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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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zumachte.
    Als er merkte, dass sein Gast überleben würde, stopfte er sich eine Pfeife mit einer besonderen Auswahl an Rauschkräutern, kauerte sich in die Nähe des Lagers im Schneidersitz und paffte drauflos. Da er gestern nichts mehr gegessen hatte, taten die Kräuter bald ihre Wirkung, und er fühlte, wie sich sein Geist benebelte, die zielgerichteten Gedanken sich jedoch zusehends verschärften. Das war die angemessene Weise, um einem so unerhörten Ereignis gebührende Aufmerksamkeit zu schenken.
    Draußen ging gerade die Sonne auf und schickte ein paar schräge Strahlen in die Riedhütte, die ihre Schäbigkeit nur noch deutlicher aufzeigten. Es gab nur diesen einen Raum, in dem man nicht einmal aufrecht stehen konnte, eine Kochstelle mit Abzug, ein Lager, auf dem der Gestrandete lag, eine Truhe, ein Regal auf dem verschiedene Heilmittel standen und Werkzeug. Eine zweite Person konnte gerade so Platz finden, wenn sie ihr Lager direkt an der niedrigen Wand aufschlug. Aber Laoren genügte der Platz, er lebte sowieso schon seit Jahrzehnten allein und galt allgemein als wunderlicher Eremit. Niemand wusste, was genau er hier draußen tat und warum, und dabei sollte es ruhig auch bleiben.
    Er zuckte kurz zusammen, als der junge Mann schließlich die Augen aufschlug. Sie waren völlig schwarz, ohne jegliches Weiß oder Abstufung, und ein unheilvoller Glanz ging von ihnen aus; Laoren hatte den Eindruck, als liefen Schlieren darüber. Diese Augen verhießen nichts Gutes, ihnen haftete etwas an, das selbst für ein außergewöhnliches Wesen wie diesen Meerling nicht normal sein konnte.
    Eine Weile blieb der Gestrandete liegen, ohne sich zu rühren, nur seine Augen irrten durch den Raum und blieben schließlich an Laoren hängen. Ein fragender Ausdruck erschien auf dem edlen Gesicht, das durch diese Augen jedoch derart entstellt wurde, dass man freiwillig kein zweites Mal hinblickte.
    »Kannst du mich verstehen?«, begann Laoren das Verhör, während er weiter rauchte und die Hütte mit süßlichen Dunstschwaden füllte, die den Gestrandeten fügsam machen sollten.
    Der junge Mann nickte langsam. »Wo …«, begann er mit leiser, rauer Stimme. Die Betonung klang seltsam, doch sie verstanden einander, das war schon eine Erleichterung.
    »An Land, mein Junge. Hattest du das beabsichtigt?«
    »Ja … aber es ist schwer, so schwer …«
    »Mhm. Du musst lernen, dein Gewicht zu tragen. Ich werde dir dabei helfen.«
    »Was ist … mit mir …« Der Meerling griff sich an den Kopf. Dann stutzte er und starrte seine Hände an, die er soeben mühelos bewegt hatte. Er fing schon an zu lernen, das war gut, und ganz nutzlos waren seine Muskeln nicht.
    »Du warst über alle Maßen erschöpft und zudem der brennenden Sonne ausgesetzt. Du hast einen Hitzschlag erlitten. Aber es ist überstanden. Benötigst du Wasser?«
    »Es … geht schon …« Er versuchte sich aufzurichten, doch das gelang ihm noch nicht. Keuchend sank er wieder zurück.
    »Du bist noch sehr schwach«, bemerkte Laoren. »Bevor wir weitermachen, verrate mir deinen Namen.«
    »Erenwin.«
    »Ich bin Laoren.« Der Alte veränderte leicht die Sitzhaltung und stopfte neue Kräuter in die Pfeife. »Und du bist also ein Meerling.«
    »Und du ein Landgänger.« Die Stimme war immer noch leise, bekam aber zusehends Klang und Tiefe.
    »Welcher von denen aus der Tiefe bist du?«, wollte Laoren weiter wissen.
    »Nauraka.«
    »Potzdonner! Tausend Wüstenwinde, ich wusste es!« Laoren schlug sich auf den Schenkel. »Was für ein Glückstreffer, Junge! Weißt du, dass man deine Art für ausgestorben hält?«
    »Das ist falsch.« Der Gestrandete, der sich Erenwin nannte, drehte sich leicht auf die Seite, was ihm einen weiteren Schweißausbruch bescherte. »Außerdem lebt einer von uns schon sehr lange hier an Land.«
    »Ah, du meinst diesen König im fernen Valia?« Laoren winkte ab. »Sicher, ich habe von ihm gehört. Wer nicht! Er soll sogar schon bis hierher in den Süden gereist sein. Aber er ist ja kein so richtiger Nauraka mehr, nicht wahr? Zur Hälfte ein Dämon, heißt es. Schaurige Mischung, wenn du mich fragst!«
    »Dann bin ich der Einzige?«
    »Sieht so aus.«
    »Kein … anderer wurde an diese Gestade angespült … vorher?«
    Laoren runzelte die Stirn. »Nein. Warum fragst du?«
    »Weil ich auf der Suche bin. Ich muss den anderen finden, so schnell wie möglich.«
    »Hm. Ich werde mich umhören, Erenwin von den Nauraka. Aber mach dir keine allzu großen

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