion fuhr fort: »Zweitens halte ich Ragdurs Entscheidung für einen schweren Fehler. Dein Fluch wird die Position unserer Familie schwächen. Es hätte in der Familie bleiben und niemals hinausgetragen werden dürfen. Alle werden das für ein Zeichen von Schwäche halten, dass der Hochfürst sich nicht mehr in der Gewalt hat und Fehlentscheidungen trifft. Wenn ein kleiner Sippenanführer seinen Sohn verstößt, ist das eine Sache. Aber der Hochfürst? Ich sage dir, seine Tage sind gezählt. Und insofern bin ich dir wohl noch zu Dank verpflichtet.«
    »Und ich bin fort, für immer«, sagte Erenwin leise.
    »Ja, Bruder, und ich sollte erfreut darüber sein – doch ich bin es nicht. In der Tiefe meines Herzens habe ich immer gewusst, dass du mir den Thron nie streitig machen würdest. Ich wollte dich aus dem Weg haben, aber nicht so. Das hast selbst du nicht verdient. Und lass dir gesagt sein, ich nehme deine Warnung ernst.«
    »Wie kommt es zu dieser Sinneswandlung?«
    »Seit Luri mir den Korb schenkte, hat sich viel verändert. Ich habe lange darüber nachgedacht. Und ich glaube, dass Vater mir nur deswegen alles durchgehen ließ, damit er meine Konkurrenz nicht fürchten musste. Aber das ist vorbei.« Lurion lächelte finster. »Der Thron gehört mir. Ich werde meine Vorteile aus dem Krieg gegen Janwe ziehen. Was Janwe kann, kann ich auch. Und ich habe den Vorteil, dass ich der Erbprinz bin und einen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron besitze.« Er hob die Hand, um das Gespräch zu beenden. »Wie dem auch sei, das braucht dich nicht mehr zu kümmern, du beschreitest nun einen anderen Weg.« Er hielt Erenwin eine Schwertscheide mit gekreuzten Bändern hin, die zur Befestigung auf dem Rücken dienten. Ein langes Schwert mit fein gehämmertem Griff steckte darin.
    Erenwin nahm das Geschenk verblüfft entgegen. »Lurion, ich weiß nicht …«
    »Es ist ein gutes Schwert«, unterbrach sein Bruder. »Ich habe es bisher selbst getragen. Du musst noch ein bisschen mehr Muskeln ansetzen, um das Gewicht richtig ausgleichen zu können, doch du wirst es an Land benutzen können. Es soll dir bei deiner Suche behilflich sein.«
    »Danke …«
    »Leb wohl, Bruder. Ich schätze, wir werden uns nie wiedersehen. Alles Gute auf deinem Weg.« Lurion drehte ab und schwamm davon.
    Die Hellseherin aber blieb. »Erenwin, da ist noch etwas, das du wissen musst«, sagte sie ernst. »Du trägst einen weiteren Fluch, und zwar tief in dir. Eine Finsternis, die ich nicht zu ergründen vermag, doch sie ist eng an Lurdèas Schicksal gebunden. Dir bleibt nicht mehr viel Zeit. Findest du deine Schwester nicht rechtzeitig, wirst du die Verwandlung nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher