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Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod

Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod

Titel: Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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tat? Noch vor wenigen Stunden wäre Vrell aus seinem schlammigen Versteck hervorgesprungen und hätte mit allen Waffen um sich geballert, aber inzwischen … was, wenn er nicht traf? Der Mensch konnte ihn umbringen! Vrell hatte fürchterliche Angst. Tief im Innern empfand er die Gewissheit, dass Gewalt etwas für andere war. Seine eigene Aufgabenstellung umfasste jetzt den häufigen Gebrauch des komplizierten Organs, das durch den Abwurf der beiden Hinterbeine freigelegt worden war – des Organs, auf dem er jetzt schützend hockte.
    Der Mensch kam weiter heran, bis er unmittelbar am Rand des Morastes stand. Er prüfte ihn zunächst mit dem Fuß, ehe er Gewicht darauflegte. Vrell rührte sich nicht, als der Fuß auf seinen Panzer sank. Er sah, wie sich Drum am Kopf kratzte; dann drehte Vrell langsam das verschlammte Auge, während Drum direkt über seinen Rücken ging und sich auf dem sumpfigen Boden dahinter von ihm entfernte. Sobald der Kapitän außer Sicht war, bewegte sich Vrell ansatzweise und überlegte erneut, ob er die Flucht ergreifen sollte. Andererseits hatte Drum ihn hier nicht entdeckt. Vrell entschied, noch ein Weilchen länger vergraben zu bleiben.
    Kapitän Sprage stand auf dem Hauptdeck der Vengeance, die Daumen in den dicken Ledergürtel gehakt, die Pfeife im Mundwinkel. Er schien nicht zu bemerken, wie sich sein Schiff mit den Wogen aufbäumte, sondern stand wie ein Fels, fast als wären seine Füße aufs Deck genagelt. Er stellte fest, dass der Wellengang jetzt nachließ und die größte Gefahr vorüber war. Erstaunlicherweise hatte gar keine so große Gefahr bestanden. Ja, in der ersten gewaltigen Flutwelle waren die Bogus und die Rull gesunken, aber die Kapitäne hatten den Sturz ins Meer überlebt, und das Gleiche galt für ihre kompletten Besatzungen. Die Ironie bestand darin, dass die unterseeische Explosion, aus der die Flutwelle entsprungen war, auch so ziemlich alle Meereskreaturen der Umgebung betroffen hatte. Sprage nahm die Pfeife aus dem Mund und betrachtete forschend die Blutegel und Gleißer, die an der Oberfläche trieben. Er hatte 15 verschiedene Formen von Wellhornschnecken gezählt und bemerkt, dass die Unterwasser-Druckwelle Prill aufgebrochen hatte und viele davon tot auf dem Wasser trieben. Ihm fielen sogar einige Lebensformen auf, die er noch nie gesehen hatte: Bewohner der tiefsten Meeresgründe, die beim Aufstieg zur Oberfläche zu grotesken Riesengestalten angeschwollen waren. Keine dieser Kreaturen zeigte irgendwelche Ansätze, sich wieder zu erholen.
    »Wie kommt’s, dass keine davon wieder munter wird?«, fragte er ganz allgemein.
    Windtäuscher hob den Kopf vom Deck und blickte forschend über die Bordwand. Sprage warf einen verstohlenen Blick auf den Metallverstärker der Kreatur und fragte sich, ob darin der Grund zu suchen war, warum das Segel den Status quo verändern wollte. Andererseits war es wahrscheinlich schon lange vorher ein Revoluzzer gewesen, denn warum hätte es sich sonst überhaupt einen Verstärker zugelegt? Nach einem langen, angestrengten Blick ins Meer schwenkte Windtäuscher den Kopf wieder herum und aufs Deck hinauf.
    »Der Hyperschock hat starke zellulare Schäden erzeugt. Der elektromagnetische Stoß hat achtzig bis fünfundneunzig Prozent der Virenfasern vernichtet. Die Kombination dieser beiden Faktoren nimmt allen Lebensformen jede Chance auf Genesung«, erklärte das Segel mit äußerst untypischer Präzision.
    »Was ist dann mit uns?«, fragte Sprage und kratzte sich die Koteletten.
    Tay, die an der Reling lehnte, drehte sich um und warf einen Blick auf Windtäuscher, als dieser die Augen verdrehte. Sie sagte: »Die letzte Antwort hast du aus dem Lernprogramm einer Website über Waffen geholt. Ich schlage vor, du wendest dich bezüglich der nächsten Antwort an den Hüter.«
    Windtäuscher blickte wieder geradeaus, legte den Kopf kurz auf die Seite und plapperte nach: »Der Hyperschock hat sich nur auf Kreaturen im Wasser ausgewirkt, und der elektromagnetische Stoß wurde durch das dichte Holz eurer Schiffsrümpfe stark gedämpft. Der Hüter schätzt, dass alles, was von dem EM-Stoß durchgedrungen ist, weniger als zehn Prozent der Virenfasern in euren Körpern zerstört hat.«
    »Wie günstig«, fand Sprage und steckte sich die Pfeife mit vernehmlichem Klicken wieder in den Mund.
    »Ein Signal von der Pumice!«, brüllte Lember aus dem Krähennest.
    Sprage holte den kleinen Metallzylinder aus der Tasche, den Tay ihm geschenkt hatte, und

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