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Nauraka - Volk der Tiefe

Nauraka - Volk der Tiefe

Titel: Nauraka - Volk der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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Abenteuer erleben und die Welt entdecken. Ich will, dass wir, und zwar wir alle, ein bedeutender Teil davon werden. Und ich will herrschen. Aber anders als unsere Mutter. Hellwach. Ich werde außerdem nicht zulassen, dass das Volk der Nauraka nur noch dem Patriarchat unterworfen ist. Das war früher anders, und so wie damals soll es wieder sein.«
    Eri seufzte. »Ich hielt es immer für die Hirngespinste eines Kindes, eines kleinen Mädchens. Ich meine, wir sind beide doch noch so jung …«
    »Wann hat unser Vater uns je jung sein lassen?«, unterbrach sie ihn. »Ständige Erziehung, strenge Regeln, und wir mussten ununterbrochen lernen. So frei wie in den letzten Zyklen waren wir nur kurz. Ich habe es genossen, genau wie du, aber wir haben Pflichten.«
    »Ich wohl kaum.«
    »Umso besser! Dann geh und erfülle dir deinen Traum, Eri. Und lass mich für mein Volk da sein.«
    »Und … und was ist mit der Liebe?«, fragte er verzagt, weil ihm nichts anderes mehr einfiel.
    Da lachte sie, und er kam sich selbst albern vor. »Liebe hat mit Romantik nichts zu tun, lieber Bruder. Ich bin nicht so vermessen anzunehmen, dass mir Liebe vergönnt wäre. Das ist nur den niederrangigen Nauraka möglich, die frei wählen können, doch auch sie haben es schon lange verlernt. Vater hat bereits vor geraumer Zeit mit mir darüber gesprochen, wer für mich als Ehemann in Frage käme, und ich kann dir versichern, Fürst Janwe ist die beste Wahl. Er ist jung und ehrgeizig, sein Antrag hat mir gefallen, und ich finde es romantisch. Wer weiß, vielleicht verliebe ich mich ja tatsächlich in ihn? Jedenfalls werde ich nicht als Jungfrau neben einem vertrockneten alten Fisch enden.«
    »Darüber denkst du jetzt nach?«, rief er schockiert.
    »Du etwa nicht? Alle unsere Freunde haben es bereits getan. Du auch?«
    »Ich … äh … möchte nicht darüber sprechen.«
    Sie grinste. »Also nein.« Dann wurde sie wieder ernst. »Natürlich nicht, du bist immer noch zur Keuschheit verpflichtet. Lurion kann tun und lassen, was er will, weil er viel älter ist, und das nutzt er auch aus. Aber uns ist das nicht vergönnt, weil wir die Nachgeborenen sind, und ich … nun ja, eine Frau bin.«
    »Aber nur deswegen … ich meine, eine Bindung fürs ganze Leben …«
    »Ich sagte dir schon, was ich will, und Janwe erscheint mir sehr aussichtsreich. Sollte Vater den Thron je an Lurion übergeben, brauchen wir einen starken Mann, keinen Versager wie unseren lieben Bruder, sonst ist die Blutlinie unserer Mutter für immer im Wasser aufgelöst. Ich werde darauf achten, dass dies nie geschieht.«
    Eri musste sich geschlagen geben. Luri hatte immer genau gewusst, was sie wollte. Schon als kleines Mädchen hatte sie sich gern auf den Thron ihres Vaters gesetzt. »Dann versprich mir wenigstens, dass du diesen Kerl genau prüfst und dir die Entscheidung nicht leicht machst.«
    »Natürlich werde ich das tun«, versprach sie.
    »Ich habe kein gutes Gefühl dabei«, schloss er düster. »Ich weiß nicht, warum, aber irgendetwas sagt mir, dass du dabei bist, einen Riesenfehler zu begehen.«
    »Ja, Onkel Turéor.« Sie machte einen Überschlag, um ihn zu necken, und Luftblasen umsprudelten ihn. Als er wieder klar sehen konnte, war Luri verschwunden.
    Eri schwebte zu seinem Versteck und tastete nach der schwarzen Perle. Vorsichtig nahm er sie in die Hände und betrachtete sie. Schillernde Schlieren liefen über ihre Oberfläche, bildeten seltsame Muster. Je länger Eri darauf blickte, desto mehr hatte er das Gefühl, als würden sich die Muster nicht zufällig bilden, sondern immer deutlichere Bilder herausarbeiten, die sich abwechselten, wie … eine Sprache. Doch er konnte sie nicht verstehen.
    Das Flüstern in seinem Kopf setzte wieder ein und löste einen kribbelnden Schauer aus. Es klang wie eine Warnung, auch wenn er dies ebenfalls nicht verstand. Hing es mit Luri zusammen? Sollte er ihr die Perle doch zeigen? Vielleicht verstand sie besser als er, worum es ging?
    Der Prinz zögerte einen langen Augenblick. Dann verstaute er die Perle wieder sicher in ihrem Versteck, streichelte noch einmal darüber und verließ dann den Raum.

4.
Der Markt

    Das große Ereignis, das zweimal im Korallenring stattfand, schlicht »Markt« zu nennen, war typisch für die Nauraka. Die anderen Völker der See hatten sehr viel blumigere Ausdrücke dafür, wie etwa »Zeit der großen Begegnung«, oder »Ort von Land und See, Licht und Dämmerung«, und dergleichen mehr. Nur zu dieser Zeit

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