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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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Sie war wunderschön, doch unnahbar, wie stets. Für das bewundernde Volk mochte das passend sein.
    »Erenwin, du kennst den Befehl«, mahnte sein Vater, dessen Misstrauen sofort geweckt war. »Die Nauraka zeigen sich niemandem dort oben. Was der Händler Hallog erzählt, ist seine Sache, und die meisten mögen es für versponnene Tangfäden halten. Doch unser Volk kann nur in Frieden leben, solange es zurückgezogen bleibt.«
    »Es war nur eine Anmerkung, Nàru, mich verlangt es nicht dorthin«, versicherte Eri, der sich über die lange Rede des Fürsten wunderte. So viele Worte auf einmal, die an ihn gerichtet waren – das geschah selten. »Ich bleibe bei meiner Schwester und achte auf sie.«
    Ragdur hob leicht die schwarzen Brauen, dann nickte er. »Das ist löblich. Ihr beide habt die Erlaubnis, uns zu verlassen.«
    Das ließen die Geschwister sich nicht zweimal sagen; in einer wahren Explosion an Luftblasen waren sie auf und davon.

    Kaufen konnten sie sich natürlich nichts, denn Ragdur hatte ihnen kein Geld gegeben, aber das störte die Geschwister nicht. Luri hatte daheim siebzehn voll bepackte Körbe und würde bald noch zwei mehr bekommen, und Eri war der Ansicht, dass er mit Dullo und seiner Ausrüstung alles hatte, was er benötigte. Als Prinz lebte er im Wohlstand, er brauchte nicht noch mehr. Da er nicht spielte wie sein Bruder, hatte er keine weiteren Bedürfnisse. Bis auf … aber Mädchen oder Frauen duldete der Vater ja gar nicht in seiner Nähe.
    Hand in Hand streiften die Geschwister über den Markt. Überall ging es hoch her beim Anpreisen und Feilschen. Übersetzer und Vermittler waren jetzt sehr gefragt, ebenso Zeugen für Vertragsabschlüsse, Auguren, um die Zukunft vorherzusagen, und Schamanen für verschiedene magische Dienste.
    Hochrufe und Beifall gab es, als plötzlich eine Tauchglocke von oben herabgelassen wurde, zusammen mit Fässern voller Luft, an denen Gewichte hingen, und jeder Menge Warenkörbe. Die Glocke war aus Metall gefertigt und bot innen Platz für zwei Landgänger. Nachdem sie einigermaßen verankert war, kamen zwei Männer, die Atemschläuchen im Mund hatten, herausgeschwommen. Einer war ein Mensch, der einen hautengen Anzug aus dünnem Leder trug. Eri sah, wie sein Freund Lalli auf ihn zuschwamm. Lalli war vier Korallenstäbe älter als Eri und arbeitete als Chronist für Ragdur. Der Mensch fing an, in Gebärdensprache seine Waren anzupreisen, während Lalli übersetzte. Die beiden waren gut aufeinander eingespielt, da es nicht ihr erster gemeinsamer Markt war. Ab und zu kehrte der Mensch in die Glocke zurück, um ein Fass Luft hineinzulassen, und paddelte wieder heraus, ohne jemals die Lippen um den Atemschlauch zu lockern. Nur ganz selten einmal entkam eine Luftblase.
    »Dort hinten sind meine Freundinnen!«, rief Luri plötzlich und wedelte mit einem Arm. »Du, Eri …«
    Er winkte ab. »Schon gut, Luri, wir treffen uns nachher. Ich will sowieso mit Hallog reden.«
    Luri schwang sich anmutig davon, und Eri wandte sich dem zweiten Taucher zu, der kein Mensch war, aber doch recht ähnlich aussah. Sein Körper war dick wie ein Fass, seine Ohren sehr haarig, lang und spitz, und seine Nase so krumm, dass sie fast das stoppelige Kinn erreichte. Aber Hallogs Augen blitzten hellwach, listig und klug. Er stammte von einem Volk, dessen Namen Eri längst vergessen hatte, und beherrschte die Gedankensprache, wenn er die Hand eines anderen berührte. Für Gewässer völlig unpassend trug er die schwere Kleidung eines Landgängers, die nun in vielen Lagen um ihn schwebte, dazu eine Haube mit langen Bändern. Doch trotz dieser unmöglichen Aufmachung konnte er sich gut in der Schwebe halten, ohne sich sonderlich anzustrengen. Ab und zu ließ er absichtlich eine Luftblase aus dem Mund entweichen, deren Größe er selbst bestimmte. Irgendwann einmal hatte er Eri gestanden, dass er ein starker Raucher sei und an Land ständig eine glimmende Pfeife im Mundwinkel tragen würde.
    Als der Händler den jungen Prinzen entdeckte, verzog sich sein breiter, dicklippiger Mund zu einem Grinsen, und er hob die Arme. Eri drückte zur Begrüßung seine rechte Hand an Hallogs Linke, und sofort vernahm er den Begrüßungsschwall in seinem Geist.
    Eri, mein lieber Junge, was für eine Freude, dich zu sehen! Und gut siehst du aus, ein ganz prächtiger Bursche ist aus dir geworden! Ich muss deinen Eltern gratulieren.
    Besser nicht , wiegelte Eri hastig ab. Wie gehen die Geschäfte, Hallog? Er wusste,

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