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Nebel über dem Fluss

Nebel über dem Fluss

Titel: Nebel über dem Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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war so ziemlich das Letzte, was ihn lockte, aber er wusste, dass sie nicht auf einem Treffen bestanden hätte, wenn es nicht um etwas Wichtiges ginge. Resnick rief die Taxizentrale an und nahm seinen Mantel vom Haken.
    Beide Bars im »Partridge« waren gut gefüllt, und er sah sich gründlich um, bevor er sich schließlich mit seinem Guinness einen Platz zwischen einem ihm vom Sehen bekannten älteren Mann suchte, der über seinem letzten Dunklen für den Abend saß, und einer Vierergruppe, die noch immer heftig über das letzte Samstagsspiel diskutierte. Als sein Glas beinahe leer war und Lynn sich noch immer nicht hatte blicken lassen, ging er zum Telefon, um sie anzurufen. Nichts. Er versuchte es bei der Dienststelle, um zu sehen, ob sie vielleicht aus irgendeinem Grund dorthin gefahren war. Seit dem frühen Abend hatte niemand sie gesehen. Resnick zahlte und nahm sich nochmals ein Taxi.
    Die Fenster von Lynns Wohnung waren dunkel, auf sein Klingeln und Klopfen rührte sich nichts. Als er versuchte, durch die Scheibe zu sehen, begegnete er nur seinem eigenenGesicht, in dem er eine Furcht entdeckte, die er im Moment nur spüren, aber nicht verstehen konnte. Er erwog, die Tür mit Hilfe seiner Kreditkarte zu öffnen, die er sonst kaum nutzte. Als er sich aber noch einmal umsah, bemerkte er, dass das Küchenfenster angelehnt war. Mühelos zog er sich hoch und stieg ein.
    »Lynn?« Er machte Licht.
    Auf dem Abtropfbrett standen zwei frisch gespülte Gläser. Ein Korkenzieher, an dem noch ein Korken hing, lag neben einem zusammengeknüllten Papiertuch. Die Flasche, die nicht ganz geleert war, fand Resnick im Wohnzimmer, umgekippt; etwas Wein hatte sich auf den Teppich ergossen und einen Fleck hinterlassen, der noch feucht war. Der Couchtisch war zur Seite gerückt, ein Sessel schräg gegen die Wand gestoßen. Er entdeckte eine zweite Gruppe Flecken, dunkler, kein Wein. Er tippte mit der Fingerspitze auf den Teppich und roch, als er sie zur Nase hob, unverkennbar Blut.
     
    Graham Millington stand oben an der Treppe und sprach mit zwei der Streifenbeamten, die sie von ihren Routinepflichten abgezogen hatten. Es war einer dieser Abende, an denen Wirtshausprügeleien entweder von selbst abflauten oder im reinen Chaos endeten. Millington war vor dem Fernseher eingenickt, als der Anruf ihn weckte. Seine Frau lag schon mit einer Tasse heißer Malzmilch und einer Henry-Moore-Biografie im Bett. »Und wie nennt man so was?«, hatte er mit einem Blick über ihre Schulter auf eine Fotografie einer von Moores Skulpturen gefragt. »Patient mit Loch im Herzen?« »Gibt’s jetzt nicht Fußball, Graham?«, hatte sie genervt gefragt. Sie hatte recht gehabt: die Wolverhampton Wanderers gegen Southend United. Millington waren noch vor der ersten gelben Karte die Augen zugefallen.
     
    »Sie mögen’s nicht, wenn man sie aus ihrem Schläfchen reißt«, sagte der erste Constable.
    »Es ist mir scheißegal, was sie mögen oder nicht«, entgegnete Millington, »solange wir nicht mehr als nichts haben.«
    Divine, der selbst nicht gerade glücklich darüber war, kurz vor der Kapitulation der letztjährigen Miss Ilkeston zum Dienst gerufen zu werden, schaffte es schließlich, den ersten Zeugen aufzutreiben. Corin Thomas, im Wintermantel, mit deutlich wahrnehmbarer Fahne und einer Fritteuse in der Hand, öffnete selbst auf sein Klopfen an der Wohnungstür. »Diese beschissene Heizung hat schon wieder den Geist aufgegeben«, schimpfte er. »Sie sind wohl nicht zufällig gekommen, um sie zu richten?«
    Divine verneinte. »Sie tropfen das ganze Linoleum voll Öl«, sagte er.
    »Dann kommen Sie am besten erst mal rein.« Während die Fritten zu brutzeln begannen, berichtete Thomas, was er beobachtet hatte: einen Mann und eine Frau, die eng umschlungen an ihm vorbei die Treppe hinuntergestolpert und zu einem geparkten Auto getorkelt waren.
    »Und Sie sind nicht auf die Idee gekommen, uns das zu melden?«, fragte Divine.
    »Na, ich kann mir Ihre Begeisterung vorstellen, wenn ich jedes Mal zum Telefon rennen würde, wenn sich hier jemand volllaufen lässt.«
    »Sie hatten also den Eindruck, dass die beiden betrunken waren?«
    »Die Frau auf jeden Fall. Die hätte sich überhaupt nicht auf den Beinen halten können, wenn er sie nicht geschleppt hätte. Ein paarmal wären sie beide beinahe gefallen.«
    »War Ihnen die Frau bekannt?«, fragte Divine.
    »O ja. Das war die von unten. Kellogg. Eine Kollegin von Ihnen, oder? Deswegen auch der ganze Wirbel,

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