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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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gingen von Bord, und Lurdèa wurde ungeduldig.
    »Was geschieht jetzt?«
    »Sie suchen nach Interessenten für uns.«
    »Wir ... wir werden dort drin nicht zur Schau gestellt?«
    Berenvil stieß ein verächtliches Geräusch aus. »Nur Billigsklaven, die versteigert werden. Hier aber bemühen sich die Käufer zu Horwik, denn er bietet nicht jedem alles an. Er hat einen guten Ruf.«
    Das Schiff schaukelte leicht in der Dünung, und Lurdèa roch die See, die Ausdünstungen der Seerose, und die vielen verschiedenen Wesen darauf, die handelten, tauschten und kauften. Der Lärm schlug bis hierher zu ihnen durch, und ein wenig fühlte sie sich an den Markt von Darystis erinnert. 
    »Was geschieht jetzt mit uns, Berenvil?«, fragte sie leise. »Welche Zukunft erwartet mich?«
    »Du hast nie über dich gesprochen, Lurdèa, doch ich glaube, du bist tief verletzt worden. In deinen Augen liegt Seelenschmerz. Und ich habe dich beobachtet, wie du dich in deinem Käfig bewegst. Wie jemand, der Enge gewohnt ist, und feste Mauern um sich herum.«
    »Und nichts Besseres habe ich zu erwarten, willst du mir das sagen? Ich bin aus der Gefangenschaft geflohen, um in eine andere zu geraten?«
    Er sah sie ernst, fast mitfühlend an. »Tut mir leid, Lurdèa. Du hast etwas anderes verdient, aber es gibt wohl keinen Ausweg. Hoffe darauf, dass der Mann, der dich kauft, nicht so grausam ist wie derjenige, dem du entflohen bist.«
    Es schüttelte sie, als sie daran zurückdachte. Dann schob sie die Schultern zurück. »Dich erwartet auch kein erfreuliches Schicksal.«
    »Oh, mach dir um mich keine Gedanken«, versetzte er. »Ich überlebe alles.«
    »Dann werde ich das auch«, sagte sie energisch.

    Schließlich wurden die Sklaven einer nach dem anderen aus den Käfigen geholt; kein einziger kehrte zurück. Zuletzt waren Lurdèa und Berenvil an der Reihe.
    Die Fürstin wusste nicht, wie sie auftreten sollte. Stolz oder demütig, schwach oder stark? Was konnte für sie von Vorteil sein? Schließlich entschied sie sich, unauffällig wie ein Mensch zu gehen und sich so zu geben, als wäre sie nichts Besonderes.
    Berenvil schien ganz ähnlich zu denken, denn auch er bewegte sich im wenig anmutigen Schlenkergang der Menschen und schien sich nicht im Mindesten für das Geschehen um sich herum zu interessieren.
    Einen kurzen Moment lang hoffte Lurdèa, dass sie von der Planke springen könnte, doch sie wurde in die Mitte zwischen zwei Matrosen genommen, die sie festhielten und erst auf der anderen Seite von ihr wichen. An Händen und Füßen mit Ketten versehen musste sie warten.
    Lurdèa fühlte, wie sich ihre Kehle zuschnürte. Bald würde sie ihren einzigen Verbündeten verlieren und wieder ganz allein sein. Und völlig verloren, denn hierher konnte nicht einmal Erenwin kommen und sie befreien. Er hatte keine Aussicht, sie jemals finden zu können.
    Sie wurde von ihrem Kummer abgelenkt, als sie den Boden der Seerose Nuramar betrat. Er gab leicht unter ihr nach, fühlte sich weich und kühl an, eine Wohltat für ihre bloßen Füße. Trotzdem war das Blatt stabil genug, um einen ganzen Markt zu tragen, und die vielen verschiedenen Wesen dazu. Es war fast wie in Darystis, nur oberhalb des Wassers, und über allem thronte die riesige Blüte, in die der Palast der Herren Nuramars perfekt eingepasst war. Ein Ort der Begegnung, und voller Schönheit noch dazu, allein schon aufgrund der Waren – Stoffe und Geschmeide, Kunstwerke, Früchte von fernen Gestaden, Düfte, Kräuter ... dass hier auch Schicksale verkauft wurden, ging dabei unter, das geschah wohl irgendwo am Rand.
    Lurdèa zuckte zusammen, als plötzlich ein Schatten über sie fiel, und sie sah ein fliegendes Geschöpf, das kein Vogel war. In den vergangenen Tagen hatten immer wieder Möwen den Weg des Schiffes gekreuzt und um Abfälle gebettelt. Doch dieses Wesen hier besaß die Gestalt eines Menschen oder Nauraka – und gewaltige braunweiße Federschwingen, mit denen es durch die Lüfte gleiten konnte.
    »Was ist das?«, fragte sie aufgeregt.
    »Ein Daranil«, antwortete Berenvil. »Der Berühmteste von ihnen ist Hyan, einer der Helden im Krieg um das Tabernakel.«
    Der Daranil flog einen Bogen und setzte dann zur Landung in der Nähe des Palastes an. Bald war er im Getümmel verschwunden.
    »Wie ein Nauraka«, seufzte Lurdèa hingerissen. »Er kennt keine Grenzen, sondern kann sich überall frei bewegen.«
    »Oh, täusche dich nicht. Das Fliegen kostet viel Kraft, und das Wetter spielt auch

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