Nebelriss
unmenschliches Brüllen, einen Todesschrei …
..I.. .was.ge.sc.hieh.t.. .was.ge.sch.i.eh.t.. ..h.i.er.!..!..
Noch immer ergoss sich die Glut über ihm, rauschte und dröhnte herab; doch Nhordukael verspürte das eigenartige Gefühl, zu frieren. Seine Kehle pochte wie ein zweites Herz.
…!..was.ge.sc.hi.eht..was.ge.s..chieht..mi.t..m.ir..!.!..
Dann spürte Nhordukael, wie das Feuer versiegte, wie das Rauschen der herabstürzenden Glut verebbte. Vorsichtig öffnete er die Augen. Sah seine Hand, bleich und zitternd, sah den Ärmel seiner Kutte - weiß! Strahlendes Weiß!
Kein Laut regte sich auf dem Platz der Gießer und Schmelzer. Lautlos sanken die Schneeflocken herab. Stumm starrten die Menschen auf die zur Seite fortgebrochene Tribüne, an deren Spitze die eiserne Wanne baumelte. Stumm starrten sie auf die schwadenumwehten Bäche und Rinnsale aus geschmolzener Bronze, die sich ihren Weg zwischen den Pflastersteinen suchte, bis die winterliche Kälte sie erhärten ließ. Stumm starrten sie auf das in Bronze erstarrte Wesen, das leblos am Boden lag. Dunkles Blut sprudelte aus seinem klaffenden Maul. Und stumm blickten die Menschen auf die vier Statuen. Auch über sie hatte sich das glühende Metall ergossen, hatte sie in einen Mantel aus Bronze gehüllt.
Doch zwischen ihnen richtete sich nun eine Gestalt auf: ein junger Mann, das Gesicht blass und vernarbt. In seinen Armen hielt er das zitternde Mädchen. Weiß schimmerte seine Priesterkutte im Mondlicht. Noch immer rann flüssige Bronze an ihm herab, perlte von seiner Haut und von dem Gewand wie Wasser. Und das ehrfürchtige Schweigen der Menschen löste sich in einem ohrenbetäubenden Jubelschrei, der nicht mehr abklingen wollte; ein Schrei, der selbst im Kaiserpalast zu vernehmen war.
KAPITEL 11 - Sand
Die Leichen waren grauenhaft zugerichtet. Neben den zerschundenen Körpern lagen abgeschlagene Köpfe, abgehackte Arme und Beine; manche waren gar bis zur Unkenntlichkeit zerstückelt. Der glühende Wüstenwind hatte über die abgetrennten Glieder eine feine Sandschicht gebettet. Sie glich einer dünnen, gelben Haut und verlieh den Leichen ein fremdartiges Aussehen.
»Welch ein abscheuliches Gemetzel«, stieß Baniter Geneder hervor. Fassungslos starrte er von seinem Pferd auf die verstümmelten Körper herab, die teils am Wegrand, teils auf der steinernen Straße lagen. »Was kann einen Menschen dazu treiben, solche Grausamkeiten zu begehen!«
»Unbändiger Hass«, antwortete Mestor Ulba leise. Der Siegelmeister hatte sein Pferd neben Baniter zum Stehen gebracht. Vorsichtig wies er auf eine der Leichen. »Erkennt Ihr den blauen Waffenrock, den dieser Mann trägt? Diese Toten waren Mönche des Bena-Sajif-Ordens, Krieger des königlichen Heeres; vermutlich ein Trupp Wachsoldaten, die diesen Straßenabschnitt schützen sollten. Sie müssen in einen Hinterhalt geraten sein.« Nachdenklich blickte Baniter den Siegelmeister an. »Ihre Gegner müssen ihnen zahlenmäßig weit überlegen gewesen sein. Soweit ich sehe, ist keiner der Angreifer unter den Toten.«
Mestor Ulba nickte. »Vermutlich waren es Stammeskrieger, die diesen Wachtrupp überfielen. In der praatischen Wüste leben wilde Stämme, die sich der arphatischen Herrschaff nicht beugen. Seit jeher gilt dieser Teil der Wüste als unregierbar; ein karges Land, bewohnt von Nomadenvölkern und Reitersippen. Sie wurden über Jahrhunderte hinweg verfolgt und geknechtet, und so verspüren sie einen glühenden Hass auf die arphatischen Siedler.«
»Ich wusste nicht, dass innerhalb des arphatischen Territoriums Nomadenstämme ihr Unwesen treiben«, erwiderte der Fürst, »zumal hier, auf der bedeutendsten Straße des Königreiches.«
Der Weg der Pracht verband das palidonische Hochland mit Praa, der sagenhaften Hauptstadt des arphatischen Reiches. Auf der uralten Straße waren einst die Heere der Arphater in den Süden vorgedrungen. In Sithar war der Weg der Pracht noch heute in Gebrauch; er verband die Städte Thax, Nandar und Vara. In der Wüste Praatiens fand er seine Fortsetzung, und hier war auch seine alte Bedeutung zu erkennen. Als fünfzehn Schritt breiter Streifen schlug er sich durch das Land - eine Heerstraße aus großen Steinblöcken, auf der ein berittener Trupp rasch voranpreschen konnte. Die Straße war erhöht gebaut und daher gut vor Verwehungen geschützt. Auf beiden Seiten hatte der Wind flache Sanddünen aufgehäuft, sodass die Straße auf einem lang gestreckten Wall ruhte.
Seit nunmehr
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