Neal Asher - Skinner-Der blaue Tod
Form einer Helmhälfte aufwies. »Die Sprache wird hier erzeugt. Zusammen mit den geringen Lippenbewegungen, die mir noch möglich sind, ist die Illusion perfekt.«
Janer nickte und nahm einen weiteren, diesmal vorsichtigeren Schluck. Ihm war aufgefallen, dass der Barkeeper keinen Zug mehr auf dem Schachbrett gemacht hatte, seit das Gespräch lief. Verständlich, da das für ihn ein faszinierender Gedankenaustausch sein musste.
»Wie steht es um den Geschmack?«
»Ein Geschmackssensor im Gaumen übermittelt die Geschmacksinformation an den mimetischen Computer des Verstärkers und an das, was von meinem organischen Gehirn noch übrig ist.«
»Aber Sie können sich nicht betrinken?«, fragte Janer.
»Nein, das kann ich nicht, aber ich empfinde das nicht als Nachteil. Ich halte es in den meisten Situationen für ratsam, einen klaren Kopf zu haben.«
Keech gab diese Information mit klinischer Distanz weiter. Janer betrachtete den Reifi forschend, während er über dessen Erläuterungen nachdachte. Keech war teilweise lebendig, da er wenigstens über funktionierende Reste eines organischen Gehirns verfügte. Das, was nicht funktionierte, wurde durch eine Aufzeichnung seines früheren lebendigen Bewusstseins aufgewogen, die als Programm im Verstärker lief. Trotzdem konnte man Keech als Leichnam betrachten, dessen Beweglichkeit vor allem auf KI-gesteuerten kybernetischen Systemen beruhte.
»Warum lassen Sie sich nicht in ein Golem-Chassis implantieren?«, wollte Janer wissen.
»Das ist mein Körper«, sagte Keech, als wäre das Antwort genug, und widmete sich wieder dem Getränk. Während Janer ihn ansah, nutzte die Schwarmintelligenz die Gelegenheit zu einem Einwurf: »Der Kult des Auferstandenen Anubis hält das körperliche Leben für sakrosankt und für das einzige Leben, das es überhaupt gibt. Vielleicht glaubt Keech das auch, obwohl ich daran zweifle.«
Janer erhielt keine Gelegenheit, die Intelligenz nach einer Erläuterung dieses Kommentars zu fragen, da Kapitän Ron gerade jetzt in den Ködermann hereinplatzte wie ein Amok fahrender Bagger.
»Euch allen volle Segel!«, rief der Käpten, stampfte zur Theke, packte seinen Krug und leerte ihn mit einem Schluck. Er knallte ihn wieder auf den Tresen, dass die Balken vibrierten. Der Barkeeper wartete ab, bis sich der Staub gesetzt hatte, ehe er den Krug nachfüllte. Während er das tat, fiel Janer an dem Metallgefäß ein satter Schimmer auf, wie man ihn auch an Keramal sah, nachdem es verstahlt worden war. Offenkundig wäre ein simpler Zinnkrug nicht haltbar genug gewesen.
»Das habe ich gebraucht«, sagte der Kapitän.
Janer sah ehrfürchtig zu und staunte darüber, wie robust die Eingeweide dieses Mannes sein mussten; dann nahm er vorsichtig wieder einen Schluck aus dem eigenen Becher.
»Ich muss Ihnen für Ihr Eingreifen von eben danken«, sagte er und blinzelte, weil ihm die Augen tränten.
»Kann Betrügerei nicht leiden.«
Janer deutete auf Keech. »Das haben Sie mit ihm gemeinsam.«
Ron sah den Reifi an und nickte mit leicht verdutzter Miene. Keech war, wie Janer vermutete, schon für die meisten Polis-Bürger ein Rätsel, ganz zu schweigen von den Bewohnern eines Außer-Polis-Planeten wie Spatterjay.
Ron leerte diesmal nur den halben Krug, und Janer warf eine Zehn-Shilling-Note auf die Theke.
»Haben Sie es nicht kleiner?«, fragte der Barkeeper.
»Gießen Sie einfach nur weiter ein«, erwiderte Janer. Er war schon angetrunken, schob den Becher aber vorsichtig wieder zum Barkeeper hinüber. »Eigentlich«, sagte er, »können Sie gleich allen hier eine Runde einschenken.«
»Du hast gesagt, ich soll dich warnen, falls du je wieder so was tust«, flüsterte ihm die Schwarmintelligenz zu.
»Sei still«, sagte Janer, und Ron sah ihn verblüfft an. »Verzeihung, habe nicht Sie gemeint.« Er deutete auf die Hornissen, die ihm auf der Schulter hockten. »Die da.«
»Hornissen«, sagte Ron. »Insekten kommen hier nicht so gut zurecht.«
»Wieso nicht?«
»Die Fasern verstopfen ihre Atemlöcher.«
Jemand lachte darüber, und als Janer sich umdrehte, sah er, dass sich die übrigen Gäste des Ködermanns hinter ihnen versammelt hatten und der Barkeeper weitere Getränke ausschenkte. Janer trank etwas mehr aus dem eigenen Becher und bemerkte am Rande, dass sich Keech in den Hintergrund zurückgezogen hatte und gerade vorsichtig an einen der Tische setzte. Der Reifi wirkte in dieser Gesellschaft vielleicht zerbrechlich, aber Janer wusste
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