Nebelgrab (German Edition)
sollte den Termin um 19 Uhr haben, aber dazu ist es nicht mehr gekommen.«
»Die Haushälterin hat den Toten aber erst deutlich nach 19 Uhr entdeckt.«
»Ich war zu spät dran.«
»Dann verraten Sie uns doch etwas hierzu.« Der Kommissar hielt ihm ein paar Blätter des Manuskriptes entgegen.
»Um Gottes Willen, das Manuskript!«
Adrian riss es dem Beamten aus der Hand. Hektisch schaute er nach den Seitenzahlen; die letzte Seite des vorhin Gelesenen war da. Verschmutzt und zerknittert, aber sie war da.
»Der Mann, der Sie überfallen hat, hat einige Seiten an sich genommen, aber die Kollegen waren schnell genug, dass er weder Sie weiter drangsalieren noch alles aus Ihrem Auto mitnehmen konnte. Woher haben Sie das Manuskript?«
Adrian zögerte. Dann brachte der alte Herr Hecker ein Glas Wasser und reichte es ihm. Das nutzte Adrian als Intermezzo.
»Ach, bin ich bei Ihnen gelandet? Prima, ich wollte Sie sowieso besuchen! Wo ist Ihr Sohn?«, fragte er schon wieder keck.
»Mal langsam, Herr Seemann«, unterbrach Kommissar Freund, »wir lauschen erst mal alle ganz gespannt Ihren Worten, und dann können Sie Fragen stellen.«
In Wiedeners Garten
»Hier ist nichts, das ist doch alles Humbug!«, sagte Kommissar Michels und bedeutete dem Polizisten in Uniform, die Spitzhacke beiseitezulegen. Seit einer Stunde versuchten die Kommissare, Professor Hecker, die Haushälterin Stein und Adrian die geheimnisvolle Tasche unter dem Kastanienbaum zu finden. Das entstandene Loch war schon beträchtlich, doch außer einsamen Regenwürmern und davonhuschenden Asseln war ihnen nichts von Bedeutung begegnet.
»Frau Stein, hat Professor Wiedener vielleicht zwischenzeitlich selber im Garten gearbeitet oder war jemand anderes hier, der sich der Tasche bemächtigt haben könnte?«
Adrian blickte die Haushälterin, der man eben erst vom vermeintlichen Schatz erzählt hatte und deren Blick immer noch Verwirrung ausdrückte, erwartungsvoll an.
Sie schüttelte den Kopf, schien aber jetzt intensiv nachzudenken. »Letzten Herbst war der Professor mehrere Wochen lang verreist. In dieser Zeit sollte ich nur einmal in der Woche kommen, um nach der Post zu sehen und das Nötigste zu verrichten. Da kam es mir einmal so vor, als wäre jemand im Garten gewesen.«
Die Männer wandten sich nun alle gespannt der Frau zu.
»Das Merkwürdige war eigentlich nur der Laubhaufen. Ich hatte ihn an einem Morgen zusammengeharkt. Er lag hier, direkt neben dem Baum.«
Sie zeigte auf die Stelle, wo jetzt der Polizist auf die Hacke gestützt stand.
»Und als ich einige Tage später wiederkam, lag der Haufen genau vor dem Baum, nämlich hier.«
Sie zeigte auf das Loch, das mit viel Schweiß und Anstrengung entstanden war. Der Boden war stark verwurzelt, sodass das ganze Unterfangen nicht nur mit viel Muskelkraft, sondern auch mit starken Zweifeln einhergegangen war.
»Derjenige muss genau gewusst haben, wo die Tasche vergraben ist. Vielleicht hat Wiedener den Baum extra so gepflanzt, dass er doch wieder an sie heran konnte. Denn wenn der Baum wirklich über dem Versteck gesetzt worden wäre, müssten wir ihn fällen, um den Boden zu untersuchen. Ihre Aussage, Frau Stein, lässt vermuten, dass der Professor selber seinen Schwur gebrochen hat.«
»Aber er war zu der Zeit in Italien; ich glaube nicht, dass er heimlich nach Hause kommt, den Garten umgräbt und dann wieder zurückfährt. Das hätte er doch einfacher haben können!«, sagte die Frau mit Nachdruck.
»Da ist was dran«, sagte Benno Freund, »aber wer hat dann die Tasche ausgegraben?«
Während die Beamten sich in Spekulationen zu verlieren drohten – die Geschichte Adrians mussten sie schließlich erst verarbeiten, zu frisch waren die neuen Erkenntnisse – fragte Adrian den alten Professor Hecker leise, warum Frau Lorenz in der Frühe bei ihm beziehungsweise seinem Sohn gewesen sei.
»Das fragen Sie die Dame doch lieber selber. Sie sind doch ein Schnüffler, dann schnüffeln Sie auch«, antwortete der Alte in barschem Ton. »In Ihren Augen sind wir doch alle irgendwie mitschuldig an der ganzen Sache, oder etwa nicht?« Er blickte Adrian trotz seiner wässrigen Augen scharf an.
»Nun, so würde ich das nicht ausdrücken. Ich habe Zweifel, nachdem ich Sie und Ihren Sohn hier vor dem Haus gesehen habe. Sie haben nach gewissen Papieren gefragt, was vermuten lässt, dass Sie von dem Schatz wussten, aber nicht, wo er sich befindet.«
»Ja, und damit wissen wir beide genau gleich viel!«
Der
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