Nebelgrab (German Edition)
…«
»Ja, Konrad … Konrad nimmt die Dinge manchmal nicht so genau. Wer weiß, was er Ihnen über mich erzählt hat. Nun ja, wie dem auch sei. Wenn Sie die Rechnung nicht bezahlen können, behalte ich eben die Sachen so lange. Oder wir verkaufen sie und dann sind Sie flüssig. Viel wert sind sie allemal.« Und wieder wischte er mit dem Taschentuch unter der Nase her.
»Sie sind ein Lügner und Halsabschneider, Sie, Sie …!« Hubert wurde lauter als er wollte; er war so entrüstet, dass er seine Stimme nicht mehr kontrollieren konnte. »Ich werd‘ Ihnen was, von wegen Rechnung! Was bilden Sie sich ein! Das werde ich Ihnen heimzahlen!«
Drohend trat er auf den Professor zu. Der wich reflexartig nach hinten aus und knallte Hubert die Haustür vor den Kopf. Lautes Klopfen an der Tür veranlasste den Professor nicht, die Tür ein weiteres Mal zu öffnen, und als Hubert schließlich mit dem Fuß dagegen trat, drohte Hausermann von drinnen mit der Polizei.
Zerknirscht ließ Hubert von der Tür ab und fuhr unverrichteter Dinge nach Hause.
Spät am Abend erreichte ihn ein Anruf von Konrad. Seine Stimme war kaum verständlich, als er keuchend sagte: »Hubert, du musst kommen! Ich hab die Tasche! Wir müssen sie verschwinden lassen!«
Hubert zögerte nicht, besorgte sich ein Taxi und fuhr nach Süchteln, wo er einen immer noch aufgeregten Konrad antraf.
»Hier ist sie!« Konrad drückte Hubert statt einer Begrüßung die Tasche in die Hand, als wolle er sie so schnell wie möglich loswerden. »Der Schädel und das Pergament fehlen, aber die Schmuckstücke sind darin.«
»Konrad, ich verstehe nicht, warum hat der Professor sie mir nicht gegeben? Ich war heute extra bei ihm draußen.«
»Hausermann wollte dich reinlegen – er wollte uns reinlegen! Er hatte schon längst Kontakt mit einem Antiquitätenhändler aufgenommen und der wollte sich heute Abend die Stücke ansehen. Und dann wären sie weg gewesen – für immer!«
»Ich verstehe immer noch nicht. Wieso hast du die Tasche denn jetzt hier?«
»Ich hab sie ihm gestohlen. Ach was, gestohlen! Ich hab sie einfach zurückgeholt. Gerade rechtzeitig, wie sich herausgestellt hat. Hubert, es tut mir sehr leid, dass ich den Professor in dieser Sache herangezogen habe. Anscheinend war er doch nicht so ein feiner Kerl, wie ich dachte. Ich bin ein Esel, dass ich so naiv an seine Ehrlichkeit geglaubt habe!«
Konrad schien sich nicht beruhigen zu können. Er lief in der Diele auf und ab.
»Dann ist aber doch jetzt alles in Ordnung. Dass der Schädel nicht von diesem Papst gewesen ist, hat Hausermann mir gesagt. Vielleicht hat er gelogen, das können wir nicht herausfinden, aber dass der Ring einer späteren Zeit entstammt, können wir nachprüfen. Bleibt noch das Pektoral. Dazu hat er mir nichts gesagt.«
Hubert machte eine Pause und sah Konrad zweifelnd an, der immer noch hin- und herging. Hubert rieb sich die Knöchel der rechten Hand, die vom vehementen Klopfen an Hausermanns Tür schmerzten, und fragte: »Vielleicht sollten wir Hausermann nochmal anrufen und ihn zur Rede stellen?«
Konrad blieb stehen. »Ich fürchte, das geht nicht.« Dann brach es aus ihm heraus: »Der Händler kam und Hausermann war furchtbar arrogant; er wollte mir gar nicht zuhören. Er hat sich aufgeregt, weil du bei ihm gewesen bist. Und dann dieser Antiquitätenhändler – der war noch schlimmer. Es kam zum Streit. Hausermann hatte gerade die Tasche geholt, als dieser Händler plötzlich eine Waffe in der Hand hatte! Wie aus dem Nichts! Ich hab es nicht verstanden. Jetzt im Nachhinein denke ich, dass diese Dinge da«, er deutete auf die Tasche in Huberts Hand, »verdammt wertvoll sind und Hausermann das genau wusste. Deswegen hat er diesen Adler …«
»Adler?«
»Ja, so heißt der Händler. Jedenfalls hat er ihn deswegen kommen lassen. Er wollte uns reinlegen und sich bereichern!« Konrad wischte sich erschöpft über die Stirn.
»Und dann?«, fragte Hubert vorsichtig.
»Dann gab Hausermann mir die Tasche. Er dachte wohl, dass dieser Adler auf den zielt, der die Tasche hat. Adler hat die Tasche dann verlangt, andernfalls werde er schießen. Hausermann stand neben mir, als Adler die Waffe hob und zielte. Ich hab wie aus einem Reflex heraus Hausermann vor mich gezogen – und dann fiel der Schuss!« Konrad machte wieder eine Pause und sah Hubert verzweifelt an. »Verstehst du, Hubert? Ich hab Hausermann als Schutzschild benutzt! Er ist tot, obwohl die Waffe auf mich gerichtet
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