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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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für sie bereitgehalten hatte. So wie die Ameise fühlte sie sich jetzt, und der Vergleich war vermutlich nicht einmal falsch.
    Sie konnte nicht genau erkennen, was da auf sie zukam. Gewaltige Zacken und Kämme, funkelnde Schuppen und lange, sich windende Barteln. Irgendwo dann, inmitten des Funkelns, richtete sich ein Auge auf sie, von leuchtendem Blau, mit golden geschlitzter Pupille.
    »O Herr …«, hauchte sie ergriffen und voller Furcht zugleich, als sie begriff, was sie da anblickte.
    » Wir sind die Herren«, flüsterte Erenwin. »Sieh ihn dir an, den großen Letzten. So lange schon hat er auf uns gewartet, in seiner Einsamkeit der Tiefe. Wer weiß, ob es anderswo noch weitere gibt … doch hier gibt es nur noch ihn.« Er streckte die Hand in einer traditionellen Geste des ehrenvollen Grußes aus, löste sich von Lurdèa und tanzte nach Naurakaart, und Lurdèa tat es ihm gleich. Sie tanzte ihren Namen, und das erfüllte sie so sehr, dass sie ihre Angst vergaß. Wie lange war es her! Erst jetzt war sie wieder ganz sie selbst, beseelt von der See, ein Teil von ihr. Auf die Vorstellung folgte die Ehrerbietung und Aufforderung zur Freundschaft. All dies strömte von selbst aus ihr, sie musste es nicht üben, hatte die Fähigkeit und Kenntnis nie verloren.
    Und sie musste zugeben, dass Erenwin trotz seines unförmigen Aussehens immer noch ein begnadeter Tänzer war, viel besser als sie, und einzigartig in seinen Bewegungen. Auch er hatte sich trotz allem nicht ganz verloren. Sein Name war wunderschön und ließ seinen schrecklichen Anblick vergessen.
    Durch die Weite tastete ein Fühler, dessen lang auslaufende Spitze immer noch so dick war wie Lurdèas Arm. Zaghaft streckte sie die Hand aus und berührte den Fühler, und es durchfuhr sie wie ein Blitzschlag. Tränen flossen ungehemmt aus ihren Augen, doch sie lächelte. Dies war das größte Wunder von allen und der erhabenste Moment ihres Lebens.
    »Jetzt«, sagte Erenwin, »fegen wir den Alten Feind aus dem Meer, für immer.«
    Sie nickte. »Ja.« Sie fühlte das Licht der Zuversicht in sich, das ihren Körper stärker schimmern ließ denn je. »Ja!«
    »Dann halte dich besser gut fest, Schwester, denn es geht los.«
    Lurdèa klammerte sich an Erenwin, der sich wiederum irgendwo an dem Seedrachen festhielt, und dann rasten sie durch die Tiefe.

    Die Schlacht tobte gnadenlos. Jede nur erdenkliche Waffe wurde eingesetzt, und keiner wurde geschont. Das Wasser war längst blutrot, doch es lockte keine Räuber an, denn der weithin tragende Gestank des Krieges berichtete nur von Tod und Vernichtung.
    Ragdur und Lurion kämpften Seite an Seite an vorderster Front. Geror führte die gesamte Meute der Seeschwärmer in die Schlacht, doch an der Seite des Feindes waren drei mächtige Geschöpfe, die wie Ungeheuer aussahen und furchtbar unter den Riesenfischen wüteten. Sie hätten wohl noch größere Verluste erlitten, würde Dullo die Seeschwärmer nicht anführen und sie vereint ausweichen und zuschlagen lassen.
    Das Schlachtenglück wogte hin und her, doch es schien ersichtlich, dass Darystis unterliegen würde. Die Stadt war in den Angriff mit einbezogen und wurde Stück um Stück zerstört, während die Alten und Kinder flohen, tief in den Vulkan hinein. Die Frauen der Darystis griffen zu allem, was als Waffe einsetzbar war, und warfen sich mit derselben Wut und Leidenschaft in den Kampf wie die Männer.
    Durch diesen Mut der Verzweiflung gelang es ihnen tatsächlich, die Karunder zumindest ein Stück weit zurückzudrängen, und der Hochfürst und Lurion feuerten sie mit kraftvollen Stimmen an. Und auch die Seeschwärmer unter Dullos Führung lernten endlich, den Angriffen der drei Ungeheuer zu begegnen. Nun sah es doch wieder nach Unentschieden aus.
    Den ersten Triumph errang Darystis, als Lurion Janwe stellte.
    »Für meine Schwester!«, schrie der Erbprinz leidenschaftlich. »Für Lurdèa!«
    »Die ich besitze!«, gab der Fürst von Karund zurück und schoss nach vorn. Doch die Jahre der Ausschweifung hatten ihn weich und langsam werden lassen, im Gegensatz zu Lurion, der sich auf diesen Moment vorbereitet hatte. Es gab nur einen kurzen Schlagabtausch, dann stieß er Janwe sein Schwert in den Leib, der auf der Stelle starb und nicht einmal Zeit hatte, überrascht darüber zu sein.
    Entsetzt wichen die Karunder zurück, und vielleicht hätten die Darystis die Oberhand gewonnen, wäre nicht plötzlich ein neuer Feind unter sie gefahren und hätte innerhalb weniger

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