Nauraka - Volk der Tiefe
seid!«
Daraufhin blieb Janwe nur noch eines, sonst würde er noch das Gesicht vor seinen Leuten verlieren. »Zum Angriff!«
»Hundert gegen zwei«, bemerkte Jemuma.
»Zuzüglich der zwei Seeschwärmer, von denen normalerweise jeder für sich für hundert zählt.« Turéor vollzog eine bestimmte Geste und pfiff dazu.
Augenblicklich erhoben sich die zwei Riesenfische und rasten den angreifenden Soldaten entgegen. Die ersten konnten nicht mehr ausweichen, sie wurden mit wenigen Bissen in Stücke gerissen und färbten das sich gerade aufhellende Wasser dunkel. Fleischfetzen, Köpfe und Knochen trieben in alle Richtungen davon. Die restlichen Angreifer verteilten sich augenblicklich und schwärmten auseinander. Sie konnten sich nicht auf Turéor konzentrieren und mussten sich zuerst den Seeschwärmern stellen.
Damit war die erste Hundertschaft beschäftigt, doch die nächste rückte bereits an. Janwe hatte gelogen, wie zumeist, sich noch einen Trumpf in der Hinterhand behalten, den er notgedrungen jetzt schon einsetzen musste.
»Ich sagte doch, er begeht nicht noch einmal den Fehler, uns zu unterschätzen«, knurrte Turéor und machte sich bereit.
Während die beiden Seeschwärmer wie ein verheerender Sturm durch die erste Hundertschaft pflügten und einen Soldaten nach dem anderen zerfetzten, galt die zweite Angriffswelle Turéor und Jemuma.
»So«, sagte der alte Darystis zu seiner Gefährtin. »Jetzt setze ich meine Geheimwaffe ein, die ich mir vom letzten Mal gemerkt habe.«
»Da bin ich aber mal gespannt, was das sein mag.«
»Ein Lebewesen besonderer Art.«
»Und wie willst du ihm befehlen?«
»Es ist nicht anders als bei den Seeschwärmern. In mir ruht immer noch die alte Macht und Stärke, Jemuma, wie in euch allen, ihr habt es nur vergessen. Einst haben wir die ganze See beherrscht und Zwiesprache mit dem Drachen gehalten. Ein wenig davon habe ich mir bewahrt.«
»Dann beeil dich besser, sie sind fast da …«
»Und du wirst dich auch gleich beeilen, meine Liebe. Wir nehmen schnurstracks Kurs auf Janwe und versuchen, ihn zu töten. Das ist unser Ziel, alles andere kümmert uns nicht.«
»Zu Befehl.« Sie grinste in mit blitzenden Augen an. Beide hatten sie nichts mehr zu verlieren. »Die Rache gebührt uns, und dafür bin ich dankbar.«
Turéor tauchte zu dem aufgerissenen Bauch des Schiffes. Jemuma sah, dass er einen merkwürdigen Tanz aufführte, der irritierende Wellen schlug, und einen schief klingenden Singsang von sich gab. Dann schoss der alte Nauraka plötzlich zu ihr hoch, das Schwert vor sich gereckt, und wedelte hektisch mit dem freien Arm. »Weg hier, schnell, schnell, auf das weitere habe ich jetzt keinen Einfluss mehr!«
Die vordersten Soldaten bremsten verdutzt ab, als sie die beiden alten Nauraka direkt auf sich zukommen sahen, doch bevor sie entsprechend reagieren konnten, bekamen sie anderes zu tun.
Das Innere des Schiffes explodierte plötzlich zu vielarmigem Leben, das zuerst aus allen Löchern und Ritzen schlug, bevor sich ein monströses Wesen aus dem großen Loch presste und quetschte und sich dann auseinanderfaltete.
Die Soldaten stießen überraschte Schreie aus und drängten sich zusammen, unsicher, was sie tun sollten. »Ein Riesenkrakaun!«
»Gut erkannt!«, rief Turéor. »Und er ist sehr gereizt, weil seine Ruhe gestört wurde!«
Die vordersten Soldaten machten kehrt und flohen, während die anderen nachdrängten, die noch nicht begriffen hatten, was hier vor sich ging. Turéor und Jemuma kämpften sich durch dieses heillose Durcheinander und Gedränge, während die Panik immer stärkere Wellen schlug. Die Ausdünstungen der Furcht versetzten die Seeschwärmer erst recht in Blutrausch und den Krakaun in Raserei. Er war ein Wesen aus der Urzeit der Welt, der Ahne aller anderen im Vergleich zu ihm eher harmlosen Kraken; eine riesenhafte, pechschwarze Kugel mit unzähligen, verschieden langen, wirbelnden Tentakeln überall am Körper und einem zähnestarrenden Maul im Zentrum, mit vier glutroten, handtellergroßen Augen darüber. Er war doppelt so groß wie beide Seeschwärmer zusammen und fiel mit furchtbarer Gewalt über Janwes Soldaten her.
Turéor und Jemuma schwammen durch ein Blutbad, und ihre Kiemen klapperten heftig vor Ekel über den furchtbaren Geschmack. Doch sie waren zu allem entschlossen und ließen sich nicht mehr aufhalten.
Janwe brüllte weiterhin Befehle, doch er musste selbst zusehen, dass er außerhalb der Gefahr blieb. Er hatte keinerlei
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