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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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und nun werden wir gehen.« Erenwin wandte sich schroff ab, und Helur machte ein betroffenes Gesicht.
    »Ich … ich werde zum Markt kommen, versprochen!«, warf Yahi hastig ein, bevor sich Verlegenheit ausbreitete.
    »Wir werden uns wiedersehen«, stimmte auch Fwyll zu. »Alles wird sich zum Guten wandeln, dem Siebenstern sei Dank.«
    Lurdèa nickte ihm und den anderen ein letztes Mal zu. Die Meaglea verließ die Wolkenhöhe und sank so steil hinab, dass die Segel laut knatterten. Ihr Schatten raste über die Wellen, und eine Walfamilie, die gerade blasend aufgetaucht war, ergriff augenblicklich die Flucht.
    »Jetzt«, sagte Erenwin, und dann sprangen sie.

    Lurdèa hatte das Gefühl, als würde sie eine Haut abstreifen. Ihre Kiemen öffneten sich weit, als sie den vertrauten Geschmack der See erkannten, und ihr gesamter Körper schien sich vor Wonne aufzulösen. Die Wandlung war schnell abgeschlossen, und Lurdèa breitete die Armhäute aus, um die samtene Liebkosung des Wassers aufzunehmen. Sie war zu Hause! Tränen des Glücks vermischten sich mit der See und ließen sie für einen Moment den Grund ihrer Rückkehr vergessen. Die Gefühle überwältigten sie, der Schmerz des Verlustes ebenso wie die Glückseligkeit, zurück zu sein. Sie hörte das Wispern und Murmeln, die tausendfachen Stimmen, roch vorüberziehende Fischschwärme und konnte daraus entnehmen, welcher Art und wie viele sie waren, empfing mit dem Lippensinn die kribbelnden Signale eines herannahenden Jägers. Alle Sinne erwachten wieder, Erinnerungen, Bildfetzen ihrer Jugend stürmten auf sie ein.
    Und dies alles wollte Berenvil zerstören? Den Nauraka das ureigene Selbst nehmen, um ihnen ein neues zu geben, das nach seinem Willen geformt war?
    Niemals, niemals, dachte Lurdèa. Ich werde es nicht zulassen .
    »Hier entlang«, rief Erenwin. Unter Wasser klang seine Stimme nicht mehr ganz so fremdartig.
    Sie tauchten in die tiefblaue See, bis zu einer Spalte, wo der Grund steil in die Dunkelheit abfiel. Lurdèa folgte ihrem Bruder ohne Furcht; er wirkte so zielstrebig, und sie konnte spüren, dass hier keine Gefahr drohte.
    Weiter ging es hinab, in die düstere Tiefe, in der sich kaum noch Leben aufhielt. Erenwin tastete nach ihrer Hand. »Kannst du sehen?«
    »Ja.« Der lange Aufenthalt an Land hatte ihren Naurakaaugen nicht geschadet. Sie fand sich ohne Schwierigkeiten zurecht.
    »Dann führe mich, denn ich bin blind. Tauche einfach weiter abwärts, es kann nichts geschehen. Ich war schon an einem ähnlichen Ort, aber so tief müssen wir diesmal nicht gehen.«
    Lurdèa hielt die Hand des Bruders fest. Schweigend tauchten sie weiter. Bald ließen sie das lebhafte Treiben hinter sich, es wurde immer stiller. Doch Lurdèa genoss es auf besondere Weise. Sie fühlte sich Erenwin näher denn je, da sie nun endlich seinem sonst stets verborgenen Pfad folgte. Nur einmal hatten sie einen solchen Moment geteilt, kurz vor ihrer Abreise nach Karund, als er ihr den Himmel gezeigt hatte. Damals waren sie hinaufgetaucht, als hätten sie schon geahnt, dass ihr Weg sie dereinst an Land führen würde. Und jetzt ging es entgegengesetzt, da sie heimkehrten. Der Kreis schloss sich.
    »Ah«, murmelte er nach kurzer Zeit. »Ich kann ihn schon fühlen. Was siehst du unter dir?«
    Lurdèa staunte. Da war ein seltsames Flirren und Flimmern, wie ein silberblaues Band, das sich durch die Tiefe zog, so weit sie blicken konnte, viele Mannslängen lang. Es wiegte sich ruhig in der sanften Meeresströmung. Je näher sie kamen, desto größer wurde dieses Band, glitzernd und funkelnd, doch immer noch undeutlich, als wenn mehrere Lichtschichten aufeinandertreffen würden. »Dort vorn ist etwas«, sagte sie zu ihrem Bruder. »Etwas … Riesiges. Wie … wie der Kometenschweif am Himmel, den ich einst über den Domgar dahinziehen sah.«
    »Ja, das ist er«, wisperte Erenwin und griff sich an die Brust. »Die Perle … ruft nach ihm, glaube ich. Ich habe das Flüstern nie verstanden …«
    Lurdèa hielt abrupt inne, als Bewegung in das riesige Band kam, und aus der Tiefe hindurch kam etwas auf sie zu. Sie spürte es am Wellenschlag, und ihre Tastsinne explodierten förmlich in der Überflutung der Reize. Schutzsuchend drängte sie sich an ihren Bruder.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte er ungewohnt sanft. »Er dient uns.«
    »A-aber er ist so riesig«, stotterte sie. Sie hatte einmal eine Ameise über ihren Finger krabbeln lassen, damals, als das Land noch so viele Wunder

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