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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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dachte der Prinz. Spielzeug sind wir beide, ohne Einfluss auf unser Schicksal nehmen zu können. Wir sind dafür geboren worden, auf dem Strategiefeld hin- und hergeschoben zu werden. Das ist weder gerecht, noch wird es je zum Gleichgewicht führen. Und es kann nicht der Sinn unseres Lebens sein, wenn wir nur dafür bestimmt sind …
    Hass ballte sich in seinem Magen zu einem finsteren Klumpen zusammen, und das Flüstern in ihm drängte ihn, etwas zu unternehmen. Doch noch immer wusste er nicht, was die Schwarze Perle von ihm wollte. Er bezweifelte, dass er es je herausfinden würde. Schließlich war er nur der Träger, der das Artefakt zum Alten Feind bringen sollte, auf die eine oder andere Weise. Wie sollte er es verhindern, wenn nicht einmal sein Onkel dem Namenlosen entkommen konnte?
    Wer mag es nur sein, der unser Volk schon so lange quält? Warum tut er das?
    Vermutlich lag die Lösung des Konflikts darin, dass er genau das herausfinden musste. Nur so konnte er einen Angriffspunkt bei dem Namenlosen finden, nur so konnten sie ihm endlich ein Gesicht geben und ihm begegnen. Widerstand leisten.
    Die Weite See erstreckte sich rings um sie, Darystis war nicht mehr fern. Frühlicht brach an, und Erenwin konnte endlich wieder besser sehen, wenn auch nach wie vor durch einen grauen Schleier. Doch es genügte, um sich zurechtzufinden.
    »Wie haben es bald geschafft«, richtete er die ersten Worte seit ihrer Flucht zu zweit an seine Schwester.
    »Ich denke auch nicht, dass sie uns noch einholen können«, sagte sie.
    Da rollte plötzlich eine Welle hinter ihnen heran, die sie zunächst nur als kleine Erschütterung wahrnahmen, sich jedoch rasch aufbaute zu einer gewaltigen Woge. Dullo schwankte leicht und musste sich anstrengen, das Gleichgewicht zu halten. Er zog die Schwingen leicht ein und ging ins Gleiten über, was die Geschwindigkeit deutlich verringerte, aber nun ritt er auf der Welle entlang und ließ sich von ihr tragen.
    Doch die Woge hinter ihnen kam näher und baute sich immer weiter auf, anstatt sich zu verlaufen.
    »Was ist das?«, fragte Lurdèa erstaunt. »Dort oben ist doch kein Sturm … und ein Vulkan ist auch nicht ausgebrochen … oder?«
    »Ich weiß, was es ist«, stieß Erenwin mit zusammengebissenen Zähnen hervor. Ein Zittern durchlief seinen Körper.
    »Sag schon«, drängte seine Schwester besorgt.
    »Onkel Turéor … ist tot.«
    »Was? Aber … wie kann das solche Auswirkungen haben?«
    »Lausche in dein Inneres, Luri, du weißt es doch auch. Ich glaube, wir alle können spüren, dass der letzte große König von uns gegangen ist, und dass von nun an die See nie mehr so sein wird, wie sie einst war. Wir alle haben ihn unser Leben lang verkannt und nie ernst genommen, dabei hat er immer nur die Wahrheit gesprochen. Jetzt wissen wir es.«
    Lurdèa schwieg, und bald darauf hörte Erenwin sie leise schluchzen. »Du hast recht«, wisperte sie. »Ich kann es spüren …«
    Es war ein nicht greifbarer Schmerz des Verlustes. Etwas, das immer da gewesen war, war nun verschwunden, hatte sich verflüchtigt, für immer. Eine große Lücke blieb zurück, die nicht mehr gefüllt werden konnte. Erenwin war, als hätte er plötzlich ein Loch in seinem Herzen. »Verdammt!«, schrie er auf. »Dafür wirst du büßen, Janwe!«
    »Aber vielleicht hat Turéor  ihn …«
    »Nein, ich bin sicher, er lebt noch. Er hat sich wieder herausgewunden wie ein Aal, und jetzt wird er sich auf den Angriff auf Darystis vorbereiten …«
    Auch der Seeschwärmer schien Turéors Tod spüren zu können, denn er zirpte klagend, und seine Flecken verloren ihre Leuchtkraft. Die riesige Woge rauschte über sie hinweg und riss sie mit sich, und dann begann der Sturm.

    »Festhalten!«, schrie Erenwin, als Woge um Woge über und unter ihnen vorbeirollte. Dullo zirpte lauter und kämpfte gegen die Strömungen an.
    »Was ist das nur?«, erklang Lurdèas panische Stimme durch den Sturm. »Das kann doch unmöglich die Auswirkung von Onkel Turéors Tod sein!«
    Erenwin konnte nicht antworten, er bekam kaum mehr Luft. Die Perle in ihm schien zu wachsen, pochte wie ein zweites Herz, pumpte und schlug. Das Flüstern in ihm wuchs an zu schrillen, fordernden Lauten, die seinen Geist bald vollständig ausfüllten.
    In weiter Ferne regte sich etwas, der Boden unter ihnen erzitterte, und Risse und Spalten bildeten sich. Sand wirbelte auf, hüllte sie ein und verstopfte die Kiemenspalten. Die Nauraka keuchten und husteten, auch die Bewegungen des

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