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Nayidenmond (German Edition)

Nayidenmond (German Edition)

Titel: Nayidenmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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vorgehen sollten. Iyen war bereit einzugreifen, sollte der alte Mann tatsächlich versuchen, den Dolch zu werfen. Plötzlich aber flackerte Rilons Blick zu ihm herüber und Iyen verstand. Er neigte respektvoll den Kopf und wisperte: „Ich helfe Euch, wenn Ihr es wünscht.“
    Rilon lächelte nur mild. Dann nahm er die Klinge in die rechte Hand und rammte sie schwungvoll in seine eigene Brust.
    „Vater, NEIN!“, brüllte Arnulf. Mit einem Sprung war er an der Seite des Sterbenden, doch der beachtete ihn nicht, sondern röchelte: „Rouv…“ Blut floss ihm aus Mund und Nase und bevor er noch etwas sagen konnte, verlor er das Bewusstsein. Einige wenige Atemzüge später war es vorbei. Der König war tot.
     

16.
     
    „Ist die Schlacht geschlagen, bleibt der mühsame Wiederaufbau, das Zählen der Toten und die Erkenntnis, dass der Sieg zu teuer erkauft wurde. Denn Verlust ist gleichbedeutend mit Verlieren.“
    „Aus: „Die sieben Säulen des Krieges“, Urheber unbekannt
     
    Arnulf richtete sich auf, nahm seinen Umhang ab und legte ihn über den Körper seines Vaters.
    „Was heute Nacht geschehen ist, darf niemals ausgesprochen werden. So gerne ich dir auch Genugtuung gewähren würde, Rouven, es würde alles zerstören, was Vater aufgebaut hat. Ein König, der solchem Wahnsinn verfällt, das würde den Schatten des Zweifels über seine Regentschaft werfen und alle Feinde anlocken, diese Schwäche zu nutzen.“
    Rouven nickte stumm, den Blick immer noch auf die Gestalt am Boden gerichtet. Iyen konnte nicht eine Empfindung in seinem Gesicht erkennen. Wo war die Trauer? Die Wut? Nie zuvor hatte er ihn so ausdrucksstill erlebt, und es machte ihm Angst.
    Arnulfs Ausführungen allerdings stimmte er vollständig zu. Er seufzte innerlich, es führte kein Weg daran vorbei: Er musste wieder geschwätzig sein, damit diese Männer, die im Gegensatz zu Rouven nicht wussten, wie man sein Schweigen, unterlegt von kurzen Sätzen, zu deuten hatte, ihn auch verstehen konnten.
    „Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte“, begann er, wartete, bis alle vier Prinzen ihn ansahen, und fuhr dann fort: „Vor dem westlichen Eingang ins Tal befindet sich eine Waldlichtung, wo zwei tote Oshanta liegen – dieselben Männer, die auch letztes Mal dabei waren. Sie hatten es geschafft, mir Rouven zu entreißen und ihn hierherzuschaffen, erst im allerletzten Moment konnte ich sie stellen und mit Rouvens Hilfe töten.“
    Alarmiert griff Barlev nach seinem Bruder und zerrte ihn herum. „Haben sie dich wieder …?“, fragte er schockiert.
    „Nein. Sie haben mich nicht angerührt“, murmelte Rouven mit gesenktem Kopf. Er ließ zu, dass Barlev ihn umarmte, ein Anblick, der ein neues unbekanntes Gefühl in Iyen weckte: Eifersucht.
    „Das sind wichtige Informationen“, sagte Tarrin herausfordernd, „aber ich erkenne hier noch keinen Vorschlag.“
    „Nun, wie wäre es mit folgender Geschichte: Zwei Oshanta entführen Prinz Rouven und schleppen ihn hierher, warum, weiß niemand. Zufällig entdecken sie dabei das Lager des Königs, finden heraus, dass Rilon krank und geschwächt ist und entführen ihn kurzerhand gleich mit. Ihr drei habt das beobachtet oder Spuren entdeckt, jedenfalls folgt ihr den Attentätern in dieses Tal. Es kommt zu einem harten Gefecht, bei dem die Oshanta sterben, leider aber auch der König fällt. Vielleicht hat er sich ja einem Wurfdolch in den Weg geworfen, um seine Söhne zu beschützen?“ Iyen musste an sich halten, um nicht verächtlich die Augen zu verdrehen. Rilon hatte weder im Leben noch im Tod Verachtung verdient.
    „Ihr bringt den König und euren verletzten Bruder nach Hause, trauert, wie es sich gehört und alle Welt darf die Bruderschaft noch ein wenig mehr hassen. Die Soldaten im Lager werden bestätigen, dass Rilon krank war, am Ende wird man sich sagen: schön für den tapferen alten Mann, dass er wie ein Krieger sterben durfte. Und seine Zeit war ja auch schon gekommen. Freuen wir uns für ihn! Der König ist tot, Heil sei dir, König Arnulf.“
    Verblüfft starrten Tarrin, Barlev und Arnulf ihn an, nur Rouven hielt sich von ihm abgewandt.
    „Dramatisch. Aber jeder wird es glauben, wenn die Oshanta erwähnt werden … Wir bräuchten einen Beweis, dass die es wirklich waren, deren Leichen will ich nicht mit nach Vagan schleppen“, murmelte Tarrin vor sich hin.
    „Nichts leichter als das.“ Bevor ihn jemand hindern konnte, hatte Iyen einen Wurfdolch gezückt, war zu Rilon getreten und

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