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Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Nebelfront - Hinterm Deich Krimi

Titel: Nebelfront - Hinterm Deich Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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auf die kräftige Statur Große Jägers fiel. Mit einem
Reh hatte der keine Ähnlichkeit, auch mit einem Platzhirsch war der
Oberkommissar nicht zu vergleichen.
    Eine Gedankenkette lief in Christophs Hirn ab, bis es bei einem
einheimischen Wildtier stehen blieb. Treffer. Aus dem witternden Reh war ein
Keiler geworden. Trotz aller Bemühungen gelang es Christoph nicht, sein
Schmunzeln zu unterdrücken. Dazu trug sicher auch die Große Jäger ins Gesicht
gemeißelte Ratlosigkeit bei.
    »Was ist hier los?«, fragte der Oberkommissar.
    »Moin. Komm rein, mach die Tür zu, knall deine Füße in die Schublade
und freue dich, dass du hier sein darfst.«
    Große Jäger kratzte sich am Haaransatz.
    »Ist irgendetwas nicht in Ordnung? Hat Anna dir gestern gebeichtet,
dass ihr Nachwuchs bekommt?«
    Christoph musste immer noch lachen, während sich Große Jäger mit
einem Achselzucken zum Schreibtisch begab, den Becher in die Hand nahm,
hineinstarrte, zu Christoph herüberblickte, wieder in den Becher sah, ihn von
allen Seiten betrachtete und schließlich fragte: »Ist das meiner?«
    »Ganz frisch für dich geklaut.«
    »Nun denn.«
    Der Oberkommissar füllte Kaffee in den Becher und setzte sich an
seinen Arbeitsplatz. Laut schlürfend nahm er einen Schluck Kaffee zu sich.
    »Rätselhaft«, murmelte er und vertiefte sich in irgendwelche
Unterlagen aus dem ungeordneten Papierstapel auf seinem Schreibtisch.
    Wenig später wurden die beiden Beamten durch das Telefon in der
Konzentration gestört. Es war ein internes Gespräch vom Polizeirevier Husum,
das im selben Gebäude untergebracht war.
    »Wir haben eine Meldung über einen Todesfall hereinbekommen«,
erklärte die Beamtin von der Schutzpolizei. »Die Hattstedter Kollegen haben es
sich angesehen und gesagt, es liege einwandfrei Fremdverschulden vor.«
    »Wo ist das?«, fragte Große Jäger, der das Gespräch angenommen
hatte.
    »Auf Nordstrand. In einer Seniorenwohnanlage am Herrendeich.«
    »Wir kommen«, antwortete der Oberkommissar, drehte sich zu Christoph
um und sagte: »Deine friedlichen Mitbewohner auf Nordstrand haben einen der
Ihren ins Jenseits befördert.«
    »Das war mit Sicherheit einer vom Festland«, erwiderte Christoph und
schmunzelte über Große Jägers plötzlichen Eifer, der daraus resultierte, dass
der Oberkommissar einen Grund gefunden hatte, der ungeliebten Schreibtischarbeit
zu entfliehen.
    Sie umrundeten das Stadtzentrum, überquerten die Klappbrücke,
die den Binnen- vom Außenhafen trennte, bogen von der alten Landstraße ab und
fuhren durch den noblen Husumer Vorort Schobüll, der erst vor wenigen Jahren
die Selbstständigkeit aufgegeben hatte und Teil der Kreisstadt geworden war.
    Auf dem Damm zur grünen Insel, die genau genommen seit der
Eindeichung des Naturparadieses Beltringharder Koog eine Halbinsel geworden
war, beschleunigte Christoph auf über hundert Stundenkilometer, obwohl die
Sicht immer noch eingeschränkt war.
    »Wenn das die Polizei wüsste«, stichelte Große Jäger.
    »Der schnurgerade Damm wird von vielen als Inselautobahn angesehen«,
erklärte Christoph. »Es kommt nicht selten vor, dass ich bei eigenen
einhundertdreißig Stundenkilometern noch überholt werde.«
    »Tja, die Nordfriesen«, lästerte Große Jäger. »Seitdem sie keine
natürlichen Feinde mehr haben und die Dithmarscher auch friedliebend geworden
sind, rotten sie sich motorisiert aus.« Kurz darauf zeigte er am Ende des Damms
auf eine Skulptur, die aus sieben Masten und daran befestigten Steinplatten
bestand. »Was ist das eigentlich?«
    »Das sind die steinernen Flaggen. Jede der sieben steht für einen
der Köge Nordstrands.«
    »Hätte man für jeden Krug eine aufgestellt, wäre der Platz gefüllt.«
    Große Jäger schwieg, bis sie am Ende des Herrendeichs auf eine in
ein tiefer gelegenes Areal hinabführende Rampe abbogen. Zuvor zeigte er auf ein
wenige Meter entferntes Ortsschild mit dem Namen »Süden«.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, ist dort Westen.«
    Christoph lachte. »›Westen‹ gibt es auch. Das liegt gleich hinter
›Süden‹.«
    »Und ›Norden‹?«
    »Der Ortsteil heißt hier ›Oben‹.«
    »Da soll man durchblicken.«
    »Dann gibt es noch ›England‹.« Dort wohnte Christoph, der Große
Jägers Verwirrung komplettierte.
    »Auf Nordstrand kannst du bequem innerhalb einer Stunde mit dem
Fahrrad von ›England‹ nach ›Kamerun‹ fahren.«
    »Lass man, ich bleibe drüben auf dem Festland.«
    Auf dem freien Platz, umringt von modernen

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