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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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alles.«
    »Dann lass uns jetzt auftauchen und diese Sache beenden, Bruder. Denn … von hier können wir nicht entkommen. Stellen wir uns ihm und sorgen für einen schnellen Tod, der uns befreit, und dann kehren unsere Seelen in die See zurück, und wir sind frei.«
    Er nickte, und sie schwammen Arm in Arm nach oben. Als sie tropfnass, dicht aneinandergeschmiegt, aus dem Wasser stiegen, erwartete Berenvil sie bereits.
    Und nicht nur er, sondern auch ein Dutzend Soldaten, die ihre Schwerter und Speere auf sie richteten.
    »Wollen wir reden?«, sagte er. 

    Als Gefangene wurden sie in die Halle zurückgeführt. Doch Berenvil zeigte sich nach wie vor als vollendeter Gastgeber, er sorgte für trockene Kleidung für Lurdèa und bedeutete den Geschwistern, sich nah zum Feuer zu setzen. Doch wenn sie froren, dann höchstens seinetwegen.
    Abgesehen von den schwer bewaffneten Wachen, die sich an den Türen aufhielten, hätte es eine freundschaftliche Zusammenkunft sein können.
    Berenvil hatte sich in einem großen Ohrensessel niedergelassen und hielt ein Kristallglas mit granatrotem Wein in der Hand. Er saß völlig entspannt da, ein Bein übers andere geschlagen, und lächelte.
    »Auch du hast mich also nur missbraucht …«, flüsterte Lurdèa schließlich heiser. Es schüttelte sie vor Ekel. Sie saß ihm gegenüber in einem Sessel, doch in angespannter Haltung, und sie hatte den Wein abgelehnt, ebenso wie Erenwin, dessen Aussehen einen seltsamen Kontrast zu dem edlen Sitzmöbel bildete.
    Berenvil bewegte sacht verneinend den erhobenen Zeigefinger. »Meine Liebe, du hast dich mir freiwillig hingegeben, nachdem ich dich verführt habe. Was ich dir in unseren Vereinigungen gab, war aufrichtige Lust, und ebensolche habe ich von dir empfangen. Ich habe dich niemals zu etwas gezwungen, und du selbst hast nach Jahr und Tag endgültig darin eingewilligt, meine Frau zu sein.«
    »Da stand ich bereits unter deinem Einfluss! Wenn ich gewusst hätte …«, setzte sie erneut an.
    »War es so nicht besser?«, erwiderte er. »Ich habe dir geholfen zu vergessen. Warst du nicht glücklich hier?«
    »Du hättest dich ihr in deiner wahren Gestalt zeigen können«, stellte Erenwin fest. »Und ihr die Entscheidung überlassen, was sie nun wirklich vergessen will – dich oder ihr Volk.«
    »Das hier ist meine wahre Gestalt«, behauptete Berenvil. »Ich trage sie schon so lange, dass sie wahr geworden ist.«
    »Also gut.« Erenwin sah seine Schwester an, ob er fortfahren sollte, und sie nickte. Sie wirkte nun kühl und beherrscht, wie man es von einer hochadligen Nauraka erwartete. Er richtete den Blick wieder auf den Alten Feind, der nun nicht mehr namenlos war. »Erzähl uns deine Geschichte, von Anfang an. Wer bist du, und weshalb verfolgst du unser Volk noch heute?«
    »Oh, das ist zunächst schnell zu beantworten, wird aber dann etwas komplizierter«, sagte Berenvil und trank einen Schluck Wein. 
    »Ich bin einer von euch.«

    Darauf folgte entsetzte Stille.
    »W-was?«, stieß Erenwin schließlich hervor. 
    Berenvil vollzog eine typisch naurakische Geste des herablassenden Lächelns. »Genauer gesagt, war ich einer von euch, zu Beginn, und das ist der Grund für die Verfolgung: Rache. Wie gesagt, zunächst ist die Antwort leicht. Aber wer ich tatsächlich nunmehr bin ? Das ist nicht so einfach. Ich glaube, nach alldem bin ich einfach nur noch Berenvil, ein Mächtiger. Es gibt niemanden wie mich ... bislang jedenfalls.«
    »Erklär es uns«, forderte Lurdèa ihn leise auf.
    »Wie ihr wollt. Offen gestanden ist es angenehm, endlich einmal darüber sprechen zu können. Das Schlimmste für mich war immer das Schweigen der Einsamkeit.« Der Mächtige richtete die dunklen Augen auf seine Frau. »Du warst die Erste, die mir viel davon genommen hat.«
    »Doch von deinem Plan konnte ich dich nicht abbringen …«
    »Ganz im Gegenteil, du hast mir erst gezeigt, wie wichtig mein Ziel noch immer ist.« Berenvil rekelte sich zufrieden im Sessel. »Aber nun hört zu.«

    »Ich wurde vor vielen tausend Jahren geboren«, begann Berenvil seine Erzählung, »die genaue Anzahl kann ich euch nicht mehr nennen, denn ich erinnere mich nicht mehr. Ich habe irgendwann aufgehört mitzuzählen. Als Anhaltspunkt mag dienen, dass ich bereits in mittleren Jahren war, als das Tabernakel gefunden wurde. Ich bin seither kaum gealtert, obwohl ich nicht unsterblich bin. Den Grund dafür sollt ihr auch erfahren, doch der Reihe nach.
    Zu meiner Kinderzeit war das Meer

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