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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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tauschte den Dolch in dessen Brust gegen seine Waffe aus. Er kümmerte sich nicht um die aufgeregten Proteste der Prinzen gegen diese Leichenschändung, sondern hielt ihnen einen seiner anderen Wurfdolche entgegen, um ihnen die verschlungenen Ornamente auf Heft und Klinge zu zeigen. „Das hier ist eine Waffe der Oshanta, es wird jeder bestätigen können, der so etwas schon einmal gesehen hat.“
    „Das wird genügen“, sagte Barlev erschaudernd. „Wir bringen Vater am Besten auf diese Lichtung herunter und holen dann die anderen her. Sie werden den Dolch und die toten Oshanta sehen und jeden Zweifel zerstreuen. Iyen sollen sie auch sehen und hören, dass er auf unserer Seite gekämpft hat. Das ist glaubwürdiger als unsere Behauptung, wir hätten zu dritt zwei Oshanta besiegen können, ohne verletzt zu werden.“
    „So sei es“, murmelte Arnulf.
     

Es war bereits früher Morgen, als alles arrangiert war. Soldaten kümmerten sich um den toten König, andere lösten das Lager auf und bereitete eine rasche Heimreise vor. Rouven hielt sich abseits von dem Trubel, er war nach wie vor innerlich wie betäubt. Iyen sorgte sich um ihn, er konnte es spüren, an der Art erkennen, wie er ihn aus den Augenwinkeln musterte. Zudem war er hochgradig angespannt, alle beobachteten den Oshanta mit kaum verborgenem Hass. Verräter wurden nie geliebt, egal, für welche Seite sie kämpften, und ein Oshanta war und blieb der Inbegriff des Schreckens.
    Rouven wich zurück, als Arnulf auf ihn zukam und versuchte, eine Hand auf seine Schulter zu legen. Arnulfs Gesicht verdüsterte sich alarmierend, was Iyens Anspannung sichtlich noch erhöhte und ihn in Angriffsstellung brachte.
    Ich will nach Hause, dachte Rouven erschöpft, sagte dann laut: „Bitte fass mich nicht an, ich ertrage das jetzt nicht.“
    „Fein“, knurrte Arnulf. „Du hattest eine … schwierige Zeit.“ Er durchbohrte Iyen mit verächtlichem Blick. „Seien wir dankbar, dass wenigstens dieser Oshanta hier“ – seine Art, dieses Wort zu betonen, weckte puren Hass in Rouven – „ein gewisses Maß an menschlicher Ethik besitzt. Ich hoffe, er hat dich nicht angefasst ?“
    Fassungslos starrte Rouven ihn an. Wo war der Arnulf hin, der sich heute Nacht um ihn gesorgt hatte? Aus welchem Loch war das engstirnige, in sinnlosen Konventionen erstarrte Monster gekrochen, das seinen ältesten Bruder seit jeher in seinen Klauen gehalten hatte?
    „Seid versichert, mein König, dass ich Euren Bruder lediglich berührt , nicht beschmutzt habe“, sagte Iyen kalt. Dann, mit deutlich mehr Wärme zu Rouven gewandt: „Geh mit ihnen. Dein Platz ist bei deiner Familie. Wenn geheim bleiben soll, was heute Nacht geschehen ist, darfst du bei der Bestattung deines Vaters nicht fehlen.“
    „Lass mich nicht allein“, wisperte Rouven und trat auf ihn zu.
    „Zurück mit dir!“ Arnulf schnappte nach ihm und schleuderte ihn regelrecht von Iyen fort.
    „Haltet ihn fest, wenn es sein muss mit Gewalt!“, befahl er, und mehrere Soldaten packten ihn an den Armen.
    Eine Weile lang rangen die Gardisten mit dem Zorn sprühenden jungen Mann, den sie kaum gebändigt bekamen, zwei von ihnen gingen zu Boden, von Rouven kampfunfähig getreten. Sie wagten nicht, ihn wirklich hart anzufassen oder gar zu schlagen; doch dann erwischte ihn einer am Handgelenk und drehte ihm den Arm auf den Rücken. Rouven brüllte auf vor Zorn und Schmerz, als der Mann ihn so hielt, dass er sich mit der geringsten Bewegung selbst die Schulter auskugeln würde. Er konnte nur seitlich hochblicken; er sah, dass Iyen ihn mit ausdrucksloser Miene beobachtete, die Arme vor der Brust verschränkt, während Arnulf wütend auf- und abschritt. Barlev, Tarrin und all die anderen waren außerhalb seines Sichtfeldes. Es war vollkommen still, alle waren von Arnulfs Aktion überrascht.
    „Lass mich los!“, befahl er zähneknirschend. Der Soldat zögerte kurz, ließ ein wenig lockerer, was Rouven sofort ausnutzte und mit dem linken Bein ausholte. Er traf ihn zielsicher im Schritt. Der Gardist grunzte, klappte dann stumm in sich zusammen. Der einzige Soldat, der noch bei ihm stand, wollte nach Rouven greifen, doch der hatte bereits mit der Linken das Schwert eines seiner Opfer gezogen und hielt es ihm an den Hals.
    „Versuch es ruhig!“, zischte er, „Ich bin auch mit links schneller als du!“ Hilfe suchend starrte der Mann zu Arnulf hinüber, der gereizt nickte, worauf der Soldat mit erhobenen Händen zurücktrat. Rouven

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