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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Wird er verhindern können, dass das Volk zum Fehlglauben zurückkehrt? Ich muss es wissen!“ Weinend streckte er die vom Alter dürren und fleckigen Finger nach Rouven aus, der vor Entsetzen wie erstarrt war.
    Iyen löste Rouvens Fesseln und schob ihn zur Seite. Dann beugte er sich zu Rilon herab und sagte sanft, als würde er zu einem Kranken sprechen:
    „Du wirst ihn nicht bekommen. Rouven ist dein Sohn, er ist ein lebendiger, wahrhaftiger Mensch. Mehr noch, er ist ein Sohn, auf den jeder Vater stolz sein müsste. Er hat sich niemals zerbrechen lassen, weder von dir noch von Folter und Leid. Er hat mir heute das Leben gerettet, indem er einen Oshanta im ehrlichen Duell besiegen konnte. Ob es Nayiden gibt oder nicht, ist mir vollkommen gleichgültig, ob Rouven dir die Zukunft zeigen könnte oder nicht, noch viel mehr. Du wirst in Ungewissheit sterben, alter Mann, so wie jeder andere auch!“
    Rilon setzte zum Sprechen an, doch in diesem Moment bemerkte Iyen eine Bewegung. Sofort ging er in Kampfstellung, bereit, jeden Feind sofort auszuschalten.
    „Runter!“, befahl er und Rouven gehorchte ohne Zögern, Fragen oder verwirrten Blicken, was einen Teil von Iyen mit Stolz erfüllte. Der Rest seiner Aufmerksamkeit galt ausschließlich den Gestalten, die sich aus der Dunkelheit hervorschälten. Er hielt vier Wurfdolche bereit, vergewisserte sich mit allen Sinnen, dass vor und neben ihnen niemand sonst lauerte.
    „Frieden, Oshanta“, sagt eine tiefe Stimme, bei deren Klang sich Iyen entspannte und Rouven augenblicklich wieder aufstand: Barlev. Bei ihm waren Arnulf und Tarrin, sonst niemand mehr, soweit Iyen erkennen konnte.
    „Wir haben uns seit Tagen schon gefragt, warum Vater darauf bestand, dass wir hier verharren müssen. Er behauptete, krank zu sein, und lag tagsüber erschöpft und bleich in seinem Zelt. Doch bei Mondaufgang verschwand er, um erst in den frühen Morgenstunden zurückzukehren. Er hatte uns strikt verboten, ihm zu folgen. Schon letzte Nacht haben wir ihm den Gehorsam verweigert, um dem Treiben, was auch dahinter stecken mochte, ein Ende zu bereiten und wussten, dass wir heute genauso zu wachen hatten.“ Arnulfs Stimme klirrte vor Frost und Verachtung.
    „Mein Leben lang habe ich zu dir aufgesehen, Vater. Du hast Fehler begangen, doch ich war immer überzeugt, du seiest ein großer, ein gütiger Herrscher, der mit Weisheit und starker Hand regiert.“ Tarrin spukte vor dem König aus, ging dann an ihm vorbei, zu Rouven, der den Kopf von ihm abgewandt hielt. Arnulf und Barlev kamen dazu. Barlev legte ihm den Arm um die Schultern. Rouven zuckte vor ihm zurück, ließ es dann aber zu und lehnte sich steif an ihn. Iyen blieb auf Abstand, um die Brüder nicht zu stören, doch nah genug, um sie zu hören und gleichzeitig Rilon im Blick zu halten.
    „Es tut mir leid“, flüsterte Rouven beschämt.
    „Dir muss gar nichts leidtun! Du hast nicht darum gebettelt, verschleppt und …“ Barlev verzog hasserfüllt das Gesicht, brachte es anscheinend nicht über sich, weiter zu reden.
    „Vergib mir meine Geringschätzung, Rouven“, mischte sich Arnulf nun ein. „Ich war schon verheiratet und Vater, als du geboren wurdest, ich habe dich nie wirklich als Bruder wahrgenommen. Wir sind zu verschieden, als dass ich dich verstehen könnte, doch das hätte mich nicht blind machen dürfen für das, was du erlitten hast. Möglicherweise wäre dir viel erspart geblieben, wenn ich Vaters Großartigkeit und dein kindliches, oberflächliches Gemüt nicht als unverrückbare Tatsachen angesehen hätte. Er und auch meine Mutter werden sich für das verantworten müssen, was sie dir angetan haben.“
    Iyen zweifelte still daran. – Die drei ältesten Söhne als Zeugen, dass König und Königin die Bruderschaft geholt haben, um den jüngsten Prinzen für eine Prophezeiung zu opfern? Jeder wird glauben, das wäre ein schlecht durchdachter Putschversuch!
    Rouven sah so unglücklich aus, als würde er ähnliche Gedanken hegen. Vermutlich wollte er nicht derjenige sein, der für den Sturz des Großkönigs verantwortlich gemacht werden könnte …
    Iyen erahnte die Bewegung mehr, als dass er sie wirklich wahrnahm. Er fixierte Rilon, der einen Dolch in der Hand hielt – zweifellos die Waffe, mit der er Rouven hatte die Kehle durchschneiden wollen. Der König blickte nicht in seine Richtung, sondern auf seine vier Söhne. Sie umringten Rouven, sprachen allerdings über seinen Kopf hinweg darüber, wie sie jetzt am Besten

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