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Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Titel: Nebelfront - Hinterm Deich Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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er ein. »Aber anders.« Dann zog er von dannen.
    »Sie sollten zu Frau Krempl gehen und sich gegen Dummheit impfen
lassen«, rief ihm Große Jäger hinterher.
    Die beiden Beamten betraten die Praxis und wurden von einer hageren
Frau empfangen, nachdem sie einen Augenblick am Tresen warten mussten.
    »Guten Tag«, grüßte sie freundlich und entschuldigte sich für die
Wartezeit. »Ich war bei der Bestrahlung«, erklärte sie.
    »Polizei Husum«, sagte Christoph. »Wir möchten gern mit Frau Dr. Krempl
sprechen.«
    Die Sprechstundenhilfe korrigierte sie nicht bezüglich des
»Doktors«. Diese Bezeichnung wurde häufig nicht als Titel, sondern für die
Tätigkeit des Arztes verwandt.
    »Beide?«, fragte die Frau, unterließ es aber, nach dem Grund zu
fragen.
    »Wir möchten ein paar Informationen zum Vorgänger, Herrn Dr. Pferdekamp«,
erklärte Christoph. »Kennen Sie ihn noch?«
    »Nein, wir sind erst vor ein paar Jahren hierhergezogen, mein Mann
und ich. Wir kommen aus Wernigerode. Als die Frau Doktor die Praxis übernahm,
hat sie eine neue Hilfe gesucht. Da habe ich mich beworben.«
    »Haben Sie noch mehr Mitarbeiterinnen in der Praxis?«
    »Nur sporadisch. Dreimal die Woche hilft eine Kollegin morgens bei
der Blutabnahme.«
    »Die war schon bei Dr. Pferdekamp?«
    »Nein, auch nicht. Die ist schon in Rente, stammt ursprünglich aus
Hamburg. Als ihr Mann pensioniert wurde, sind sie nach Welt übergesiedelt.«
    Dann bat sie die beiden Beamten, im Wartezimmer Platz zu nehmen.
Dort saß eine einzelne Frau, die kurz aufsah, den Gruß erwiderte und sich dann
weiter ihrer Illustrierten widmete.
    Als die Patientin ins Behandlungszimmer gerufen wurde, sagte Große
Jäger: »Ist das nicht merkwürdig? Überlaufen scheint die Praxis nicht zu sein.
Der Kommentar von dem Passanten war nicht vertrauensfördernd. Und offenbar
wurde niemand vom alten Personal übernommen.«
    Es dauerte weitere zehn Minuten, bis sie aufgerufen wurden.
    Die Ärztin war eine Frau mit weiblichen Proportionen, die an der
Grenze dessen lagen, was man mit »drall« bezeichnen konnte. Es harmonierte aber
alles miteinander und hatte einen gewissen natürlichen Charme. Das kurze
rotblonde Haar, ein rundes Gesicht, das eine gewisse Fröhlichkeit ausstrahlte,
die Sommersprossen und eine Stupsnase verliehen ihr auf den ersten Blick ein
sympathisches Äußeres.
    Sie umrundete den Schreibtisch, gab beiden Beamten die Hand und
stellte sich vor: »Krempl.«
    »Wir kommen von der Husumer Polizei«, sagte Christoph und nannte
seinen und Große Jägers Namen. »Wir haben ein paar Fragen zu Ihrem Vorgänger.«
Er berichtete von der Grabschändung, ohne Einzelheiten zu erwähnen.
Insbesondere die Art der Schändung verschwieg er. »Wir suchen nach möglichen
Hintergründen, weshalb jemand die Grabstätte verwüstet hat.«
    Frau Krempl machte einen betroffenen Eindruck. »Das ist
ungeheuerlich. Aber wie kann ich Ihnen weiterhelfen?«
    »War Dr. Pferdekamp beliebt bei seinen Patienten?«
    »Er war, wenn ich nicht irre, zweiunddreißig Jahre Arzt in Garding
und fest mit der Stadt und deren Bevölkerung verwurzelt.«
    »Das ist eine lange Zeit«, stellte Christoph fest. »Dann muss er
gleich nach seiner Zeit im Krankenhaus hierhergekommen sein.«
    »Darüber kann ich nichts sagen. Das tut mir leid.« Das Bedauern
klang ehrlich.
    »Sie haben die Praxis übernommen?«
    Die Ärztin nickte.
    »Und den Patientenstamm?«
    Diesmal blieb das Nicken aus. Frau Krempl bemerkte die forschenden
Blicke der Beamten und stierte auf ihre Schreibtischunterlage. Schließlich
spitzte sie die Lippen.
    »Nun ja. So hatte ich es mir vorgestellt.«
    »Und warum haben sich Ihre Vorstellungen nicht erfüllt?«
    Sie überlegte einen Moment, bevor sie antwortete.
    »Mein Vorgänger hatte andere Behandlungsmethoden. Er war ein
Landarzt alter Prägung. Gut«, dabei wischte sie mit der Hand durch die Luft,
»das ist nicht negativ. Aber an die konservative Methode hatten sich die
Patienten gewöhnt. Ich versuche, von einer ganzheitlichen Betrachtung
auszugehen, und bin nicht so schnell bereit, eine mitgebrachte
Medikamentenwunschliste zu verschreiben, schon gar nicht für ›Tante Frieda‹ und
›Opa Heinrich‹, wenn ich die Patienten nicht selbst gesehen habe. Das hat
Patienten gekostet.«
    »Patienten heißt aber auch Kunden.«
    Sie sah Christoph an und nickte bedächtig.
    Christoph dachte an die Begegnung mit dem alten Mann auf der Straße.
    »Kann es sein, dass jemand Stimmung gegen Sie

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