Navy Seals Team 6
blutet. Also stoppte ich die Blutung. Wenn wir einen Fehler machten, starb die Ziege natürlich.
Auch wenn Tierschutzaktivisten nun aufschreien: Das war eine der besten medizinischen Übungen, an der ich je teilgenommen habe. Nachdem wir mit den Ziegen fertig waren, gaben wir sie den Einheimischen zum Essen. Das ist kein allzu hoher Preis, vor allem wenn man bedenkt, wie viele Rinder und Hühner jeden Tag getötet werden. So übten wir wenigstens realistisch, wie man einem Menschen das Leben rettet.
24. September 1993
Am nächsten Tag erhielten wir Anweisungen, ein Teehaus zu überfallen, in dem sich Aidids Innenminister Colonel Abdi Hasan Awale (auch als Abdi Qeybdiid bekannt) öfter aufhielt. Wir SEALs waren für den Umgang mit den Gefangenen zuständig. Außerdem würden Casanova und ich der Delta Force beim Sturm helfen, falls es nötig war.
Während wir auf unseren nächsten Auftrag warteten, ging ich mit vier Delta-Scharfschützen und Casanova in zwei Little Birds auf Safari – wir übten schießen. Mit unseren CAR-15 saßen wir auf den Kufen der Hubschrauber und jagten in der Savanne Wildschweine, Gazellen und Impalas. Ich schoss als Einziger ein Wildschwein. Wir landeten und sammelten das Schwein und die anderen Tiere ein. Dabei konnten wir Scharfschützen hervorragend üben, im Flug auf bewegliche Ziele zu schießen. Im Hangar schnitt ich später den Stoßzahn des Wildschweins heraus, denn den wollte ich meinem Sohn Blake schenken. Doch für meine Tochter war ein Stoßzahn kein gutes Geschenk und in Mogadischu gab es auch keine Souvenirläden. Also musste ich eben später etwas für Rachel finden. Ich weidete das Schwein aus, häutete und säuberte es und spießte es auf. Dann grillten wir es – es reichte für die ganze Mannschaft und war eine willkommene Abwechslung zu unseren Einmannpackungen und dem Kantinenessen.
Doch Arbeit allein macht auch nicht glücklich. Wir mussten etwas Dampf ablassen. Volleyball nach Art der Spezialeinheiten ist ein Kontaktsport. Die Offiziere forderten die Soldaten zu einem Spiel heraus. Vor dem Spiel überfielen wir die Offiziere. Ich half dabei, den Chef vom Charlie-Geschwader der Delta Force zu schnappen, Colonel William G. Boykin. Wir zogen ihm ein Muskelshirt mit der Aufschrift »Rogue Warrior II« an und fesselten ihn mit Handschellen an Händen und Füßen auf eine Trage. Auch die Delta Force hielt nicht viel von dem Unsinn, den Dick Marcinkos in seinem Buch Rogue Warrior geschrieben hatte. Anschließend machten wir ein Foto von Colonel Boykin.
Im Alter von 29 Jahren hatte Boykin versucht, die Aufnahmeprüfung für die Delta Force abzulegen. Doch Lieutenant Colonel »Bucky« Burruss glaubte, dass Boykin mit seinem kaputten Knie keine Chance hatte. Außerdem versuchte ein Psychologe aus Fort Bragg, Boykin die Eignung für die Delta Force abzusprechen, weil er zu religiös war. Boykin überraschte viele, denn er bestand den Test und kam zur Delta Force. Er war 1980 bei der versuchten Geiselrettung im Iran dabei, ebenso in Grenada und in Panama. Auch an der Jagd auf den kolumbianischen Drogenboss Pablo Escobar nahm er teil.
Beim regulären Militär schnappen sich einfache Soldaten nicht einfach ihren Chef und fesseln ihn auf eine Trage, doch die Spezialeinheiten pflegen einen anderen Umgang miteinander. Bei den SEALs geht die Tradition, dass Soldaten zusammen mit Offizieren trainieren, auf unsere Vorfahren zurück, die Froschmänner im Zweiten Weltkrieg. Nachdem wir Colonel Boykin fotografiert hatten, sagte er: »Hättet ihr mich mal lieber nach Strich und Faden verprügelt, statt mir dieses blöde T-Shirt anzuziehen.«
25. September 1993
Obwohl wir und die QRF den Auftrag Eyes over Mogadishu sehr gerne erledigten, strichen die Chefs die abendlichen Flüge erneut. Für dieses ständige Hin und Her war die Militärpolitik verantwortlich – manchmal durften wir mitfliegen, manchmal nicht. Wahrscheinlich wollte irgendjemand da oben nicht, dass Delta und die SEALs auch ein Stück vom Kuchen abbekamen.
An diesem Abend schoss Aidids Miliz einen QRF-Hubschrauber mit einer reaktiven Panzerbüchse ab. Der Pilot und der Kopilot wurden verletzt, drei weitere Personen starben. Aidids Anhänger verstümmelten die Leichen der Soldaten, doch der Pilot und der Kopilot konnten sich retten. Die Truppen der Pakistaner und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) sicherten die Gegend binnen Minuten und schützten damit auch den Piloten und den Kopiloten. Unsere
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