Navy Seals Team 6
Minuten später brummte ein Hubschrauber an unserem Turm vorbei. »Super, toll!«, jubelten mir die Scharfschützen zu. Ich war froh, dass Casanova und ich flach auf dem Boden lagen, denn der Windstoß des Hubschraubers hätte uns beinahe vom Turm gefegt.
Die Delta-Leute nahmen 15 Personen gefangen, doch die Ranger mit ihren Humvees waren so spät angekommen, dass sie die Gegend nicht mehr sichern und die Straßen für Autos und Fußgänger sperren konnten. Atto hatte mit einem seiner Stellvertreter das Hemd getauscht und verließ die Werkstatt durch den Hinterausgang. Er entwischte uns.
19. September 1993
Ich erwachte in den dunklen Morgenstunden, als die QRF etwa 450 Meter nördlich von uns einige Häuser überfiel. Die QRF konfiszierte Kleinwaffen und reaktive Panzerbüchsen. Aidids Miliz hatte diesen Morgen auf den falschen Konvoi gefeuert. Mit meinem Nachtsichtgerät hatte ich vom Turm aus einen hervorragenden Blick auf den Feind. Ich griff zum Mikrofon des Funkgeräts und lenkte die Hubschrauber zu Aidids Miliz. Der QRF-Heli ließ 50-Kaliber- und 40-mm-Patronen niederprasseln und die Bodentruppen der QRF griffen so heftig an, dass der Himmel vibrierte und die Erde bebte. Die wenigen überlebenden Feinde konnten gar nicht schnell genug verschwinden. Sie rannten um ihr Leben, vorbei an Casanova und mir.
Wir hatten den Turm gut genutzt, doch Aidids Leute zählten eins und eins zusammen. Eine Somalierin blieb stehen und blickte zu uns hinauf. Dann machte sie eine Geste, als ob sie Casanova und mir die Kehle durchschneiden wolle. Wir beschlossen, dass unser Scharfschützenversteck im pakistanischen Turm zu gefährlich geworden war, und erhielten die Genehmigung, ihn einige Tage lang aufzugeben.
Wir verließen das pakistanische Lager um 1700 und trafen ungefähr um 1730 im Hangar ein. Ein halbes Dutzend Delta-Scharfschützen erwartete uns am Eingang und gab uns High Five. »Wasdin, du bist genial!« Einer von ihnen sagte zu den anderen Delta-Scharfschützen: »Wenn mal jemand auf mich schießt, soll Wasdin seinen 900-Meter-Kopfschuss abgeben!«
Später maßen Casanova und ich mit dem Laser die tatsächliche Reichweite des Kopfschusses: 773 Meter, der längste Tötungsschuss meiner Laufbahn. Dadurch verbesserte sich auch unsere Beziehung zur Delta Force. Ich habe ihnen nie erzählt, dass ich eigentlich auf die Brust des Mannes gezielt hatte.
20. September 1993
Von 0230 bis 0545 waren Casanova und ich mit einem QRF-Hubschrauber unterwegs. Dabei entdeckten wir einen Mann, der einen mobilen Sendemasten aufbaute. Wir dachten, wir hätten endlich Aidids Radio Mogadischu gefunden – der Sender, über den er Einsatzbefehle und Anweisungen für den Abschuss von Mörsergranaten gab und Propaganda verbreitete: Die Vereinten Nationen und die Amerikaner wollen Somalia erobern, den Koran verbrennen und euch eure Erstgeborenen nehmen. Selbst wenn Aidids Miliz eine aufs Dach bekam, verbreitete Radio Mogadischu immer noch Siegesparolen, damit Aidids Anhänger ihre Motivation nicht verloren und noch weitere Somalier die Sieger unterstützten. Casanova und ich konnten niemanden erschießen, nur weil er einen Sendemasten aufgestellt hatte, doch wir notierten uns den Ort als möglichen Standort für Aidids Radiosender.
Die QRF-Mannschaft wollte wissen, ob wir die ganze Woche mit ihnen fliegen könnten. Sie waren so oft beschossen worden, dass sie nun SEAL-Scharfschützen dabeihaben wollten.
Später im Lager kontaktierte uns Condor. Einer seiner Agenten hatte erfahren, dass Atto an einem Treffen in seinem Haus teilnehmen würde. Wir vier waren die Einzigen, die Atto einige Male gesehen hatten und ihn identifizieren konnten. Condor wollte, dass ein SEAL und einige Delta-Leute mitgingen. Wir wählten Casanova, doch der Auftrag wurde abgeblasen. Auch unser Flug mit der QRF wurde abgesagt. Obwohl wir bereits alles, was wir für einen Angriff auf Attos Haus brauchten, in die Humvees geladen hatten, wurde auch dieser Auftrag abgesagt. Vor, zurück, vor – und jedes Mal könnte das letzte Mal sein. Das Zurückgepfiffenwerden nervte mich, aber nicht so sehr, dass ich meine Motivation, mich wieder bereit zu machen, verlor. Mit welchen Herausforderungen ich auch zu kämpfen hatte: Ich wusste, dass ich mich zusammenreißen und es weiter versuchen musste. In meiner Kindheit und Jugend hatte ich ständig ein flaues Gefühl im Magen, hatte Angst, dass mein Vater wieder auf mich losgehen würde. In der Kampfschwimmerausbildung sagte uns
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